Seit nunmehr über drei Jahren betreibe ich nun diesen kleinen Blog und ich kann nicht zählen, wie oft mir entgegen gebrüllt wurde „Nun nenn‘ doch mal Ross und Reiter“, wenn ich etwas geschrieben habe, was ich zwar wusste, bei dem ich aber den Namen des „Informanten“ nicht preisgeben durfte bzw. wollte. Denn dies liegt nun mal in der Natur dieser „Informanten“, sie möchten gern anonym bleiben. Wer sich ein wenig mit dem Thema Journalismus beschäftigt hat, der weiß, dass das es eben vielfach so läuft, nämlich dass die Quelle der Information nicht genannt wird (werden kann/darf), die Alternative wäre, dass man als Leser überhaupt keine Informationen mehr bekommen würde und so sehr ich auch die Sehnsucht der Leser nach „Namen“ nachvollziehen kann, so läuft es nun mal nicht. Als Schreiber kann man eigentlich nur versuchen, seine Quelle so gut wie es geht gegen zu checken und nicht auf jeden Zug aufzuspringen, der einem vor die Nase fährt. Ich denke und hoffe, dass mir das in den Jahren einigermaßen gelungen ist.

Gestern nun ist etwas passiert, was in dieser Deutlichkeit nur selten passiert. Ex-HSV-Spieler Maximilian Beister hat der bis dato nahezu unbekannten „Lünepost“ ein Interview gegeben

http://www.luenepost.de/topnews/beister-immer-noch-tief-enttaeuscht-vom-hsv/

und das, was der Offensivmann dort zum Besten gab, ist an Klarheit kaum noch zu überbieten. Beister zeichnet ein Bild vom Innenleben des angeblich so reformierten und angestoßenen HSV, das jemanden, der in der Lage ist, ein wenig weiter als bis zur Wand zu denken, das große Gruseln überkommen müsste.

Lünepost: Ihr Abgang beim HSV, der seit der C-Jugend, als sie vom VfL Lüneburg dorthin wechselten, ihr Herzensklub ist, hat aber deutlich gemacht, dass Profifußball vor allem Business ist, oder?
Beister: „So gesehen ja. Denn mir wurde nur kurz und knapp mitgeteilt, dass ich mir einen neuen Verein suchen soll. Keine Begründung. Das war schon sehr enttäuschend.“

Okay, hier könnte man noch die Frage stellen: Muss der Arbeitgeber denn eigentlich begründen, warum man das Beschäftigungsverhältnis beenden will oder nicht? Die feine englische Art wäre es natürlich und bei einem Verein, der ja angeblich so viel Wert auf Stil legt, ganz besonders. Aber verpflichtet ist der Verein nicht.

Lünepost: Noch mal zum HSV. Sie sollen für Ihre Vertragsauflösung 250.000 Euro als Abfindung vom HSV erhalten haben. Ist das richtig?
Beister: „Zahlen bestätige oder dementiere ich nicht. Interessanter ist doch, dass der HSV mir vorschreiben wollte, in die 2. Liga zu wechseln. Und wie die sich getäuscht haben, als sie glaubten, für mich gäbe es keinen Markt mehr in der 1. Liga.“

Hier wird’s nun zum ersten Mal richtig spannend. Der Hamburger Sportverein, der in Person des Profifußball Direktors Peter Knäbel der Öffentlichkeit mitteilte, dass es für die Spieler Sobiech und Beister „keinen Markt“ geben würde, wollte dem Erstliga-Spieler Beister vorschreiben, dass er nur in die 2. Liga wechseln dürfte. Warum? Nun, das dürfte klar sein, oder? Würde Beister (wie geschehen) nur wenige Stunden nach Vertragsauflösung plus Abfindung bei einem anderen Bundesligisten unterschreiben, würde sich ja zeigen, dass es eben doch einen Markt geben würde, der HSV lediglich nicht in der Lage war, diesen Markt zu erkennen. Deutlicher Fall von schade.

Beister: „Ja, was beim HSV da abging, ist nur schwer zu erklären. Ich wusste jedenfalls, als Labbadia in die Kabine kam, dass meine Zeit beim HSV abgelaufen ist. Und es gibt Verhältnisse beim HSV, die sind schon merkwürdig.“

Lünepost: Wen meinen Sie?
Beister: „Na ja, den Vorstandsvorsitzenden (Dietmar Beiersdorfer, Anm. d. Red.) jedenfalls nicht. Wer die Berichterstattung in den Hamburger Zeitungen aufmerksam beobachtet, wird feststellen, was da läuft. Da werden Berichte gesteuert, die Bestimmtes bewirken sollen. Beim HSV wurde in den letzten Jahren personell so viel durchgetauscht und ausgewechselt, auf allen Etagen. Da muss man nur mal genau prüfen, wer davon nicht betroffen war, und dann überlegen, was dahinter stecken könnte.

Nun wird es noch ein wenig spannender, denn Beister kommt auf ein Kernproblem bzw. auf zwei aktuelle Kernprobleme innerhalb des HSV zu sprechen. Da wäre zuerst einmal die von intern gesteuerte Pressepolitik und hier haben wir beide Probleme zur gleichen Zeit. Zuerst einmal werden von Seiten des Vereins respektive von Teilen des Vereins gezielte Informationen an die Hamburger Presse gespielt. Punkt 1. Aber es macht eben auch deutlich, dass sich die Edelfedern nur zu gern für dieses Spielchen instrumentalisieren lassen. Punkt 2. Heißt also: Wer am schlauesten mit den Pressevertretern zusammenarbeitet, hat den Jackpot. Es werden „Berichte gesteuert, die Bestimmtes bewirken sollen“. Nun, dazu gehören ja bekanntlich mindestens zwei, oder? Der Eine, der steuert, um etwas zu bewirken und der Andere, der sich steuern lässt, weil er sich davon einen Vorteil verspricht.

Die Frage, wer denn nun der große (unsichtbare) Steuermann sein könnte, lässt sich einigermaßen leicht beantworten, denn über die Jahre haben eigentlich nur zwei Herren aus der oberen Entscheidungsebene überlebt und man darf heute erneut die Frage stellen, warum sie überlebt haben. Könnte es mit dem zusammenhängen, was zuvor beschrieben wurde?

Zwei Dinge haben mich im Anschluss an die gestrige Veröffentlichung dieses Interviews wieder einmal betroffen gemacht und teilweise lässt mich dieses Verhalten nur noch mit einem Kopfschütteln zurück.

Zuerst einmal die Reaktion einiger sogenannter „Fans“, die die offenen Worte von Maxi Beister binnen Sekundenfrist mit Ausdrücken wie „Verräter“, „Nestbeschmutzer“ etc. kommentierten und dem Ex-HSVer niedrige Motive unterstellen wollten. Irgendwie immer das Gleiche. Diejenigen, die am lautesten nach Beweisen und nach „Ross und Reiter“ kreischen sind die, die als erstes aufjaulen, wenn „Ross und Reiter“ genannt werden, ihnen „Ross und Reiter“ aber nicht ins kranke Weltbild passen. In ihrer Welt existiert sowas einfach nicht, der HSV und seine Exzellenzen machen in ihrer Welt keine Fehler und wer etwas anderes behauptet, ist halt kein „wahrer HSVer“ und hat die Raute überall, aber nicht im Herzen. Was für ein unfassbarer Bullshit.

Außerordentlich aufschlussreich war aber auch die Reaktion der beteiligten Presse, nämlich von denen, die Bestandteil dieser miesen Possen sind. So fühlte sich Münchenhausen de Vrij selbstverständlich bemüssigt aufzuklären, dass die Aussagen Beisters aber auch so überhaupt nicht der Wahrheit entsprechen würden und sich der Kollege von der Lünepost das alles nur ausgedacht hat. Aber schauen wir und die lustigen Sprüche doch mal im Detail an.

„Das Interview ist unfassbar. Das ist übles Nachtreten hoch zehn“, schimpft der Ex-HSVer weiter

Stimmt, das Interview ist unfassbar und es klingt tatsächlich so, als wolle Beister nachtreten. Aber nicht mit einer Silbe steht hier, dass das Interview so nicht stattgefunden hat und die getätigten Aussagen so nicht passiert sind. Immer genau hingucken, Freunde.

Beister: „Diese Zitate sind eine Frechheit.“

Das kann man so oder so sehen, aber wiederum sagt Beister nicht, dass er es nicht so gesagt hätte. Er sagt (angeblich) nur, dass die Zitate eine Frechheit sind.

Er leugnet die brisanten Sätze vehement und hat bereits reagiert. Der “Lünepost” wurde eine Abmahnung zugeschickt

Nun denn, zumindest heute morgen war der Artikel noch online. Bleibt zu hoffen, dass die Kollegen von der Lünepost stark bleiben. Ich habe während der Zeit der Hitler Tagebücher beim Stern gearbeitet und mir ist es in mehr als 25 Jahren noch nie untergekommen, dass sich ein Journalist solche brisanten Details einfach nur so aus den Fingern gesogen hat. Mit Ausnahme von Kujau natürlich.

Erstaunlich aber, was so schnell nach dem Interview passiert. Diejenigen, die mit ihrer ausgeprägten Hofberichterstattung Teil des Ganzen sind, werfen sich schützend vor ihre (unsichtbare) Quelle. Widerwärtiger Gefälligkeitsjournalismus.

Die Reaktion des neuen HSV Leib- und Magenblattes, der Hamburger Morgenpost, ist ebenfalls bemerkenswert. Die Mopo zitiert einige Auszüge aus dem Interview, lässt aber ganz bewusst die Passagen weg, in denen es um denjenigen geht, der intern die großen Strippen zieht. Selbstverständlich textet der verbitterte Linnenbrügger „Maxi Beister tritt gegen den HSV nach“, man möchte ja auch nicht die gerade neu hinzugewonnenen Jubelperser vergraulen.

http://www.mopo.de/hsv/immer-noch-enttaeuscht-maxi-beister-tritt-gegen-den-hsv-nach,5067038,31378002.html

Die Entscheidung der Verantwortlichen, ihm den Laufpass zu geben trotz Vertrags bis 2016, kann Beister nicht nachvollziehen: „Was beim HSV da abging, ist nur schwer zu erklären. Ich wusste jedenfalls, als Labbadia in die Kabine kam, dass meine Zeit beim HSV abgelaufen ist. Und es gibt Verhältnisse beim HSV, die sind schon merkwürdig.

Lustig, dass die Mopo an dieser Stelle „abbricht, oder? Ansonsten hätte man ja vielleicht den Mann ins Rampenlicht gestellt, der dieses wie der Teufel das Weihwasser meidet und der immer nur dann auftaucht, wenn es etwas zu feiern gibt. Die Drecksarbeit dürfen die Anderen machen, er zieht die Fäden.

Danke für die klaren Worte, Maxi.