Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wenn ich die Nachrichten aus dem Trainingslager in Belek verfolge, habe ich kein wirklich gutes Gefühl. Angefangen bei den Witterungsbedingungen bis hin zu den Dauerverletzten, der HSV gibt einfach kein gutes Bild ab in diesen Tagen.

Wenn ich lese, heißt es am morgen vor der ersten Trainingseinheit grundsätzlich: Heute trainieren Jung, Stieber, Ostrzollek (Namen sind beliebig austauschbar) und und und nur individuell, Hunt, Lasogga, Spahic und Rudnevs (ebenfalls beliebig austauschbar) sind im Kraftraum. Vielleicht verstehe ich das alles ja komplett falsch, aber ist ein Trainingslager nicht eigentlich dazu ausgerichtet, sowas wie taktische Dinge zu erarbeiten? Am Abwehrverhalten zu feilen? Das Umschaltspiel zu optimieren? Eben all die Dinge, zu denen man im normalen Alltagsbetrieb während der laufenden Saison nicht kommt, bei dem im Grunde Regeneration und Feintuning im Vordergrund steht?

Der HSV aber trainiert jetzt seit ca. 10 Tagen dauerhaft mit einer Rumpftruppe, die Ergebnisse kann man an den Testspielen gegen Ajax Amsterdam (1:3) und Rot-Weiß Erfurt (1:2) ablesen. Nicht, dass andere Bundesligisten nicht auch das eine oder andere Testspiel verlieren würden, aber das „Wie“ ist an dieser Stelle entscheidend. Gegen Ajax war die vermeintliche Stammformation chancenlos („Ajax ist auch schon eine Woche weiter als wir“), gegen Erfurt kam der HSV mit dem 1:2 noch glimpflich davon („War ja auch nur die B-Elf“). Der Umstand, dass selbst die B-Elf eines Bundesligisten den 17. der 3 Liga schlagen muss, wird verschwiegen.

Das ungute Gefühl wird dann noch durch die Transfersituation verstärkt, bei der der HSV bzw. seine Exzellenzen eine jämmerliche Figur abgeben. Okay, es ist kein Geld für Verstärkungen da (selbstverschuldet durch die Exzesse des Herrn B.), aber muss man deshalb das letzte vorhandene Kapital durch Dummheit und Unfähigkeit weiter reduzieren?

Beispiel Stieber: Der Ungar, der sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, wird systematisch gemobbt. Kein Mensch kann mir erklären, dass ein ungarischer Nationalspieler schlechter performen würde als die Herren Ilicevic und Müller, wenn er auf die gleichen Einsatzzeiten käme. Stieber aber wird vom Verein verarscht. Mal darf er gehen, dann wieder nicht, jetzt wieder doch. Eine entsprechende Transfersumme ist bei einem solchen Verhalten natürlich nicht mehr realisierbar.

Beispiel Rudnevs: Im Grunde gilt das Gleiche wie bei Stieber, nur tausche man die Namen Ilicevic und Müller gegen die Namen Schipplock und Olic.

Beispiel Diaz: Für € 2 Mio, aus Basel geholt, ist der Chilene immerhin Stammspieler beim Copa-Sieger 2015. Normalerweise müsste ein 28-jähriger Spieler seiner Klasse mindestens € 6-8 Mio. wert sein, der HSV hat es aber geschafft, seinen Marktwert zu zerstören. Wie bei eigentlich jedem Spieler.

„Ich bereite viele Szenarien vor“, sagte der Direktor Profifußball zuletzt, „weit mehr, die nie eintreffen werden – auf die wir aber vorbereitet sein müssen. Das ist sicher zeitaufwändig – aber nur professionell.“

Ich weiß ja nicht, wie das für euch klingt, für mich klingt es nach kompletter Planlosigkeit.

Vor diesen Hintergründen ist es fast schon rührend zu sehen, auf welche Art und Weise der Verein versucht, positive Nachrichten zu generieren. Der Dino schreibt Postkarten, meet and greet mit den Fans, Spahic nächtigt mit einer Dino-Puppe. Sportlich erschütternd, finanziell am Rande der Handlungsunfähigkeit muss nun ein Flüchtlings-Wintermärchen herhalten. Der kleine Bakery soll von den Exzellenzen aus der Unterbringung geholt werden, was für eine Show. Erst ist der Junge 17, dann angeblich 21, jetzt wieder 17. Würde der Verein nicht massiv von den Hofberichterstattern Mopo, Abendblatt und Bild geschützt werden, würde die Geschichte schon jetzt ganz anders aussehen. Da man aber mittlerweile keinerlei medialen Gegenwind mehr zu fürchten braucht, wird weiter gefuhrwerkt.

Aber auch zuhause im fernen Hamburg kündigt sich neues Ungemach an. Mehr und mehr rühren sich die Stimmen, die von der Verbindung zwischen Eigen- und Vereinsinteressen sprechen und die Geschichte könnte bitter ausgehen. Ich werde hier auf jeden Fall am Ball bleiben.

Anyway, mein Gefühl ist mies. Am 22.01. gehts gegen die Bayern, dann nach Stuttgart. Bis dahin sollten Spieler wie Kacar und Hunt (für mich jetzt schon der van der Vaart 2.0 und der Olic 3.0) wieder fit sein, wer’s denn glaubt.