„Schließlich ist die U23 kein Abfallkübel, sondern das Flaggschiff der Ausbildung.“ (Profifußball Direktor Peter Knäbel, 11.02.2015)

Nun denn, am 11.02.2015 konnte Backpacker-Pete noch leicht reden. Die U23 des HSV lag nach dem 23. Spieltag der Regionalliga Nord auf Platz 3, nur einen Zähler hinter Tabellenführer Werder Bremen II. Am Ende reichte es dann wie bekannt ebenfalls zu Platz 3, der am Anfang der Saison sicher geglaubte Aufstieg in die 3. Liga war verpasst. Dafür aber konnte sich der HSV rühmen, in gewohnter Art und Weise mehrere Trainer in nur einer Saison verschlissen zu haben, was natürlich unterschiedliche Gründe hatte. Dennoch, dass man bei dem selbsternannten Flaggschiff in der Trainerfrage mittlerweile ebenso verfährt wie in der Bundesliga, sollte Fragen aufwerfen.

Zinnbauer, Petrowsky, Cardoso,  dann wieder Zinnbauer und jetzt – bis auf Weiteres – Soner Uysal. 5 Trainerwechsel in 14 Monaten, rekordverdächtig.

Erinnern wir uns.

„Der HSV ist eine Familie, eine Herzensangelegenheit. Ich komme sehr gern nach Hamburg zurück (Zinnbauer)

Nur 8 Spieltage und Tabellenplatz 13 später ist von dieser Herzensangelegenheit nicht mehr viel übrig, „Magic Joe“ folgt dem Ruf des Schweizer Erstligisten St. Gallen. Mit anderen Worten: Gelaber. Aber offenbar war man in der Führungsetage des HSV auch nicht allzu unglücklich über die Anfrage der Eidgenossen, konnte man doch für einen Trainer, dessen Code offensichtlich geknackt war, sogar eine Ablöse generieren. Nachdem man beim Amtsantritt der Exzellenzen noch vollmundig davon redete, dass man zukünftig nicht nur die eigenen Spieler, sondern auch die eigenen Trainer ausbilden wolle, ist man mit dem nächsten Ziel krachend gescheitert, Zinnbauer hat sich am Ende wohl doch nur als One hit-Wonder erwiesen.

Zu den Talenten, die Möglichkeiten der Rekrutierung und den Perspektiven hatte sich Zinnbauer im Frühjahr 2015 geäußert.

In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt auf die Frage „Wenn ich ein umworbener Nachwuchsspieler wäre – warum sollte ich zum HSV kommen?, antwortete Zinnbauer im Mai 2015:

Weil Sie sehen, dass im vergangenen Jahr einige Spieler nach oben durchgereicht worden sind und für Sie diese Tür dann auch offen steht. Das wäre bei den Topclubs der Bundesliga um einiges schwieriger. Zudem finden Sie auch beim HSV schon jetzt brutal professionelle Bedingungen vor.

Ach tatsächlich, Joe? Wo sind denn die in der letzten Saison aus PR-Gründen künstlich „hochgezogenen“ 21-jährigen Supertalente Marcos, Gouaida und Götz abgeblieben? Marcos und Götz kicken mehr schlecht als recht in der „Zwoten“ und Gouaida wurde nach Karlsruhe verliehen. Dafür haben die drei Raketen nun aber Profiverträge, Didi sei Dank. Naja, es ist ja nicht sein Geld. Das soll jetzt also ein Anreiz für junge Talente sein, zum HSV anstatt nach Bremen, Hannover oder Wolfsburg zu gehen?

Nun also der Nächste, Soner Uysal soll es richten. Der Co-Trainer, der noch vor Kurzem erklärte, dass er auf keinen Fall als Cheftrainer arbeiten wolle, ist „bis auf Weiteres“ ins Amt befördert worden, irgendwoher kennt man diese Formulierung, oder? Jeder, der nur ein wenig Resthirn mitbringt, wird erkennen, dass auch Uysal die Saison nicht zu Ende trainieren wird, das wären dann mindestens 6 Trainer in 2 Jahren. Mindestens.

Unglücklicherweise ist die U23 nicht nur ein Abbild der Bundesliga, sie ist auch ein Synonym für das, was seit dem Amtsantritt von Bernhard Peters in Ochsenzoll passiert. Der „Direktor Sport“, der nicht in der Lage ist, sich vorzustellen (bei seinen Mitarbeitern und Spielern), der nicht einmal in der Lage ist zu grüßen und dem die meisten Mitarbeiter im Nachwuchsleistungszentrum jegliche Ahnung vom Fußball absprechen, hat das vorhandene Chaos nicht bereinigt, er hat es beschleunigt.

So durften sich Trainer, die man in eventuell für den Nachwuchsbereich ins Auge gefasst hatte, an der U16 bei laufendem Ligabetrieb als Hospitations-Stelle versuchen, die U16 hatte in der letzten Saison ebenfalls 4 verschiedene Trainer. So wurde aus dem Personal-Trainer von Lewis Holtby über Nacht ein U-Trainer des HSV und von dem von Aufsichtsratsboss Gernandt vollmundig angekündigten Projekt „alle Mannschaften von der U12 bis zu den Profis spielen in Zukunft ein System“ ist weniger als nichts übrig geblieben.  Im Nachwuchsbereich des HSV lässt jeder Trainer so spielen, wie er es lustig findet. 4-3-3, 4-4-2, 4-3-2-1, alles geht. Eingeschritten von Seiten der Führung wird nicht, wahrscheinlich auch deshalb, weil die „Führung“ die unterschiedlichen Systeme gar nicht erkennen würde.

Auf die Frage eines U-Trainers, welches System denn nun eigentlich nach Peters‘ Meinung gespielt werden sollte, antwortete der schüchterne Direktor:

Ich stehe für attraktiven Offensivfussball.

Ach so, dann ist ja alles klar. Tatsache ist, dass seit Peters‘ Amtsantritt reichlich Gelder für neue Athletik-Trainer bereitgestellt wurde, aber damit ist’s auch schon wieder vorbei. Einstellungsstopp heißt das Zauberwort, aber dafür gibt es andere lustige Features. So hat sich z.B. Ersatzdirektor Pletz etwas besonders geiles ausgedacht, er hat für die Nachwuchsspieler Whats App-Gruppen ins Leben gerufen, extrem modern. In diesen Gruppen werden spaßige Videos durch den Orbit geschickt, die 14-18Jährigen lachen sich schlapp.

Aber egal was man tut, die Wahrheit liegt auf dem Platz und auf dem Platz sieht es düster aus.

U23: Platz 13

U19: Platz 10 (von 14)

U17: Platz 6

U16: Platz 13 (Vorletzter)

U15: Platz 2 !!!

U14: Platz 1 (nach 2 Spieltagen)

Fassen wir also zusammen:

Bundesliga: Relegation, mehr als € 53 Mio. an Transferausgaben, 4 Trainer, Affären und Skandale ohne Ende

Regionalliga: Kein Aufstieg, 5 Trainer, in dieser Saison eher Abstiegsgefahr als Aufstiegshoffnung

Nachwuchsbereich: Trainer-Fluktuation, Nicht-Kommunikation, Nur Ja-Sager haben eine Zukunft. Die Mannschaften des HSV performen eher unterdurchschnittlich, die besten Nachwuchsspieler verlassen den Verein.

Aber okay, Didi und Peters hatten ja von einem 5-Jahres-Plan geredet.

Toi, toi, toi