Ganz ehrlich, wie gern würde ich mal wieder etwas Positives über den HSV schreiben. Über sportliche Erfolge, ansehnliche Spiele, überraschende Transfers, neue Sponsoren bzw. strategische Partner. Auch, wenn es mittlerweile einige nicht mehr glauben wollen, es ist so. Auch mir macht es nicht so unglaublich viel Spaß, mich in den sozialen Medien als Hater, Hassprediger, Hetzer oder Schlimmeres bepöbeln zu lassen und das nur aus dem einen Grund: Weil ich die vorhandenen Fakten aufzeige. Die „Kritiker“, wenn ich sie mal so nennen möchte, können diesen erkennbaren Fakten im Grunde immer nur eines entgegenhalten, nämlich den Aufruf zur Geduld und den Verweis auf irgendwas, was sie Hoffnung nennen.

Dabei wissen sie selbst, dass ihre Argumentation nicht nur auf wackligen Füssen steht, sondern dass sie rein sachlich nicht haltbar ist. Das aber spielt schon längst keine Rolle mehr, denn die Betrachtung der Arbeit der Exzellenzen ist längst zu einer Glaubensfrage mutiert, die teilweise religiöse Züge annimmt. Und in gewisser Weise habe ich teilweise sogar Verständnis für die „Wegbeißer“, denn – was sollen sie denn auch machen? Wenn sie jetzt zugeben würden, dass sie falsch gelegen haben, müssten sie gleichzeitig zugeben, dass sie seit mehr als einem Jahr falsch liegen. Dass all ihre wüsten Beschimpfungen aus der Luft gegriffen und all ihre Jubelgesänge Mumpitz waren und wer macht das schon gern? Also gilt: Immer weiter zusammen in den Abgrund, immer noch besser als zuzugeben, dass man an die falschen Götter geglaubt hat.

„Mensch Grave, schreibt doch mal was Positives. Oder kannst du das nicht mehr?“

Es ist gar nicht so selten, aber es wird immer seltener, dass mich solche Aufforderungen erreichen. Wenn ich dann eine Gegenfrage bzw. eine Bitte, mir ein paar Anhaltspunkte oder Tipps für positive Ereignisse mitzuteilen, stelle, kommt zu 99% keine Antwort mehr und das ist eigentlich das wirklich entlarvende. Oder aber es kommen hinweise auf Spieler aus der U16 oder darauf, dass es bei anderen Verein auch Probleme gibt. Die gibt es, keine Frage. Aber nur, weil man aus Hannover auch Negatives hört oder weil es in Augsburg auch Verletzte gibt, macht es die Situation beim HSV um keinen Millimeter besser. Vielmehr ist der Hinweis „Guck doch hin, da läuft auch nicht alles toll“ ein Indiz für absolute Hilf- und Ratlosigkeit.

Tatsächlich ist es so, dass zur Zeit wenig bis gar nichts Anlass zur Hoffnung auf Besserung gibt und es macht wenig Spaß, mit dieser Erkenntnis zu leben. Der Leser „hamuburgmini“ hat es in seinem letzten Kommentar anschaulich beschrieben, ich möchte die wichtigsten Punkte nochmal kurz in Erinnerung bringen, wobei die Aufzählung noch nicht einmal vollständig ist.

– Der Schuldenstand des HSV hat sich seit der Ausgliederung nicht signifikant geändert, im Gegenteil. Es wurden neue Gelder aufgenommen, vom Ziel der Entschuldung (wie bei HSVPLUS vorgegeben) ist man meilenweit entfernt.

– In den letzten 3 Transferfenstern (Sommer 2014, Winter 2015, Sommer2015) wurden insgesamt mehr als € 53 Mio. an Tranfersausgaben verpulvert.

– Der Etat für den Lizenzspieler-Kader wurde nicht, wie geplant, auf ca. € 36 Mio. reduziert, sondern rangiert immer noch oberhalb der € 40 Mio. Grenze, also auf einem Niveau wie vor der Ausgliederung

– Dabei hat man den Transfer-Etat derart ausgereizt, dass nicht einmal mehr € 300.000 für einen Leihspieler von Schalke zur Verfügung standen, man hätte beim Aufsichtsrat die Erweiterung des Etats beantragen müssen.

– Der Wert des Lizenzspielerkader wurde mit € 52,9 Mio. auf einen historischen Tiefstand abgewrackt.

– Anstatt, wie versprochen, auf junge, entwicklungsfähige Spieler zu setzen, die durch eine Erhöhung ihres Transferwertes die finanzielle Handlungsfähigkeit des Vereins garantieren bzw. zumindest verbessern, kaufte (oder holte) man u.a. Spieler wie Spahic (35), Ekdal (26), Hunt (29), Schipplock (27). Davor waren es Olic (35), Behrami (30), Müller (27), Djourou (28), Diaz (28), Stieber (26).

Es stimmt, es wurden auch Spieler wie Gregoritsch (21), Jung (20), Holtby (24), Lasogga (23), Clèber (24) und Sakai (24) geholt. Aber – betrachten wir doch einfach mal die Realtitäten. Bereits vor dieser Saison war man bereit, die Spieler Lasogga, Holtby, Stieber und wahrscheinlich auch Diaz (wieder) abzugeben, aber es gab schlichtweg keine Anfragen, jedenfalls keine, die sich gelohnt hätten. Hinzu kommt, dass Herr Beiersdorfer diese Spieler mit derart gut-dotierten Verträgen ausgestattet hat, dass sie lieber ihre Zeit in Hamburg absitzen, als woanders zu kicken.

Am Ende der derzeit laufenden Saison laufen die Verträge der Spieler Kacar, Ilicevic, Olic, Djourou, Spahic, Diekmeier, P.Müller und Rudnevs aus. Und dann? Denkt man denn im Ernst, es gäbe dann Anfragen im zweistelligen Millionenbereich für Jung oder Gregoritsch? Weihnachtsmann?

Wenn die Spieler, deren Verträge auslaufen, den Verein gesammelt verlassen sollten, hat der HSV einen Kader von 21 Spielern und einen Kaderwert von € 41,55 Mio. Und dann? Was bleibt dann, vorausgesetzt, man spielt dann noch in der Bundesliga. Wovon möchte man den Kader dann verstärken, das Tafelsilber wurde leichtfertig und verfrüht (Tah, Calhanoglu) verhökert.

Nein, Leute, der HSV bzw. die Herren um Ex-Dukaten-Didi haben durch ihre unfähige Transferpolitik die letzte Patrone im Juli/August 2014 verschossen. Damals wäre es möglich gewesen, für die ausgegeben Millionen eben keine Lasoggas, Behramis oder Holtbys zu holen, sondern einen Calhanoglu zu halten (können andere Verein übrigens auch) und dafür lieber 3 oder 4 exzellente Nachwuchsspieler in der Größenordnung € 3 – 5 Mio. (wie z.B. einen Firminho, der für € 4 Mio. aus Brasilien kam) zu holen. Glaubt jemand, dass das sportliche Resultat am Ende der letzten Saison schlechter gewesen wäre?

Wäre es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gewesen und selbst wenn. Dann hätte man immer noch Spieler gehabt, die ihren Marktwert gesteigert hätten und mit deren Verkauf man einen durchdachten Wiederaufbau hätte starten können. Dafür bedarf es aber zwei Dinger.

1. Ein Konzept

2. Kontakte und Ahnung vom Markt.

Unglücklicherweise haben die hochbezahlten Exzellenzen beides nicht und so bleibt den Glaubenskriegern auch in Zukunft nichts anderes als: Geduld und Hoffnung. Viel Erfolg.