Keine Frage, Bruno Labbadia hat sich um den Hamburger Sportverein verdient gemacht. Er hat den Verein sechs Spieltage von Ende der Saison 2014/15 auf dem letzten Tabellenplatz liegend übernommen und erfolgreich durch die Relegation geführt. Das er dabei nur der Plan B oder sogar der Plan C der Exzellenzen war, egal. Vielleicht war er auch nur der Einzige, der das Risiko, als erster Trainer mit dem Bundesliga-Dino abzusteigen und damit in den Geschichtsbücher einzugehen, einzugehen bereit war. So gesehen hat er eigentlich nicht den HSV gerettet, er hat eigentlich die geldvernichtenden Granden gerettet, die auch heute,  1 1/2 Jahre nach ihrer überteuerten Inthronisierung jeden Beweis ihres Könnens schuldig geblieben sind.

Bruno

Die Frage, die sich nun alle gestellt haben, lautet: Kann Labbadia (nur) retten oder er kann er auch entwickeln? Kann er aus dem vorhandenen bzw. für reichlich Geld eingekauften Spielermaterial (was für ein ätzendes Wort) das Optimum herausholen? Kann er eine eigene Spielphilosophie entwickeln oder kann er nur reagieren lassen. Kann er junge Spieler erfolgreich in die Mannschaft integrieren und weiterentwickeln? Denn am Ende werden es diese Fragen sein, die man beim HSV mit Ja beantworten muss, wenn man über eine Vertragsverlängerung nachdenkt. So sinnvoll eine längerfristige Bindung an einen Übungsleiter auch sein kann (und der HSV hatte in den letzten Jahren wahrlich genug Fluktuation auf diesem Posten), so sehr müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen.

Zu Verlängern nur um zu verlängern kann keine Lösung sein. Sie kann den Granden vielleicht kurzfristig zu positiver Presse verhelfen, die diese angesichts der bevorstehenden Meldung über das erneute Millionen-Minus dringend brauchen, aber sie würde dem Verein nicht helfen. Und so stellt sich die Frage, warum man ausgerechnet jetzt mit dem Trainer verlängern möchte/muss. Hat man Befürchtungen, dass Labbadia während der Rückserie Angebote von Chelsea oder Sevilla bekommen und dem HSV den Rücken kehren könnte? Wohl kaum.

Verlängert man jetzt, sieht es nach purem Aktionismus aus, nach dem verzweifelten Versuch, in Zeiten der Abwärtsspirale eine positive Meldung kreieren zu wollen. Denn, sein wir doch mal ehrlich und nehmen die rosa Vereinsbrille ab – was genau ist eigentlich im Vergleich zur Vorsaison wirklich besser geworden? Drei Punkte mehr auf dem Konto, zumeist ein vergleichbarer Folterfussball,  offensive Zufallsprodukte, keine Nachwuchsspieler (Gregoritsch mal ausgenommen) eingebaut, immer die gleichen Lieblinge (Ilicevic, Osterzolek) in der Startelf. Ehrlich, die Entwicklung, die ich gern gesehen hätte,  kann ich nicht erkennen.

Knäbel

„Bruno Labbadia ist für den HSV genau der richtige Mann, weil er die Werte lebt, die den Verein aus der aktuellen Situation möglichst weit nach oben bringen können“ (P. Knäbel)

Schön Worte, Knäbelpeter. Für mich stellt sich nur die Frage: Welche Werte sind das eigentlich? Erklären sie doch mal, anstatt mit Worthülsen um sich zu schmeißen. Nach 1 1/2 Jahren ist der Vorstand des HSV nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe ein Leitbild zu formulieren und sie reden von „Werten“.

Hut ab, solche Nerven hätte ich auch gern.

 P.S.

“Prickelnd ist das nicht”, sagte Magath, der vor allem die gesunkene Erwartungshaltung für die vorherrschende Zufriedenheit verantwortlich macht. Wird wohl so sein. Wenn man trotz Transfers von über € 56 Mio. in zwei Jahren absolut nichts mehr erwartet, kann man auch mit Mist zufrieden sein. Sportlich. finanziell, kommunikativ und strukturell.