Hieß es in Hamburg jahrelang „Hoffmann raus“, wenn der geneigte Fan wieder einmal unzufrieden mit der Performance seines Teams war und ein Schuldiger gesucht und gefunden werden musste, so kann sich der Wind schon bald drehen und sich zu einem „Hoffmann rein“ wandeln. Denn eines sollte mal sicher sein – die Masche mit der unendlichen Geduld zieht nicht mehr lange und wenn sich der Verein auch weiterhin nicht nur auf dem Platz als nicht wettbewerbsfähig erweist, sondern sich die Exzellenzen auch außerhalb der Arena mit Aktionen wie Die Suche nach dem verschwundenen Rucksack“, #T-Shirt-Gate“, Tuchel-Verarschung etc. zum Vollhorst machen, wird die ohnehin schon dünne Luft schon bald nicht mehr atembar.

Was liegt dann näher als nach dem Mann zurufen, der für die letzte, zumindest sportlich erfolgreiche Zeit beim HSV steht? Als Hoffmann am 01.02.2003 zum HSV kam,  war der HSV am Ende der Saison Tabellen-4. Es folgten die Platzierungen 8, 3, 7, 4, 5, 7, 8 – Ergebnisse, von denen die hochbezahlten Vorstände und zahlreichen Direktoren heute nur noch träumen können. Hinzu kamen Halbfinal-Teilnahmen in der Europa League und dem DFB-Pokal, heute absolut utopisch. Hoffmann hatte die Idee von HSVPLUS schon Jahre, bevor Otto Rieckhoff damit um die Ecke kam, scheiterte  aber an den damals noch mächtigen Supportern, die ihn heute wahrscheinlich mit Kusshand zurücknehmen würde.

Im Jahr 2015 wird auch immer klarer, wer möglicherweise doch mehr für den damaligen Erfolg verantwortlich war, als viele vielleicht gedacht hatten. Gefeiert wurde der sogenannte „Dukaten-Didi“, während Hoffmann oft und gern intern (Aufsichtsrat) und extern (Presse) an den Pranger gestellt wurde. Zu ehrgeizig war ihnen der gebürtige Leverkusener, der hohe Ziele (Top 20 in Europa) nicht nur formulierte, sondern auch erreichte. Da war der leise und angeblich so bescheidende „Didi“ den Leuten schon lieber als der brachiale Hoffmann. „Didi“ eckte eben nicht an und erzählte jedem, was er hören wollte. Beiersdorfer wurde sogar die gut-bezahlte Fahnenflucht 2009 verziehen, als er den Verein mitten in der Saison-Vorbereitung sitzenließ, eine Millionen-Abfindung kassiert und lustige Interviews gab, weil er den Zielen Hoffmanns nicht mehr folgen wollte.

Es stimmt, Bernd Hoffmann ist unbequem, aber ich habe lieber einen unbequemen Visionär als einen zaudernden Konkursverwalter, der es geschafft hat, den Kaderwert der Mannschaft auf einen historischen Tiefstwert zu manövrieren. (€ 53 Mio.) Zu Zeiten eines Bernd Hoffmann hatten die Mannschaften des HSV noch Werte knapp unter € 100 Mio. und man war der deutschen Spitze näher als es unter Beiersdorfer und seinen Spießgesellen jemals wieder passieren wird.

Heute würden sich auch viele HSV-Fans freuen, wenn man einen Sportchef wie Frank Arnesen wieder in Hamburg hätte, ein Mann mit einem internationalen Ruf und keinen Turnbeutel-Vergesser, der von „vorweihnachtlicher Mentalität“ schwafelt und im Grunde doch nur Didi’s Pappenträger ist, allerdings ein ausgesprochen teurer. Arnesen wurde von Hoffmann geholt, aber er war den egozentrischen Dünnbrettbohrern im damaligen Aufsichtsrat „zu teuer“, was für eine Lachnummer. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ein Duo Hoffmann/Arnesen heute keinen Labbadia sondern einen Tuchel oder vielleicht sogar Klopp als Trainer in Hamburg hätte. Aber ok.

Ich habe gestern geschrieben, wie elementar wichtig die richtige Personalwahl eines Vereins ist und diese beginnt nun mal beim Chef. Didi hat bewiesen, dass er es nicht kann und er wird es auch nicht lernen.

Derweil gibt sich der Ex-HSV-Boss in der Öffentlichkeit zurückhaltend, wenn es um seinen ehemaligen Arbeitgeber geht. Dass Hoffmann beim HSV dennoch nach wie vor hervorragend verdrahtet ist, bewies seine Beteiligung an der Verpflichtung von Bert van Marwijk.

Bleibt also nur die Eingangsfrage: Wann kommen die ersten (lauten) Rufe nach Hoffmann, denn viele leise gibt es längst.