diaz

Karlsruhe, 01.06.2015, wir schreiben die 91. Spielminute. Der KSC führt 1:0 und ist nach dem 1:1 aus dem Relegations-Hinspiel in Hamburg in die Bundesliga aufgestiegen. Dann schießt Rajkovic, einem KSC-Spieler springt der Ball an die Hand, der Schiri gibt Freistoß. Nachdem sich Rafael van der Vaart den Ball zur Ausführung hingelegt hatte, spricht Marcelo Diaz die magischen Worte („Tomorrow, my friend, tomorrow“) und versenkt den Freistoß unhaltbar für den Karlsruher Torhüter. Das Spiel geht in der Verlängerung, der Rest ist Geschichte.

Im Anschluss daran wurden Heldengeschichten erdacht, Rettungs-T-Shirts gedruckt (diesmal sogar mit echten HSV-Fans) und sogar der Hero selbst bekam ein eigenes Gedächnis-Shirt. Nicht der HSV hatte die Klasse gehalten, Diaz hatte die Klasse gehalten. Kein Mensch sprach davon, dass Boban Rajkovic den Freistoß rausgeholt hatte, denn Diaz hatte ihn verwandelt. Cool verwandelt und dann noch dieser despektierliche Spruch gegen den eigenen Kapitän.

Was dann folgte, muss sich für den kleinen Chilenen wie ein Traum angefühlt haben. Aus dem eher unscheinbaren fleißigen Spieler wurde ein Vereinsheld. Anschließend ging es zur Copa nach Südamerika, die die Chilenen auch Dank Diaz gewinnen konnten. Marcelo wurde ins Allstar-Team gewählt, a star was born.

Soviel zur öffentlichen Wahrnehmung, die Realität hingegen sieht etwas anders aus. Diaz, immerhin 38-facher chilenischer Nationalspieler, ist in Hamburg nie richtig angekommen. Nachdem er im Winter 2014/15 für für € 2 Mio. aus Basel in die Hansestadt wechselte, bestritt er ganze 8 Spiele (inkl. der beiden Relegations-Partien) in seiner ersten Saison und bisher 2 Spiele (30 min.) in seiner zweiten Saison für den HSV. Okay, in der Saison 2014/15 verpasste er durch eine Verletzung 6 Spiele, aber anschließend spielte er eine überragende Copa. In seinen bisher 8 Partien für den HSV erzielte er ein Tor (eben das Freistosstor gegen den KSC), bereitete aber keinen Treffer vor.

In Basel dagegen bestritt Diaz in 3 Jahren insgesamt 99 Pflichtspiele (13 Tore, 8 Vorbereitungen) und war unumstrittener Stammspieler, beim HSV hingegen werden ihm regelmäßig Spieler wie Behrami und van der Vaart (letzte Saison) bzw. Jung, Ekdal und besonders Holtby vorgezogen und besonders bzgl. der Personalie Holtby komme zumindest ich ins Zweifeln.

Mal ehrlich, hätte Marcelo Diaz den Relegationstreffer nicht erzielt, so würde man heute von einem klassischen Fehleinkauf sprechen, zumal der Chilene mit 28 Jahren auch sicherlich nicht mehr als Talent durchgeht. Gemessen an den Daten des Marcelo Diaz ist ein Spieler, dessen Verpflichtung an Sinnlosigkeit kaum zu übertreffen war, geradezu ein High-Performer. Ivica Olic spielte nach seinem Wechsel aus Wolfsburg insgesamt 20 mal für den HSV, erzielte 3 Tore und bereitete 2 weitere vor.

Dabei ist Diaz eigentlich genau der Spieler, den der HSV so dringend braucht. Eine technisch beschlagene Arbeitsbiene, emsig, beweglich, sicher im Paßspiel. Diaz kann einem Spiel Kontur geben, kann von der 6er-Position aus das Spiel ordnen. Hinzu kommt, dass er ein sehr guter Standard-Schütze ist, eine Qualität, die der HSV seit dem Abgang von Hakan Calhanoglu nicht mehr hat.

Warum also spielt Diaz nicht? Wenn er nicht in die Spiel-Idee von Trainer Labbadia passt, hätte man ihn im Sommer verkaufen müssen, denn einen Mann seiner Qualität kann man nicht endlos auf die Bank setzen.  Diaz muss spielen, ansonsten ist Ärger vorprogrammiert.

Bis es soweit ist, muss sich Marcelo an den Satz „Maybe next week, my friend“ gewöhnen.