Das eigene Spiel beginnt hinten und es endet (im besten Fall) vorn, mit einem Tor. Wo das Spiel beginnt, wenn der Gegner in Ballbesitz ist, entscheidet die vom Trainer vorgegebene Taktik. Attackiere ich früh mit intensivem Pressing, stehe ich tief oder sogar sehr tief und lauere auf Konter. Dies alles ist in erster Linie davon abhängig, welches „Spieler-Material“ (ätzendes Wort) ich als Trainer zur Verfügung habe und aus welcher Mischung ich das Beste machen kann. Eben dieser Mix ist es, der am Ende den Unterschied macht und am deutlichsten wird der Unterschied zwischen einem erfolgreichen und einem weniger erfolgreichen Mix im Mittelfeld.

Hier schlägt das Herz der Mannschaft, hier wird die Schlagzahl vorgegeben, hier werden eigene Angriffe eingeleitet und gegnerische Angriffe unterbunden bzw. wirkungsvoll gestört. Aber genau hier fällt es auch am meisten ins Gewicht, wenn die Mischung der Spieler eben nicht stimmt bzw. wenn einer oder mehrere Akteur(e) ihre Leistung nicht bringen. Vor diesem Hintergrund fand ich die Aussagen von HSV-Neuzugang Albin Ekdal höchst interessant, wenn sie am Ende auch nur das wiedergeben, was Leute, die sich etwas intensiver mit dem Sport beschäftigen, bereits wussten.

[…] „Ich würde mich als Box-to-Box-Player bezeichnen. Das heißt: Ich spiele zwischen den beiden Strafräumen, den Boxes, bin mal wie ein klassischer Sechser ein wenig defensiver, mal wie ein moderner Achter ein wenig offensiver. Du musst alles können, kannst dir keine Auszeit gönnen. Und wenn wir schon bei klassischen Sechsern oder modernen Achtern sind: Den klassischen Zehner gibt es nicht mehr.“

Viele Beobachter, die sich etwas oberflächlicher mit dem Thema Fußball auseinandersetzen, sind bekanntlich immer noch der Auffassung, dass es im Mittelfeld einer Profimannschaft absolut starre Aufgabenteilungen gibt und dass der Spielmacher die Nummer 10 tragen muss. Dieser fußballerische Halbgott zieht die Strippen, er lenkt das Offensivspiel, er bereit vor oder schließt ab. Im besten Fall ist er auch noch ein genialer Spieler für die Standards und ein totsicherer Elfmeterschütze. Diesen Spieler gibt es heute aber nicht mehr bzw. einen solchen Spieler, der sich ausschließlich auf seine Offensiv-Qualitäten zurückzieht, kann sich heute kein Verein im bezahlten Fußball mehr erlauben.

Ebenso existiert der „Wasserträger“ von früher nicht mehr, der 6er, der dem Superstar durch seine defensiven Qualitäten den Rücken freihält und ihn somit von allen Deckungsaufgaben befreit. Ein moderner Mittelfeldspieler im Jahr 2015 muss alles können. Er muss schnell und zweikampfstark sein, er muss pass-sicher und handlungsschnell sein. Er muss hinten das Spiel des Gegners zerstören und vorn das eigene Spiel machen können. Natürlich gibt es Spieler (und es wird sie immer geben), die das Eine besser können als das Andere, aber eklatante Schwächen in einer Teildisziplin kann man sich nicht mehr leisten.

Betrachtet man die Aufstellung des HSV in der (jüngeren) Vergangenheit, so fällt auf, dass man ganz offenbar die richtige Mischung in diesem Mannschaftsteil noch nicht gefunden hat, man experimentiert.

Am 7. Spieltag der Saison spielte der HSV mit einem Mittelfeld bestehend aus Holtby, Behrami, Arslan. Am 8. Spieltag waren es Behrami, van der Vaart, Gouaida.

Am 22. Spieltag der Saison 2014/15 begannen im Mittelfeld des HSV die Spieler Kacar, Jiracek, Stieber. Am 27. Spieltag spielten Diaz, Behrami, Holtby.

Die „Mittelfelde“ der ersten beiden Saisonspiele der Spielzeit 2015/16 wurden aus Ekdal, Jung und Holtby gebildet, was zeigt, dass Bruno Labbadia das Problem erkannt hat, er möchte im Mittelfeld eine Kontinuität erzwingen. Hierbei scheinen aktuell zwei Spieler (Jung, Ekdal) gesetzt zu sein, die verkörpern am ehesten den Typus des polivalenten Mittelfeld-Akteurs. Der Problem in diesem Konstrukt scheint immer noch der hyperaktive Lewis Holtby zu sein, bei dem sich viele Hamburger Fans nach mehr als einem Jahr immer noch fragen, was genau eigentlich seine Stärken sein sollen. Er ist weder schnell noch torgefährlich. Eher Kopfball-schwach, nicht wirklich pass-sicher und defensiv eher Risiko als Entlastung.

Nimmt man in dieser Kombination noch die Unerfahrenheit von Gideon Jung hinzu, kann sich Labbadia auf Dauer einen Lewis Holtby nicht leisten, will er irgendwann einmal ein stabiles Mittelfeld zur Verfügung haben. Problem ist halt nur: Holtby war in der letzten Saison am letzten Tag der Transferperiode ein völlig überteuerter Königs-/Paniktransfer des ehemaligen Dukaten-Didi und dieser kann sich einen weiteren Transferflop auf der Königsposition nach Behrami eigentlich nicht mehr leisten.

Dann, machen wir uns doch nichts vor, eigentlich dürfte Holtby nach den gezeigten Leistung in der letzten und auch in der aktuellen Saison nicht mehr gesetzt sein.