Das Schicksal ist eine launische Schlampe und der Umstand, dass der HSV vom Schicksal eingeholt wurde, hat mehrere Gründe. Bereits in der Halbzeitpause schrieb ich gestern bei Facebook: „Wenn sich das am Ende mal nicht rächt…“ und so kam es dann auch? Bin ich nun schlauer als alle anderen oder gar hellsichtig veranlagt? Garantiert nicht, ich kann nur beobachten. Die Art und Weise wie der HSV in der ersten Hälfte gegen nicht mal Zweitliga-tauglichen Hannoveraner seine Chancen liegen ließ, musste sich am Ende rächen, denn so ist normalerweise Fußball. Wenn du vorn zu blöd (oder zu überheblich) bist, wird sich das früher oder später hinten rächen.

Dabei gibt es, wie bereits geschrieben, mehrere Gründe für das, was gestern passierte und was auch in Zukunft passieren wird.

Da ist zum Einen die mentale Grundeinstellung der Mannschaft, aber eben auch des Vereins. Während die einschlägigen Hofberichterstatter nach 14 Punkten und 9:13 Toren aus 10 Spielen davon schwafelten, dass der HSV demnächst von Europa würde träumen dürften und noch etwas dünner angerührte Journalisten-Darsteller etwas von „Ich mag diese Langeweile – ich nenne sie sogar Fortschritt“ laberten, legt sich nach und nach so etwas wie Selbstzufriedenheit wie lähmender Mehltau über den Verein. Alle reden sich ein, es sei doch alles supi und auf dem richtigen Weg, der Profifußballdirektor hat auf einmal keine Angst mehr vor dem Gang ins Stadion und der leichenblasse Vorstandsvorsitzende gibt Interviews (goal.com) die mehr als deutlich machen, dass dieser Mann und damit dieser Verein keine Visionen hat.

Man hat sich wunderbar eingemuggelt im gut geheizten Volkspark und guckt dann mal, wie es weitergeht. Das, was in einem Unternehmen von der Führungsspitze vorgelebt wird, setzt sich bis in die Poststelle durch und vorgelebt wird trügerische Selbstzufriedenheit. Man kann gegen einen Bernd Hoffmann sagen was man will, aber er peitsche diesen Verein unnachgiebig nach vorn. Stillstand ist in diesem Business Rückschritt, aber KingDidi scheint es wichtiger zu sein, von allen liebgehabt zu werden als die Schlagzahl zu erhöhen. In den letzten 4 Jahren gaben nur 4 Bundesligisten (Bayern, Wolfsburg, Dortmund, Leverkusen) mehr Geld für Transfers aus als der HSV (über € 93 Mio.) und der große Vorsitzende, der selbst mit mehr als der Hälfte dieses Geldes jonglierte und dieses nachhaltig verbrannte (ca. € 53 Mio.) spricht davon, dass sein Verein nach wie vor ein Sanierungsfall ist. Wie passt das alles zusammen?

Interessant wird es sein, wenn man hört, was Investor Klaus-Michael Kühne zu der (Nicht)-Entwicklung des Vereins sagt, denn diese Art von „Fortschritt“ muss einen Macher wie ihn zur Weißglut treiben. „Haben wir angeschoben“, „die Prozesse wurden eingeleitet“, „darüber kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen“. Bla bla bla nach 1 1/2 Jahren.

Aber neben den mentalen Problemen der lähmenden Selbstzufriedenheit gibt es auch noch einige fußballerische Gründe für den Stillstand. Der Umstand, dass Labbadia neben einem Plan A eigentlich nie einen Plan B zu haben scheint, wird immer auffälliger. Der HSV ist in der Lage, vom Anpfiff an einen vorgegebenen Stiefel zu spielen, aber weder Mannschaft noch Trainer scheint fähig zu sein, im Verlauf einer Partie reagieren zu können. Der HSV ist eindimensional, statisch und leicht auszurechnen. Wer einen Gegner wie gestern Hannover selbst bei optimalem Spielverlauf (schneller Führungstreffer) nicht leicht und locker nach Haus schicken kann, wird im Verlauf der Saison erneut gegen den Abstieg spielen und dann wird die Angst des Direktors vor dem Stadion schneller wieder auftauchen als der verschwundene Rucksack.

Ein weiterer Grund und dieser kann sich für Bruno Labbadia im Verlauf der Saison noch zum Boomerang entwickeln: Sein Kadaver-Gehorsam zu einigen Spielern.

Was ein Mathias Ostrzolek getan haben muss, damit er nach 1 1/2 Jahren und nicht einem wirklich guten Spiel für den HSV immer noch gesetzt ist, werde ich in diesem Leben nicht mehr verstehen. Der Mini-Holtby, auf jedem Kabinen-Selfie in Reihe 1, ist kein Bundesliga-Fußballer und ist Sakai tatsächlich noch schlechter, muss man Labbadia und Beiersdorfer attestieren, den nächsten Transferflop gelandet zu haben.

Bei Nicolai Müller habe ich den Eindruck, er dürfte auch mit einem Bein spielen, dabei ist der Ex-Mainzer seit seinem Wechsel nach Hamburg ein Schatten bzw. eine Karikatur seiner selbst. Dagegen sitzt ein Zoltan Stieber seit Saisonbeginn auf der Tribüne, wohl deshalb, weil Labbadia einfach keinen Bock auf ihn hat.

Fast identisch der Gleiche gilt für Peter-Michael Lasogga, der Meister der großen Geste und selbsternannte Mittelstürmer der deutschen Nationalmannschaft. Was Artjoms Rudnevs verbrochen hat, bleibt wohl das Geheimnis der Exzellenzen, aber weniger Tore als Lasagne schießt auch er nicht. Warum gibt man eigentlich einem 19-jährigen Altintas nicht einmal eine Chance für die letzten 15 Minuten, schlechter humpeln als Olic kann er auch nicht.

Und zum Schluss – Emir Spahic. Sperre abgelaufen, Verletzung auskuriert, Spahic spielt. Dabei ist der Bosnier eben nicht der Gott des Aufbauspiels, sondern eine ständiges Sicherheitsrisiko. Wenn man einem 23-jährigen Clèber unterstellt, er würde zu risikoreich spielen, was tut dann der Emir? Er ist in fast jeder Partie für einen Elfmeter oder eine gelb-rote Karte gut, aber er spielt,  da kann Clèber machen, was er will.

Holt man Punkte, kann man das alles verargumentieren, weil dann den Bankdrückern die Gründe fehlen. Punktet man aber nicht, muss man Erklärungen liefern und das dürfte im Verlauf der Saison schwerer und schwerer fallen. Unser Didi aber wird garantiert demnächst mal wieder etwas von angeschobenen Prozessen husten und dann legen sich alle wieder hin.

Läuft doch….