Der Stein der Weisen?

Es scheint, es gibt sie immer noch. Diejenigen, die wahrhaftig glauben, dass Bernhard Peters so etwas wie eine Zauberformel hat. Das große Geheimnis, den heiligen Gral der Nachwuchsförderung. Sie glauben, dass dieser seltsame Mann die Jugend-Weisheit mit Plattschaufeln gefressen hat, er allein weiß, wie man aus Einbeinigen Nationalspieler macht. Es ist der ganz große Plan, der mit Herrn Peters aus dem beschaulichen Sinsheim nach Hamburg kutschiert wurde.

Es scheint höchste Zeit zu sein, mit diesem Mumpitz einmal aufzuräumen!

Peters

Bevor wir ins Detail gehen, stellen wir uns eine einfache Frage: Gibt es eigentlich noch Geheimnisse im Fußball des Jahres 2015? Gibt es irgendwas (3er-Kette, 4er-Kette, 5er-Kette), worauf noch niemand gekommen ist? Geht man einmal davon aus, dass man (wie ich z.B.) an diesen ganzen Humbug der Spaßvögel von Spielveralberung.de nicht glaubt und ihre „abkippenden Halb-6er“, ihre „schwebenden Semi-Zahnzwischenräume“ und ihre „Weiträumigkeiten des Valon Behrami“ für pseudo-wissenschaftlichen Blödsinn hält, gibt es dann noch irgendwas, was noch nicht erfunden wurde? Eher nicht, oder?

Fußball ist ein einfacher Sport und je einfacher man ihn hält, umso wirkungsvoller wird er. Jemand, der diesen einfachen Sport verwissenschaftlichen möchte, der eine Akademisierung durch halb-erfundene Fachbegriffe, denen kaum jemand folgen möchte, vorantreibt, um zu kaschieren, dass man eigentlich von der Materie keinen Schimmer hat, ist fehl am Platze.

Der Hockeytrainer

Genau das aber tut Herr Peters, der in Ochsenzoll nur „der Hockeytrainer“ genannt wird. „Der Hockeytrainer“, der zwar für den Nachwuchsbereich des HSV zuständig sein soll, sein Büro aber im fernen Volkspark hat und der mitnichten jeden Tag den Weg nach Norderstedt findet. Wenn er ihn dann findet, muss er früh wieder los, weil er spätestens um 19.00 Uhr daheim bei den Lieben sein muss, man isst gern gemeinsam zu Abend. Schade nur, dass das Training der U17 und der U19 regelmäßig erst gegen 18.30 Uhr/19.00 Uhr beginnt, aber warum sollte der Verantwortliche für den Nachwuchs auch regelmäßig beim Training sein?

Dabei sollte doch eigentlich alles besser, alles strukturierter werden. Der „Experte mit Stallgerucht“ (gez. Ernst-Otto Rieckhoff), Dietmar Beiersdorfer, sollte und wollte „sein Baby“ HSV wieder ans Licht führen und installierte nicht nur sich selbst für ein Millionengehalt (Herrr Watzke in Dortmund verdient als Geschäftsführer weniger als die Hälfte), sondern auch ein Rudel Exzellenzen, angeführt von Turnbeutel-Vergesser Knäbelpeter und dem schüchternen Herrn Peters. Eben dieser Peters ist nun der eingetragene Mastermind, der Fußball-Philosoph, der Taktgeber. Er, der laut Stellenbeschreibung den Nachwuchs des Vereins auf Vordermann bringen sollte, sieht sich selbst vielmehr als Einflüsterer des Bundesliga-Trainers und des Vorstandes. Bei Berufsanfänger Zinnbauer durfte er noch, bei Labbadia ist er von Anfang an aus der Kabine geflogen, so ein verdammtes Pech.

Strukturen und angeschobene Prozesse

Wie gesagt, es sollte strukturierter werden, da draußen in Ochsenzoll. Wie strukturiert es dort mittlerweile ist, sieht man an dem Umgang mit der Person Rodolfo Cardoso. 19 Jahre ist der Argentinier mittlerweile für den Nordclub tätig und es gibt keine Position im Nachwuchsbereich, die er noch nicht ausgeübt hat. U23-Trainer, U19-Trainer, U16-Trainer, Offensivtrainer, Techniktrainer – sogar in der Bundesliga übernahm der 46-Jährige zwei Mal interimsweise Verantwortung. Den Verein und seine Besonderheiten kennt er somit in und auswendig.

Nun hat man sich – mal wieder – von Cardoso getrennt, bis auf Weiteres. Er, der kurz vor der Saison die U16 des HSV übernehmen durfte, dem man aber die drei besten Spieler aus der ehemaligen U15 (Tobias Knost, Izzet Isler und Fiete Arp) vorenthielt, weil sie den direkten Weg in die B-Jugend-Bundesligamannschaft (U17) nahmen, verlor die ersten 6 Spiele. Eine Situation, auf die Sportdirektor Peters nur gewartet hatte, er wollte Cardoso eh nie. Der Ex-Profi ist dem Fußball-Theoretiker Peters zu praxisbezogen, ein ähnliches Phänomen hatte man bereits bei U19-Coach Otto Addo. Peters möchte Trainer, die ihren Jungs Power Point-basierte Vorträge halten, die über künstlich installierte Whats App-Gruppen lustige Videos verschicken, über die sich die Jungs köstlich amüsieren.

Katastrophale Zustände

Eine kleine Geschichte am Rande. Es ist noch gar nicht lange her, da hatte die U23 des HSV während einer Saison nicht genügend Spieler zur Verfügung und ich meine damit nicht die Saison-Vorbereitung. Man fuhr zu einem Punktspiel und setzte sich die Auswechselspieler der U17 auf die Bank, damit man das Regionalliga-Spiel nicht absagen musste. Wir reden hier vom Hamburger Sportverein und nicht von der 4. Alten Herren von Grünhof Tesperhude!!!

Herr Beiersdorfer redet oft und gern davon, dass man „Prozesse angeschoben“ hätte, im Nachwuchsbereich hat man seit Peters lediglich das Chaos angeschoben.

Machen wir doch mal einen kurzen Abstecher ins „Psychologische“. Wenn ich an einem Arbeitsplatz neu bin, wenn ich den neuen Chef geben soll, wenn ich dort etwas maßgeblich verändern soll, was scheinbar vorher nicht zu 100% rund lief – wie mache ich das?

Ist es nicht so, dass man seine Leute von seinen Ideen überzeugen, am besten begeistern muss? Wenn ich eine neue Idee von einer Sache, die es bereits gab, in die Köpfe meiner Untergebenen bringen möchte, muss ich sie davon überzeugen, dass es in Zukunft so, wie ich es vorschlage, besser als vorher wird. Und zwar besser für sie, nicht für mich. Ich muss ihnen emotional den Weg zeigen, den ich gemeinsam mit ihnen gehen möchte, bei dem ich als Vorgesetzter nicht nur vorangehe, sondern bei dem ich auch als Vorbild fungieren werden. Ich werde für das Erreichen der gemeinsamen Ziele mehr tun als sie, ich werde 24 Stunden am Tag bereit sein, ihre Fragen zu beantworten, ihre Sorgen zu hören, ihnen Erklärungen zu liefern. Wenn ich das nicht nur sage, sondern lebe, dann habe ich die Chance, einen Großteil meiner Leute hinter mich und meine Ideen zu bringen.

Mit menschlicher Kälte ohne Chance

Bei Bernhard Peters scheitert dieses Vorhaben bereits am Thema Emotion. Er meint, er könnte den Prozess „befehlen“, aber man kann im Emotions-Bereich Sport nicht einfach befehlen, man muss überzeugen. Das aber kann der Mann nicht. Er veranstaltet Montags Video-Konferenzen, bei denen er selbst in seinem Büro in der Arena sitzt und seinen Trainern in Norderstedt in ellenlangen Sitzungen Spielszenen erklärt. Er, der Hockeytrainer, erklärt Fußball-Lehrern das Spiel. Wenn es dabei zu technischen Schwierigkeiten kommt, passiert es durchaus, dass Peters laut fluchend den Raum verlässt, in dem er eigentlich gar nicht sein sollte. Er sollte vor Ort sein, sollte mit seinen Leuten Auge in Auge reden. Und er sollte irgendwann einmal konkret werden, aber das wird er nie.

Auf die Frage, welches durchgängige System (denn das war ja bekanntlich das erklärte Ziel) denn nun eigentlich gespielt werden soll, kommt die Antwort: „Ich stehe für attraktiven Offensiv-Fußball“. Ach, sag bloß. Aber vielleicht ist ja genau das das „Erfolgsgeheimnis“ des Herrn P., er ist nicht greifbar. Er legt sich nicht fest, er bezieht niemals Stellung. Klappt es, hat es an seiner grandiosen Expertise gelegen. Klappt es nicht, war es der zu praxis-orientierte Trainer.

Dabei spielt auch das Benehmen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Peters ist dafür bekannt, sich wie ein kleiner Gebietsfürst zu verhalten. Spieler werden nie gegrüßt, Trainer selten. Er selbst stellte sich bei Amtsantritt auch nur einem ausgewählten Kreis vor, der Rest darf sich sein eigenes Bild vom neuen Chef machen.

Stil ist nicht das Ende des Besens!

Apropos „Offene Hose“. Wie man im Nachwuchsbereich mittlerweile miteinander umgeht, zeigt der Vorgang, bei dem ein Trainer in den Raum gebeten wurde (von Peters), in dem die Schuhe geputzt werden, um ihm dort mitzuteilen, dass seine Zeit beim HSV vorbei ist. Bis auf Weiteres…

Ein schlauer Mann hat mir einst gesagt: „Wenn du deinem neuen Chef das erste Mal begegnest, achte nicht darauf, wie er sich dem Vorstand gegenüber verhält. Achte darauf, wie er mit der Putzfrau umgeht.“

Der Eine Hü, der Andere Hot

Für Kontroversen könnte im Übrigen die unterschiedliche Auffassung über Qualifikation und Herkunft der Nachwuchs-Choaches sorgen. Während Vorstandsboss Beiersdorfer am liebsten so viele Ex-HSV-Spieler wie möglich in den Trainerstab integrieren möchte (neben den Neuen Mahdavikia und Reinhardt sollen ja bekanntlich auch noch Jarolim und Drobny folgen), steht Sportdirektor Peters mehr auf Akademiker. So ist es dann wenig verwunderlich, wenn Peters die ersten Gelegenheiten, die verdienten Ex-Spieler wieder loszuwerden, ohne Skrupel nutzt (Addo,Yilmaz und Cardoso). Wie lange sich der Chef dieses Verhalten angucken wird, ist spannend. Weniger spannend ist der tatsächliche Grund für die Rückkehr des ehemaligen Sportvorstandes Bastian Reinhardt. Während sich Reinhardt im gestrigen Blog SchmocksEinöde von der romantischen Seite zu zeigen versuchte („In jedem Fall habe ich gemerkt, dass mir da zu viel Politik drin ist. Es war nicht so mein Ding, nur im Büro und am Telefon zu sitzen. Ich habe in dieser Zeit gemerkt, dass ich mit dem Fußball noch nicht so abgeschlossen hatte, wie ich das erwartet hätte“, sagt Reinhardt, der mittlerweile Vater einer kleinen Tochter geworden ist. Der Rasen, der Geruch in der Umkleidekabine – das hat mir gefehlt. Und die Arbeit mit den jungen Spielern macht sehr viel Spaß.“), liegt die Wahrheit woanders. Tatsache ist, dass Reinhardt einen alten HSV-Vertrag in der Tasche hatte, der ihm das Recht auf einen Trainerjob beim HSV einräumte, sobald er die A-Lizenz erworben hatte. Also weniger die romantische und doch mehr die finanzielle Schiene, denn der HSV dürfte besser bezahlen als der TSV Niendorf.

Auf jeden Fall wird man als Außenstehender am weiteren Schicksal der Ex-Profis gut ablesen können, wer beim HSV die Entscheidungen trifft.

Was für ein Traumjob

Bei all diesen Betrachtungen kann man es drehen und wenden, wie man möchte – Bernhard Peters hat den besten Job im Verein. Er ist nicht greif -und nicht messbar. Sollten irgendwelche Spieler in den nächsten Jahren den Sprung in den Profi-Fußball machen, ist es sein Verdienst. Wenn nicht, haben die Trainer versagt. Er kann schalten und walten wie er möchte, Vorstand Beiersdorfer hält sich schön raus aus der Sache. Er kann sich wie eine offene Hose benehmen, seine Badelatschen tragen bis sie auseinander fallen und er kann zum Abendessen zuhause sein, keinen interessiert es, weil er nicht messbar ist. Ein Trainer wird an der Punkteausbeute gemessen, ein Vorstandsvorsitzender am Gesamtergebnis. Latschen-Bernie philosophiert ein wenig in der Gegend rum, stellt den Personal-Trainer von Lewis Holtby nach einem Vortrag mal schnell als neuen Jugendtrainer ein und keiner will wissen, warum.

Die Versager-Parallelität

So gesehen geht Peters den gleichen Weg wie MarketingHilki, denn der muss auch keine Erfolge vorweisen. Bei dem klappt es ja auch, dass er nach mehr als 4 Jahren alte Hoffmann-Verträge verlängert und sich dafür in den informierten Medien abfeiern lässt. So geschehen im gestrigen Welt-Artikel, geführt von Puck Sonnleitner. Hier weiß der smarte Achim mit verblüffenden Erkenntnissen zu glänzen.

„Entscheidend ist nicht der sportliche Misserfolg an sich, sondern wie die Marke damit umgeht. Beweist die Marke im Zeitpunkt des Misserfolgs Stärke, Charakter, Teamgeist und Klasse, kann sie sogar Imagepunkte gewinnen“.

Dazu zwei Anmerkungen.

  1. Lieber großer Unsichtbarer, wollen sie mir jetzt ernsthaft erklären, dass der Hamburger Sportverein in den letzten 4 Jahren am Abgrund der Katastrophen sowas wie Klasse, Stärke und Charakter gezeigt hat? Sie sind zwar bekannt für ihren unterdurchschnittlichen Humor, aber das schlägt dem Fass den Boden aus.
  2. Ich habe seit mehr als 25 Jahren mit „Marken“ zu tun und ich muss ehrlich gestehen, dass ich einen größeren Schwachsinn selten gehört habe.

Aber, schlau wie sie sind, berichtigen sie sich im Verlauf des Textes ja mal wieder.

„Im Profifussball gibt es wenig bis gar keinen Ersatz für sportlichen Erfolg“

Ja, sach bloß. Welch Erkenntnis.

MarketingHilki

Hierzu passt eine Stellungnahme von Daniel Jovanov vom heutigen Tag.

Ein Bericht über Marketingvorstand Hilke.

„Nachgefragt, wie denn das ramponierte Image – neben schlechten Ergebnissen führten diverse Fehltritte und Eskapaden von HSV-Protagonisten hierzu – zur globalen Marke Emirates passe, antwortet Hilke gegenüber der „Welt“: „Entscheidend ist nicht der sportliche Misserfolg an sich, sondern wie die Marke damit umgeht. Beweist die Marke im Zeitpunkt des Misserfolges Stärke, Charakter, Teamgeist und Klasse, kann sie sogar Imagepunkte gewinnen.“

„[…] Es sind Hilkes Ex-Kollegen von Sportfive, in deren Abhängigkeit sich der hoch verschuldete Verein mit auf viele Jahre abgetretenen Marketingrechten begeben hat. Die einzige Chance, die der Verein besitzt, aus diesem Teufelskreis herauszukommen, besteht also darin, sportlich erfolgreich zu sein und irgendwann einmal wieder sorgenfreies Geld aus dem Europapokal-Pott zu generieren. Über den Ex-Präsidenten Carl-Edgar Jarchow, unter dessen Ägide Hilke immerhin vier Jahre lang Vize war, der das ganze Fiasko mit zu verantworten hat, möchte er nichts sagen.

Lieber über Vereinsikone Dietmar Beiersdorfer, der nun seit Sommer 2014 die schwarz-weiß-blauen Geschicke lenkt. „Dietmar Beiersdorfer hat bei seinem Amtsantritt zurecht festgestellt, dass der HSV in vielen Bereichen seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hat“, sagt Hilke. „Wir sind seitdem dabei, in allen Bereichen eine neue Statik einzuziehen.“ Dann schließt er ehrlich: „Im Profifußball gibt es wenig bis gar keinen Ersatz für sportlichen Erfolg.“

Der Mann im „Hintergrund“ rückt zunehmend in den Vordergrund. Das ist eigentlich nicht sein Ding gewesen. Nur im Falle des Erfolges.

Der HSV hat seine Wettbewerbsfähigkeit verloren, stellt Beiersdorfer treffend fest. Doch noch nie wurde erwähnt, dass auch Hilke dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Der Aufsichtsrat honoriere seine Arbeit trotzdem mit einer Vertragsverlängerung. Sowas kann wirklich nur der HSV.

Prozesse angeschoben? Strukturen verändert? Ich lach mich tot.