Scheint so, als wäre es einigen Herren beim HSV tatsächlich zu langweilig geworden. Platz 9, 6 Siege, 3 Unentschieden, 6 Niederlagen – die Hamburger sind das personifizierte Mittelmaß. Dies soll an dieser Stelle gar nicht mal negativ klingen, es ist vielmehr nach den Erfahrungen der letzten Jahre eine Art wohltuende Gleichförmigkeit, zumal die Mannschaft zumindest temporär in der Lage ist, sowas wie Fußball zu zeigen. Könnte man in den letzten beiden Partien der Hinserie noch 3 Punkte aus dem Heimspiel gegen den FC Augsburg mitnehmen, es wäre aus Sicht des HSV eine erfreuliche Halbsaison 2015/16 gewesen.

Aber der HSV wäre nicht der HSV, wenn es über einen längeren Zeitraum ruhig bleiben würde. „Wenn es dem Esel zu gut geht, dann begibt er sich auf’s Eis“ lautet eine alte Volksweisheit und so scheint es einigen Herren in diesen Tagen tatsächlich zu gut zu gehen. Damit meine ich gar nicht mal die Spieler, die in dieser Zeit die Schlagzeilen beherrschen, sondern ich meine die über 45-Jährigen, denen man eigentlich mehr Hirn und Erfahrung zugetraut hätte. Nachdem sich der chilenische Copa-Gewinner Marcelo Diaz nach dem Spiel gegen Mainz in der Mixed-Zone Luft machte und über seine aktuelle Gefühlslage Auskunft gab, fühlten sich einige Würdenträger des Vereins prompt bemüssigt,  ihren Senf dazu abzugeben. Zur Erinnerung, was hatte Diaz gesagt:

„Ich bin sehr unzufrieden“. Er habe weniger als 40 Prozent der möglichen Einsatzminuten bekommen, rechnete er vor, „das kann man mit einem Kind machen, aber nicht mit mir“. Es kommt mir vor, dass nicht die besten Spieler spielen“. Die Entscheidung ist gefallen. Egal, was sie mir sagen: Ich möchte im Winter gehen.“

Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob man sowas direkt nach dem Spiel einem wartenden Journalisten gegenüber äußert, aber Diaz erklärte ja auch, dass es diesbezüglich schon einige Gespräche mit Trainer und Sportchef gegeben hätte. Offenbar sind diese Termine aber nicht in Diaz‘ Sinn verlaufen, deshalb jetzt diese Flucht nach vorn. Ok, muss man nicht machen, zumal der Chilene mit 28 Jahren auch kein Nachwuchskicker mehr ist. Was dann aber von Seiten des Vereins und hier besonders vom Profifußball-Direktor und dem Trainer „geantwortet“ wurde, deckt einiges auf. Da wäre zuerst einmal Herr Knäbel:

„Der HSV zahlt jeden Monat pünktlich gute Löhne. Da können wir erwarten, dass sich alle Spieler voll reinhauen.“

Mit dieser Aussage bedient Knäbel natürlich genau die Klientel, die er bedienen möchte. Dümmlich wird die bei den Fans beliebte „Geld-Karte“ gespielt und der Beifall der Idioten ist dem Rucksack-Verlierer gewiss. „Genau, mich fragt auch keiner, ob ich morgens Bock auf Arbeit habe. Scheiß-Millionäre“. Mit dieser Argumentation zieht Knäbel die Diskussion auf Knöchelhöhe runter, aber – der Mob jubelt ihm zu und darum geht es schließlich.

Aber auch die Aussage Labbadia’s gibt zu denken, nämlich dann, wenn man über das Leistungsprinzip nachdenkt.

„Marcelo bildet kein gutes Pärchen mit Lewis Holtby – und Lewis hat sich nun mal in der Vordergrund gespielt. Die beiden harmonieren einfach nicht“

Ach so ist das. Es geht gar nicht darum, ob Diaz gut oder schlecht spielt, aber er harmoniert nicht mit dem unvermeidlichen Lewis Holtby. Es geht also nur darum, dass Holtby spielt und wer neben ihm funktionieren kann. Nach Meinung des Trainers kann Diaz das nicht und für den Chilenen stellt sich die Situation als so dar, dass er nicht spielen wird, so lange Holtby spielt, weil er eben nicht zu diesem passt. Für einen Südamerikaner, der den Verein vor dem größten Desaster der Vereinsgeschichte gerettet hat und der dafür mit Sicherheit sowas wie Dankbarkeit voraussetzt, ein unerträglicher Zustand.

Für die Mannschaft bedeutet es: Spielt Holtby (und der spielt immer, egal wie), spielt Copa-Sieger Diaz nicht. Ganz egal, wie sehr er sich im Training anbietet.

Leistungsprinzip die Zweite.

Für Stammleser ist es kein Geheimnis mehr, ich bin kein Fan von Emir Spahic. Ich finde den Spieler zu langsam, zu unkontrolliert im Zweikampf und zu unberechenbar im täglich Umgang. Nun war der Bosnier verletzt und der oft gescholtene Brasilianer Clèber macht seine Sache besser und besser. Schnell, extrem kopfballstark und wesentlich weniger risikoreich als vorher. Aber  – der Emir ist gesetzt.

Bruno Labbadia: „Emir ist grundsätzlich ein Spieler, der bei uns gesetzt ist.“

Keine Ahnung, warum. Denn, so überragend und unantastbar agierte der 35-jährige Bosnier nicht. Hinzu kommen seine Prügel-Drohung gegenüber Holtby und die Backpfeife gegen Lasogga, das alles in nur 5 Monaten, von seiner Vorgeschichte ganz zu schweigen. Die Frage ist aber, welche Zeichen ich mit solchen Aussagen (Holtby und Spahic) an die Mannschaft sende. Für beide „Stellvertreter“, Clèber und Diaz bedeutet das, das sie eigentlich keine Chance haben, falls sich keiner von den Gesetzten verletzt oder gesperrt ist. Aber noch besser – denn kehren die Unberührbaren zurück, sind sie automatisch wieder im Team. So ähnlich hat Labbadia dies während seiner ersten Amtszeit in Hamburg schon mal gehandhabt und das Ergebnis ist bekannt.

Jetzt aber wird’s lustig, denn gerade erreicht mich folgende Twitter-Nachricht:

Jung bricht das Training mit Leistenproblemen verletzungsbedingt ab.

Ach du heilige Scheiße, Bruno, was denn nun? Holtby und Diaz passen ja bekanntlich nicht zusammen, Kacar, Ekdal und Jung sind verletzt. Wird jetzt gegen den VFL Wolfsburg extra das System verändert, damit man der unsäglichen Konstellation Holtby/Diaz aus dem Weg gehen kann? Oder geht der Trainer das Holtby/Diaz-Risiko ein und muss eventuell anschließend realisieren, dass es vielleicht doch geht? Was dann?

Für mein Empfinden spielt der Trainer des HSV ein immer gefährlicheres Spiel und dabei muss ich nicht mal bis zu den Spielern Rudnevs und Stieber denken. Fährt der HSV die Punkte ein, wird die Presse stillhalten. Wenn nicht, kann es relativ schnell relativ unangenehm werden, zumal jeder die Leistungen der Spieler (Stieber, Clèber) gesehen hat und beurteilen kann.

P.S. Für alle, die den restlichen Müll in SchmocksEinöde nicht konsumieren, hier (mal wieder) ein bemerkenswerter Beitrag des Users „Kerberos“, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Natürlich wurde Kerberos von den Schwachköpfe in der Einöde dafür beleidigt.

Bewundernswert; wie hier im Blog von Vielen immer wieder versucht wird, unangenehme Themen zum HSV in die Zukunft zu verschieben, um dann später nur noch lapidar feststellen zu dürfen „Alles doch Schnee von Gestern“ und man müsse nun endlich in die Zukunft schauen. Lieber tauscht man sich da natürlich in epedemischer Breite im Blog darüber aus, ob die Wortfindungsstörungen des Vorstandsvorsitzenden diesen nun eher sympathisch oder doch eher lächerlich wirken lassen. Klar, ist ja auch ein Qualitäts-Blog.
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Aber zur Sache: um die Arbeit des Vorstands für die hier in Rede stehende Saison 14/15 zu beurteilen braucht es eben so wenig einer detaillierten Bilanzanalyse, wie die Führungskräfte des HSV den unmaßgeblichen Rat einiger Blog-Kommentatoren als selbsternannte Finanz-Überflieger benötigen. Da hebt sich wirklich das Eingeständnis der ökonomischen Inkompetenz des Hr Scholz wohltuend ab und man wünschte sich, dass so manch einer der sich hier produzierenden Kommentatoren auch zu einer solch ehrlichen Selbstreflexion in der Lage wäre und einfach schwiege.
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Kriterium für die Beurteilung der Arbeit des Vorstands des HSV für die Saison 14/15 ist doch wohl objektiv nachvollziehbar einzig, ob der Vorstand die von ihm ausgegebenen und in der Prognose der Bilanz zum 30.06.14 veröffentlichten Ziele für die Saison 14/15 hat erreichen können; das sportliche Abschneiden und das Bilanzergebnis also mit der – schließlich auch von den Eigentümern goutierten – Prognose korrespondieren.
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Prognosebericht (Konzern ungekürzt und im Wortlaut; unter Pkt. 6 der Bilanz zur Saison 13/14)
„In den Planzahlen der Saison 2014/15 wird davon ausgegangen, dass die Mannschaft am Ende der Bundesliga-Spielzeit den 10. Tabellenplatz belegt. Im DFB-Pokal ist ein Ausscheiden in der 2. Runde unterstellt.
Aufgrund der erheblichen Investitionen in den Spielerkader ist mit einer deutlichen Erhöhung der Kaderkosten und Abschreibungen zu rechnen. Demgegenüber stehen deutlich höhere Transfererlöse. Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Verlust vor Steuern im Geschäftsjahr 2014/15 auf 3 Mio Euro bis 5 Mio Euro reduziert werden kann. Dies steht planungsgemäß jedoch unter der Voraussetzung des Neuabschlusses der Werbeverträge. Gemäß der Liquiditätsplanung ist eine ausreichende Liquidität während des gesamten Geschäftsjahres gegeben.“
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Sportlich hat dieser Vorstand seine Ziele eigentlich nur insofern umsetzen können, als der HSV tatsächlich nach heroischem Kampf in Cottbus tatsächlich in die 2. Runde des DFB-Pokals einziehen konnte; über den Rest sei besser der Mantel des Schweigens ausgebreitet.
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Finanziell hat der Vorstand seine Planungsziele mit einem Bilanzverlust von 16,9 Mio Euro um 250% bis 450% verfehlt. Krachend verfehlt wäre hier noch eine geschmeichelte Umschreibung dieses Desasters. Ein Vorstand, der in diesem Maße seine Unfähigkeit zur Unternehmensplanung und/oder zur Umsetzung seiner Planung dokumentiert, muss zwingend nebst seiner gesamten Führungsriege sofort seinen Hut nehmen. Dieser Vorstand hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er offenkundig in seinen „Prognosen“ mehr fabuliert, als dass er in der Lage ist, eine belastbare Vorschau in die Unternehmensplanung für die Zukunft zu geben. Dies erinnert mehr an „Flippern“ als an seriöse Unternehmensführung.
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Und in der Prognose des Vorstands mit einem Verlust von 3 Mio bis zu 5 Mio Euro ist die Kostenseite bereits nahezu vollständig transparent erfasst; die „Sünden der Vergangenheit“ waren bereits explizit in diese Prognose eingepreist und die widrigen sportlichen Umstände hinreichend berücksichtigt. Hohe Kaderkosten (siehe auch Pkt. 4 der Bilanz 13/14) durch Neuverpflichtungen und „Altlasten“, hohe Abschreibungen auf Spielerwerte und selbst die Abfindung von Hr. Slomka fanden bereits konkret expressis verbis Eingang in diese „Prognose“. Alles ebenso bekannt und Grundlage dieser „Prognose“ wie auch die exorbitanten (als „Altlast“ übernommenen) Personalkosten für Handel und Verwaltung. In diesem Wissen und auf Grundlage dieser belastenden Kostenfaktoren prognostizierte dieser Vorstand dennoch eine Reduzierung des Bilanzverlusts auf 3 Mio bis 5 Mio Euro. Genau so ist es in der Bilanz 13/14 verbrieft.
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Es sind auch keine unvorhersehbaren Ereignisse eingetreten, die eine Umsetzung der Planung hätten unmöglich machen können oder exorbitante Kosten nach sich gezogen hätten. Weder fiel das Stadion einem Erdbeben zum Opfer noch wurde der Spielerkader durch eine Epedemie dahingerafft.
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Unerheblich ist auch das Ausbleiben von Investoren für Anteilskäufe. Diese Position wird von der Gewinn- und Verlustrechnung gar nicht erfasst und kann daher auch in keinster Weise mitverantwortlich für den Bilanzverlust von 16,9 Mio Euro sein.
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Ähnliches gilt auch für den in dieser „Prognose“ vorausgesetzten Neuabschluss von Werbeverträgen. Ein für die Zukunft abgeschlossener Werbevertrag wird wirtschaftlich abgegrenzt und entfaltet in der Regel seine bilanzielle Wirkung selbstverständlich als Ertrag lediglich verteilt über seine Laufzeit in der Zukunft; ganz gleich, wann wie viel Geld fließt. Ein Vorgriff auf künftige Werbeeinnahmen stellt daher in der Regel auch keinen Ertrag für das laufende Geschäftsjahr dar.
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Unvorhersehbare Einnahmerückgänge durch Zuschauerschwund auf Grund sportlicher Minus-Leistungen waren nicht zu verzeichnen und um die abschmelzenden TV-Einnahmen durch die schlechten Platzierungen in der Vergangenheit war man bestens informiert. Alles also kalkulierbar.
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Nichts, wirklich Nichts bleibt eigentlich, um diesen Vorstand für das desaströse Verfehlen seiner Prognose zu entlasten. Und es bedarf keiner dedizierten Bilanzanalyse um festzustellen: entweder hat der Vorstand in der Bilanzplanung und/oder in der Planungsumsetzung vollständig versagt. Und es sollte zu Gunsten des Vorstands davon ausgegangen werden, dass es sich beim Handeln des Vorstands „nur“ um ein durch Inkompetenz veranlasstes Komplett-Versagen handelte. Denn wäre ein solch immenser Ergebnisverlust von 16,9 Mio bereits auf Grund der Rahmenbedingungen (Ausgliederung/Altlasten und damit verbundenen und kalkulierbaren Investitionserfordernissen) vorhersehbar gewesen, dann müsste im Umkehrschluss der Vorstand die Eigentümer der AG bereits in der Bilanz 13/14 mit der dort ausgewiesenen Verlustprognose von 3 Mio bis 5 Mio Euro wissentlich getäuscht haben. Daran mag man gar nicht denken; gewisse Erklärungsversuche der Herren Gernandt und Wettstein sollte man daher auch besser als unglücklich und missverständlich ausblenden.
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Dieser Vorstand hat insofern die Mindesterfordernis an die Arbeit eines Vorstands nachweislich nicht erbringen können – er muss daher schleunigst ersetzt werden. Und dies nicht etwa, weil er in der Vergangenheit zu viele Fehler beging oder gar auf ganzer Linie versagt hat und nun das Prinzip „Schuld und Sühne“ greifen muss, sondern weil er in der Gesamtheit seines Handelns (Planung und Umsetzung von Zielen) seine Unfähigkeit zur Unternehmensführung unter Beweis gestellt hat und damit für die Zukunft des HSV untragbar geworden ist.
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Man kann sich für diesen Vorstand nur die eingangs erwähnte Einsicht des Hr. Scholz und dessen Fähigkeit zur Selbstreflexion wünschen und hoffen, dass der Vorstand erkennt und von sich aus erklärt: wir können es leider nicht und übergeben zum Wohle des HSV an ein kompetentes Führungsteam.

Aber hier ist der folgende Kommentar eine Antwort auf die Frage eines anderen Users. Nur zur Erklärung. 

Nein, nicht zwingend. Es können dazu auch nicht bis zum Bilanzstichtag realisierte Erlöse sein, die man in die Prognose einrechnete. Wirklich NUR als Beispiel: wenn man einen Tah-Verkauf schon bei der Prognose plante, ihn tatsächlich aber erst am 16.07.15 veräußern konnte, weil man es bis 30.06.15 nicht geregelt bekam – dannn geht der Tah-Verkauf erst in die nächste Bilanz (15/16) ein. Das würde man natürlich nie erfahren; schließlich hatte man Tah den Fans als unverkäuflich erklärt und zudem wäre es arg stümperhaftes Handeln. Es ist aber tatsächlich nur ein Beispiel!
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Kosten aber natürlich auch. Vor der Ausgliederung verursachte der gesamte Vorstand in etwa 3 Mio Kosten. Das sind heute alleine Beiersdorfer, Knäbel und Peters. Dazu jetzt noch Kreuzer mit Abfindung und zusätzlich immer noch noch Hilke und Wettstein, zuzüglich ein weiterer Kommunikationsdirektor. Finanz-Direktor auch immer noch auf der Gehaltsliste (angeblich unkündbarer Vertrag), obgleich nun ein Finanzvorstand bestellt ist. Einzige Entlastung ist dagegen der Abgang von Scheel. Und das ist nur die Spitze….
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Vor der Ausgliederung hatte der HSV Kosten für Personal im Bereich Verwaltung/Handel von knapp über 19 Mio; trotz Outsourcing Sport5. Das entsprach über 12% Anteil an den Gesamtkosten. Der Durchschnitt aller Bundesligisten lag 13/14 bei kurz über 6% für Personal Verwaltung/Handel anteilig an den Gesamtkosten. Ohne den HSV mit Augsburg zu vergleichen: käme der HSV nur mit dem durchschnittlichem Kostensatz der Bundesliga von 6% aus, würden jährlich bis zu 10 Mio eingespart werden können. Dieses Missverhältnis besteht aber bald schon seit 10 Jahren. Man kann sogar nachrechnen: hätte der HSV nur die durchschnittlichen Personalkosten für Verwaltung/Handel in den letzten 10 Jahren gehabt, hätte es keine Bilanz mit Verlustausweisung gegeben und gut 50 Mio weniger Verbindlichkeiten.
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Traurig, aber wahr.