Eigentlich sollte man meinen, dass es die Meisten begriffen haben, aber dem ist nicht so. Das Leben besteht aus beständigem Lernen und wer nicht lernt, wird jeden begangenen Fehler doppelt und dreifach wiederholen. Dass es dabei sogenannte Journalisten gibt, die aufgrund akuter Blutarmut zwischen den Ohren zwischen Schwarz und Weiß nichts mehr erkennen, sei geschenkt. Aber mich erschüttert, dass es auch genügend sogenannte Fans gibt, die in einem Spiel etwas lesen bzw. erkennen wollen, was schlicht nicht da war. Und diese Erkenntnis ist mitnichten ein verzweifeltes Schwarzsehen oder die Lust an der Zerstörung, sie ist das Erkennen der Realität.

Dabei möchte ich deutlich betonen, dass es keinem verboten sei, sich zu freuen, um Gottes Willen. So reichhaltig sind die Siege des HSV noch nicht, dass sie Gewohnheit geworden sind, aber eben genau deshalb wäre man als Anhänger gut beraten, den Sieg über die Gladbacher als das zu betrachten, was er war. Eine Momentaufnahme und drei Punkte gegen den Abstieg. Wer jetzt schon, nach dem 4. Spieltag, wieder von anderen Zielen quatscht, der sollte die Medikamenten-Einstellung überprüfen, denn der HSV ist Lichtjahre von etwas wie dem „gesicherten Mittelfeld“ entfernt.

Betrachten wir doch einfach mal die ersten 4 Spiele. Der Umstand, dass die Bayern noch lange nicht bei 100% sind, wurde nicht erst im Spiel gegen Augsburg deutlich, gegen den HSV langte es zu einem lockeren 5:0. Stuttgart spielte in Hamburg fast eine gesamte Halbzeit zu Zehnt (Rote Karten gegen Klein in der 53. Min.), das Siegtor zum 3:2 fiel in der 89. Minute. In Köln war man lange Zeit mindestens ebenbürdig, verlor am Ende unglücklich mit 2:1. Wie „stark“ die Kölner nun sind, konnte man am Samstag Abend bei 2:6 in Frankfurt beobachten. Und nun das Spiel in Gladbach, bei einer Mannschaft, die in der augenblicklichen Verfassung mit einem Champions League-Teilnehmer soviel zu tun hat wie Peter Knäbel mit einem Aktenkoffer.

Also, 6 von 12 möglichen Punkten, das ist ok. Aber eben auch nicht mehr. Das Geschwafel, was denn passiert wäre, wenn man in Köln….und wo man heute stehen könnte, kann man sich getrost in die Haare schmieren, das ist dümmlichstes Boulevard-Geschwätz. Wenn meine Tanten einen Schw….hätte, wäre sie mein Onkel.

Erkennbar ist, dass sich beim HSV spielerisch etwas zu tun scheint, es sieht alles nicht mehr so komplett zufällig aus wie in den letzten Jahren. Allerdings, und so ehrlich muss man eben auch sein, schlimmer ging es ja auch kaum noch. Insofern ist jeder noch so kleine Fortschritt eben doch ein Fortschritt. Mir ist schon klar, dass man mit solchen Ansichten bei den üblichen verdächtigen Schwachmaten sofort wieder die „HSV-Hater-Tür“ aufstößt oder als „Pester“ gilt, der sich nicht mal über einen Sieg freuen kann, aber – ehrlich – das ist mir sowas von egal. Denn wenn ich ein Pester bin, dass ist es Trainer Labbadia offenbar auch, denn auch Bruno redet davon, dass man weiterhin beharrlich hart arbeiten muss, um den nächsten Schritt zu machen.

Und etwas anderes sage ich schließlich auch nicht.

Anderes Thema: Bruno Labbadia

Die Aufgabe, die der Trainer nach dem Klassenerhalt zu bewältigen hat, ist eigentlich nicht zu schaffen. Nicht nur, dass er für den Trainingsbetrieb, die Mannschaftsaufstellung, die Taktik, die Gegner-Analyse, die Motivation der Mannschaft und am Ende auch für die meisten Transfers verantwortlich ist, hinzu muss er auch noch die Aufgaben des Pressesprechers, des Sportchefs (der kann gerade nicht, muss sich wegen der Rucksack-Affäre verstecken), des Vorstandsvorsitzenden (kann gerade nicht,ist im Urlaub oder traut sich nicht) und sogar des Marketing-Chefs übernehmen (der kann zwar, aber immer nur dann, wenn er gut aussehen kann), wenn er den Mannschaftsbus enthüllt. Bruno Allgegenwärtig ist in eine Rolle gedrängt worden, die ein anderer nicht übernehmen wollte…..

„Beim HSV hatte ich das Gefühl, mehr als der Trainer sein zu müssen.“ (Thomas Tuchel)

…und deshalb lieber dort anfing, wo man mit Watzke und Zorc zwei starke Partner und eben keine Turnbeutel-Vergesser und Zauderer an seiner Seite und nicht in seinem Schatten hat.

Labbadia weiß, was das alles zu bedeuten hat, aber was soll er machen? Erklären, dass er sich ausschließlich zu sportlichen Inhalten äußern möchte? Oder noch besser – die Feigheit seiner Vorgesetzten enttarnen? Geht wohl nicht. Insofern beißt Bruno in den sauren Apfel, reibt sich auf und nutzt sich ab und das alles in der festen Gewissheit, dass er der Erste sein wird, der über den Jordan gehen wird, sollte der Aufwärtstrend nicht anhalten. Denn eines hat Labbadia in seinen Jahren als Bundesliga-Trainer lernen müssen: Sowas wie Dankbarkeit existiert nicht und in den Führungsetagen der Erstliga-Vereine gilt nach wie vor: Bevor ich gehe, geht der unter mir.

Extremer als Schwarz oder Weiß

Lustig finde ich, dass einige besonders einfach gestrickte Personen bereits jetzt wieder an den großen Plan glauben wollen. So war die Personalie Labbadia Didi’s bester Schachzug, was für ein Treppenwitz. Labbadia war Didi’d letzte Patrone, nachdem man sich über Monate hinweg mit dem Theater um Thomas Tuchel zum Kasper der Nation gemacht hatte. Außerdem war Labbadia der einzige ebenso verzweifelte wie arbeitslose Trainer, der sich den Pflegefall HSV kurz vor Saisonende antun wollte.

Fast noch lustiger allerdings ist die Ansicht, dass es sich bei den Neuverpflichtungen allesamt um absolute Weltklasse handeln würde und das Underperformer wie Holtby, Diekmeier, Lasogga, Ostrzolek und Co. nach nur einem halbwegs menschlichen Spiel auf dem direkten Weg zu Jögi wären, was für ein Lachschlager. Außerdem ist Ekdal garantiert ein Mann für Barca und Nicolai Müller hat’s nun endlich begriffen. Ehrlich, ich möchte die gleichen Drogen.

Der Rucksack des Grauens

Mir schon klar, dass die eher einfach gestrickten Freunde unter den Anhängern ein unangenehmes Thema wie #Rucksackgate am liebsten ausblenden und beerdigen möchte. Dieses Gefühl teilen sie mit dem Verpisser-Vorstand und dem größten Teil der Hamburger Sportjournalisten, die auch lieber den Deckel drauf machen wollen, als ihre Arbeit zu tun. Aber – so einfach wird das nicht gehen, zumindest nicht mit mir. Egal, ob der Rucksack (war es jetzt einer oder nicht, Herr Knäbel?) geklaut oder verloren oder vergessen wurde, diese Art von Unterlagen haben dort nichts zu suchen und dieses Fehlverhalten des Profifußball Direktors kann und darf nicht so einfach im Nirwana verschwinden, auch wenn man es gern hätte. Der Umstand, dass diese seltsamen Unternehmens-Prüfer bereits jetzt weit mehr als € 100.000 gekostet haben, erschüttert mich zutiefst.

Nein, diese Sache gehört rückhaltlos aufgeklärt und sollte am Ende der Aufklärung rauskommen, dass der HSV oder Teile des HSV grob fahrlässig gehandelt haben, muss es Konsequenzen geben, auch dann, wenn Fans mit einem IQ unterhalb der Zimmertemperatur dies nicht verstehen wollen.