…im Fall Bruno Labbadia könnte man auch sagen: zu beliebt. Mehr als einmal hat der sympathische Trainer seinen Vorgesetzten in den letzten Monaten den Arsch gerettet, als diese sich mit Unsichtbarkeit (Beiersdorfer) oder rucksäcklicher Vergessleichkeit (Knäbel) zur Zielscheibe machten. Er spielte nicht nur den Übungsleiter, sondern zeitgleich auch noch den Vereins-Boss, den Mediendirektor und den Sportchef. Da es den Exzellenzen auch nach 1 1/2 Jahren und der Hilfe von sündhaft teuren Workshops nicht gelungen ist, ein neues Vereinsbild respektive eine herbeigesehnte Club-Philosophie heraus zu arbeiten, ist Pretty-Bruno auch dafür zuständig.

Labbadia ist in diesen Tagen das Gesicht des Hamburger Sportvereins und dies passt einigen Herren in der Führungsetage des Vereins nicht so richtig, wie man hört. Hier wurde bzw. wird der Retter der letzen Saison immer noch als das Plaster und nicht als das Heilmittel des Vereins gesehen. Bruno hat das Leiden gestoppt und den Todesfall verhindert, aber um aus einem Todeskandidaten einen Leistungssportler zu machen, dafür fehle es ihm an etwas. Immerhin war Labbadia im Frühjahr auch nicht der Plan A (Tuchel), noch nicht mal Plan B. Er war einfach nur der Einzige, der sich dieses Himmelfahrtskommando antun wollte.

Jetzt aber spielt Labbadia überraschenderweise eine vernünftige Hinrunde und dies war so nicht geplant. Hinzu kommt, dass er auf die Assistenz von Profitrainer-Einflüsterer Peters gänzlich verzichtet, was diesen nicht eben lustig stimmt. Und noch schlimmer – Labbadia ist beliebt. Er kommt bei den Fans authentisch rüber, er wirkt extrem fokussiert und engagiert und bei den etwas dünner angerührten Fahnenschwenkern kommt seine permanente Homage an die Stadt Hamburg auch richtig toll an. Bruno – einer von uns.

Ein weiterer Punkt – Labbadias Vertrag läuft am Ende der Saison aus und es wäre ein Leichtes, diesen Vertag zum jetzigen Zeitpunkt zu verlängern. Man könnte sich im Gegensatz zu den vergangenen Jahren auf einen Ein-Jahresvertrag einigen, mit Option seitens des Vereins, danach zu gleichen Konditionen zu verlängern, aber man tut es nicht. Man erklärt, dass man erstmal die Entwicklung abwarten möchte, aber worauf genau wartet man eigentlich?

Damit der freundliche Übungsleiter, der gebetsmühlenartig und völlig zu recht immer wieder auf den tatsächlichen Entwicklungsstand der Mannschaft hinweist und Demut predigt, nicht zu selbstsicher und übermütig wird, wird aus dem Hintergrund heimlich, still und sukzessiv der Druck und die Erwartungshaltung erhöht. Im Moment erscheint es noch kaum merklich, aber der aufmerksame Beobachter wird es registrieren. So ließ sich der wie aus dem nichts aufgetauchte Vorstandsvorsitzende KingDidi in der BILD zitieren.

Beiersdorfer: „Hoffenheim war für uns ein Spiel, ……. – und ein bisschen nach oben schauen zu können“.

Soso, jetzt möchte also Didi, der in seiner Amtszeit bisher noch absolut nichts auf die Reihe bekommen hat, „ein bisschen nach oben schauen“. Interessant. Man kann schon fast erahnen, was als Nächstes kommt. Dann wird nämlich dezent drauf hingewiesen, welch ungeheure Transfer-Anstrengungen man in den letzten drei Transferperioden unternommen hat und dass irgendwann auch mal etwas dabei rauskommen müsste. Wetten?

Die Kumpels von der BILD jedenfalls haben den Doppelpass bereits mit Freude aufgenommen.

BILD: „Der HSV kann fast schon wieder von Europa träumen“

Europa also. Hätte man in Hoffenheim verloren, würde man mit 11 Punkten und 4 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz auf Tabellenplatz 12 stehen, aber so kann man natürlich „von Europa träumen“, Labbadia wird im Strahl reihern, wenn er diesen Mumpitz liest. Denn er ist derjenigen, der den Humbug relativieren muss, der sich bei den euphorisierten Anhängern dann unbeliebt macht, wenn er nicht auf den Europa-Zug aufspringt. Hilfe von seinen Chefs kann er (wie immer) nicht erwarten, das kennt er bereits.