etwas zu übermütig?

Auf jeden Fall platzte Bochums Trainer Gertjan Verbeek in der gestrigen Pressekonferenz (nicht zum ersten Mal) gewaltig der Kragen. Und im Gegensatz zu vielen vielen Präsidenten, Sportchefs, anderen Trainern und Spielern scheint es dem Holländer aber mal sowas von egal zu sein, welche Konsequenzen sein Ausbruch für seine berufliche Zukunft haben könnte.

Verbeek (über die Arbeitsweise der BILD): 

„Das ist so unglaublich kindisch von BILD……“ „Warum schreibt ihr immer solche Scheiße? Warum spielt ihr immer zwei Parteien gegeneinander aus? Selbst mit Flüchtlingen dazwischen. Hey, ihr seid ja Arschlöcher. Das seid ihr.“ „Ihr lügt auch noch, das ist die BILD“

Was in vielen Teilen der Republik zu wahren Jubelstürmen führte, wird wohl in einigen Vereinen Deutschlands zu heftigem Kopfschütteln geführt haben, denn betrachtet man allein die „Wir helfen“-Aktion vom letzten Wochenende, bei der sich zwar einige Zweitliga-Vereine, aber nicht ein Bundesligist dem Aufruf von Deutschlands größtem Boulevard-Blatt verweigerte, kann man erahnen, wie es um das Selbstbewusstsein der Vereine gegenüber der „Macht BILD“ bestellt ist.

Trotzdem kann man die Frage durchaus stellen: „Warum beteiligen sich zwar alle Bundesligisten, aber fast die Hälfte der Zweiligisten eben nicht an dieser Aktion?“ Beim HSV argumentierte Vorstand Beiersdorfer, man „stelle die Aktion als solche über den Medienpartner“, ein seichter Versuch, die permanente Angst vor der Enthüllungswut der BILD runter zu spielen. Man verpasste (wieder einmal) die Gelegenheit, sich als mündiger und angstfreier Verein zu positionieren, man schwimmt lieber mit der Masse in der Hoffnung, nicht aufzufallen.

Woraus aber resultiert diese Befindlichkeit gegenüber einem Medium eigentlich, dessen Auflage seit der Erfindung des Internet derart erodiert, dass im Hause Springer die blanke Angst umgeht?

Auflage Bid

„Die schreiben uns alle zwei Wochen das Stadion voll“ (Ernst-Otto Rieckhoff in einem Interview mit HSV-Arena)

Sorry, aber – Bullshit. Die BILD schreibt überhaupt nichts (mehr) voll, die schreibt höchstens leer. Wenn die Mannschaft entsprechende Leistungen abruft, bedarf es keines Boulevards, um die Arena zu füllen und spielt die Mannschaft Käse zusammen, wird es die BILD nicht schaffen, einige Tausend Besucher mehr zur nächsten Horrorshow zu locken. Dies war vielleicht mal vor 20 Jahren der Fall, heute ist das Mumpitz³.

Aber mal eine andere Frage: Wofür steht die BILD heute eigentlich? Steht sie für Spielberichte, die man woanders nicht bekommt? Steht sie für Interviews, deren Aussagen man woanders nicht lesen kann? Steht sie für fundierten, gut geschriebenen Journalismus, für Hintergrundberichte, die man an anderer Stelle vergeblich sucht?

„Ich kaufe die BILD eigentlich nur wegen des Sportteils“

Keine Ahnung, wie oft ich den Satz in den letzten 40 Jahren gehört habe, aber wofür brauche ich heute eigentlich den Sportteil der BILD noch? Denn, sein wir doch mal ehrlich, der „Sportteil“ der BILD besteht aus Gerüchten, Vermutungen, teilweise Unterstellungen und er besteht daraus, dass ihn einige Personen für ihre Zwecke benutzen.

Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Gespräche geführt, in denen mehr als ein Gesprächspartner mir teils hochbrisante Informationen (mündlich) mitteilte und als ich dann erwähnte, dass ich bei Beweisvorlage nicht zögern würde, diese Informationen zu veröffentlichen, erhielt ich mehr als einmal die Antwort:

„Sein sie mir nicht böse, aber wenn ich mich dazu entschließe, das an die Öffentlichkeit zu bringen, dann mache ich das über die BILD“ .

Tja, warum wohl? Offensichtlich, weil man der Meinung ist, über die BILD seine Ziele besser erreichen zu können. Ich jedenfalls hätte die Informationen veröffentlicht, aber garantiert bewertet und kommentiert, die BILD hingegen zündelt nur.

Was also „ist“ die BILD im Jahr 2015?

Ist sie eine Zeitung mit einem gut gemachten Sportteil? Nein, definitiv nicht.

Ist sie ein glaubwürdiges Medium? Garantiert ebenfalls nicht.

Ist sie gut gemachter Journalismus? In 100 Jahren nicht.

Ist sie ein Medium, vor dem man Angst haben muss? Nun, nur dann, wenn man sich Angst machen lässt. Bekannt ist, dass sich die BILD im Besitz der Vertragsunterlagen sämtlicher HSV-Spieler befindet, dies mag im ersten Moment eine Art Druckmittel sein. Was aber, wenn der HSV sagen würde:

„Dann veröffentlicht es doch!“ Oder noch besser, der HSV veröffentlicht selbst. In den USA heißt es, man verhandelt nicht mit Terroristen und das hat einen guten Grund. Verhandelt man einmal, wird man auch wieder verhandeln und am Ende wird es nur einen Verlierer geben.

Also, wozu dient die BILD heute? Sie dient vor allem vereinzelten Personen, das Blatt für die eigenen Zwecke zu nutzen. Die Tatsache, dass man von BILD auch als Informant bei der ersten Gelegenheit fallen gelassen wird, wenn’s der Sache dient, haben scheinbar noch nicht alle begriffen.

Wo wir gerade beim Thema Journalismus sind….

Gestern Mittag auf HSV.de

http://www.hsv.de/saison/meldungen-saison/bundesliga/saison-201516/06-spieltag/interview-mit-fci-geschaeftsfuehrer-sport-harald-gaertner-wir-verlieren-nicht-die-bodenhaftung/

Gestern Abend auf SchmocksEinöde:

http://hsv-blog.abendblatt.de/2015/09/21/der-hsv-ist-wieder-eine-monsteraufgabe/

Wenn man sich jetzt vorstellen möchte, dass der „Schreiber“ dieses Blogs diese Tätigkeit als Vollzeit-Beschäftigung ausführt, regelmäßig einmal am Tag solche abgeschriebenen Texte veröffentlicht, für die ein durchschnittlich begabter Gymnasiast ungefähr handgestoppte 8.35 min. benötigt und dann, neben seinem Gehalt vom Verlag, auch noch finanzielle Unterstützung in Höhe von Hunderttausend Euro von seinen verblödeten Lesern erhalten möchte, dann macht diese Dummdreistigkeit absolut fassungslos.