Erstes Heimspiel der Saison heute um 18.30 Uhr gegen den VfB Stuttgart und der HSV wäre gut beraten, zumindest auf dem Platz erstmals in dieser Saison für positive Schlagzeilen zu sorgen. Gelingt dies nicht, dürfte der Druck vor den beiden ausstehenden Auswärtsspielen in Köln (29.08.) und in Gladbach (11.09.2) massiv ansteigen. Zusätzlich zum sportlichen Druck kommt die allgemeine, erneut desaströse Situation innerhalb des Vereins, denn das, was sich der HSV in den letzten Tagen an Kommunikations-Katastrophen erlaubt hat, reicht normalerweise für mehr als eine Saison. Rucksackgate, T-Shirt-Peinlichkeit, Fan-Aussperrung und und und. Der Verein scheint mit größtem Vergnügen Kopfsprünge ins nächste Fettnäpfchen zu machen und der leidgeprüfte Fan fragt sich mittlerweile, was als Nächstes kommt.

Aber unglücklicherweise sind nicht nur die Verfehlungen selbst ohne Worte, nein der kommunikative Umgang mit ihnen ist es mindestens genauso und durch den lapidaren Versuch, ein Armageddon wie den Verlust hochsensibler Daten durch einen im Grunde genommen dümmlichen Tweet (Rucksack gefunden, bei der Finderin bedankt, besser Fußballspielen #aufgekärt) unter den Tisch kehren zu wollen, lässt den Wasserflaschen-öffnenden Mediendirektor wie einen blutigen Anfänger seines Fach aussehen.

Das wirklich Schlimme ist doch eigentlich, dass der HSV hausinterne Peinlichkeiten nicht durch geschicktes Krisen-Management in Grenzen halten kann, sondern durch amateurhaftes Verhalten seiner Medien-Abteilung noch viel schlimmer macht. Die Frage nach Konsequenzen stellt man sich in Hamburg schon seit Jahren, aber auch hier hat eine interne Umstellung innerhalb des Vereins nicht dafür gesorgt, dass irgendwas besser wird, im Gegenteil. So ist das Resort „Kommunikation“ vor einiger Zeit aus dem Vorstandsbereich Marketing direkt zum Vorstandsvorsitzenden gewandert, also trägt am Ende des Tages Herr Beiersdorfer die Verantwortung. Jedenfalls ist das in anderen Unternehmen der Fall, wo irgendwann auch mal der schwarze Peter bei der hochbezahlten Führungskraft ankommt und auch an dieser Stelle die Reißleine gezogen wird.

Nicht so beim HSV, wo man sich scheinbar zum Ziel gesetzt hat, die Dinge Merkel-mäßig aus zu sitzen. Wie lange das gut gehen wird, entscheidet am Ende die BILD, denn spätestens seitdem die Freunde von Springer im Besitz sämtlicher HSV-Daten sind, haben sie den Verein bei den Eiern. Erinnert man sich nun an das mediale Dauerfeuer der letzten Tage, so kann man sich ungefähr vorstellen, wie die Geschichte ausgehen wird.

Dies alles wäre nur noch einzudämmen, wenn man den zahlreichen Kritikern durch sportliche Erfolge den Wind aus den Segeln nehmen könnte. Heute Abend soll dies mit folgenden Spielern in Angriff genommen werden.

Adler, Hirzel, Diaz, Diekmeier, Djourou, Ekdal, Gregoritsch, Holtby, Ilicevic, Jung, Kacar, Müller, Lasogga, Olic, Ostrzolek, Sakai, Schipplock, Spahic

Nicht im Kader sind: Altintas (Aufbautraining), Cleber, Demirbay (Schienbeinprellung), Gouaida, Jiracek, Rudnevs, Stieber.

Ohne über den Fitness-Zustand bzw. die gezeigten Trainingsleistungen zu 100% im Bilde zu sein, tauchen zumindest für mich bereits hier die ersten Fragen auf.

1. Man geht mit zwei nominellen Innenverteidigern ins Spiel und hat auf der Bank keine echte Alternative. Sowohl Jung wie auch Kacar sind eigentlich defensive Mittelfeldspieler, Cleber ist plötzlich nicht mehr im Kader.

2. Während Albin Ekdal erkennbar noch nicht bei 100% ist, ist erneut Kerem Demirbay mit einer ominösen Schienbeinprellung nicht dabei. Ich prophezeie mal an dieser Stelle, dass wir zu diesem Thema noch etwas hören werden, bevor das Transferfenster am 31.8. schließt.

3. Im Kader stehen der angeschlagene Gregoritsch und sowie der angeschlagene und wenig überzeugende Ilicevic, aber nicht der fitte Stieber und ebenfalls nicht der fitte Rudnevs. Während Auslaufmodell Olic scheinbar Narrenfreiheit genießt, hat man sich beim HSV offenbar zum Ziel gesetzt, den Letten weiterhin zu demütigen und den Ungarn, der als Einziger in der letzten Saison zu überzeugen wusste, zu einem kurzfristigen Wechsel zu bewegen.

Mich beschleicht langsam aber sicher das ungute Gefühl, dass es im Falle der Kaderbesetzung nicht (nur) um die sportlichen Leistungen geht, sondern zumindest teilweise danach, welche Spieler wie viel gekostet haben bzw. verdienen und mir drängt sich der Gedanke auf, dass Trainer Labbadia dabei ist, sich ein zweites Mal in Hamburg zu verrennen.

Der Umstand, dass er selbst das erste Opfer werden wird, wenn die sportlichen Erfolge ausbleiben, ist Bruno wohl bewusst und er hat an der letzten Saison gut erkennen können, dass Verbrennungs-Didi durchaus bereit ist, einen Trainer auch frühzeitig in der Saison zu feuern, wenn ihm selbst die Hitze zu stark wird.

Meine Aufstellung für das Spiel gegen Stuttgart:

Adler – Diekmeier, Spahic, Djourou, Sakai – Jung, Kacar, Diaz – Gregoritsch, Schipplock, Müller

 Zum Thema Sportjournalismus, der Einfluss der Vereine und selbst produzierte PR hier übrigens ein spannender Artikel aus der Zeit. Der Weg, der in England gegangen wird, wird in Deutschland nicht nur ankommen, er ist es bereits. Wenn man sich die Hofberichterstattung besonders vom Hamburger Abendblatt anschaut, wird einiges deutlicher. Umso wichtiger werden in Zukunft Quellen wie unabhängige Blogs werden.

http://www.zeit.de/sport/2015-08/sportjournalismus-fussball-grossbritannien-club-tv