Nein, nein und nochmals nein. Man brauchte eben nicht dieses letzte Spiel aus dem Trainingslager in Belek gegen Young Boys Bern, um zu sehen, was läuft. Man braucht nicht die Erkenntnis, dass die vermeintliche A-Elf des Hamburger Sportvereins gegen untrainierte Schweizer, die ihr letztes Pflichtspiel Anfang Dezember bestritten haben und ihr nächstes Anfang Februar bestreiten werden, eine spielerisch und taktisch desaströse Leistung ablieferte, um zu erkennen, was passiert. Die Angst geht um in den Reihen der Exzellenzen und das mit recht.

Und während einige der vergeistigten Herren immer noch versuchen, sich mit irrsinnige Worthülsen in die nächste Woche zu retten (Knäbel über Jatta: „Eine dauerhafte Trainingserlaubnis zu erlangen, ist eine ambitiöse Sache.“), reden andere Klartext.

Trainer Labbadia:  „Unsere Bedingungen sind nicht gut. Man kann sicher nicht von einem optimalen Trainingslager sprechen.“ Weil mitunter ein halbes Dutzend Profis verletzt ausfiel. Labbadias Ausblick:„Unsere Bedingungen sind nicht gut. Man kann sicher nicht von einem optimalen Trainingslager sprechen.“ Weil mitunter ein halbes Dutzend Profis verletzt ausfiel. Labbadias Ausblick: „Wir stehen in der Rückrunde vor einer großen Herausforderung!“

Nun mag der Eine oder Andere meinen, dass es sich hierbei um eine Schutzbehauptung handeln würde. Der Trainer baut schon mal für den Fall vor, dass der Auftakt zur Rückserie gewaltig in die Hose geht, doch das wäre zu kurz gesprungen. Auch die Anzahl der Verletzten im türkischen Trainingslager ist nur ein Teil der Erklärung, warum so gut wie nichts mehr läuft, denn Verletzte haben andere Vereine auch. Nein, Labbadia erkennt mehr und mehr, in welchem Dilemma er steckt und er weist gebetsmühlenartig darauf hin.

Wenn nicht alle „Leistungsträger“ an Bord sind, wenn nicht jeder in dieser Mannschaft an seine Leistungsgrenze und darüber hinaus geht, dann ist dieser HSV in der Bundesliga nicht wettbewerbsfähig. 

Bringen auch nur zwei oder drei Spieler nicht ihre Optimalleistung, gerät absolut jedes Spiel zur Zitterpartie. Die Herren Beiersdorfer und Knäbel haben es innerhalb von 1 1/2 Jahren geschafft, diese Mannschaft leistungsmäßig abzuwracken und zu vergreisen, auf der Bank findet sich, wie gestern gesehen, keine sportliche Alternative wieder. Jetzt werden auch noch zwei Nationalspieler (Diaz und Stieber) verhökert, der HSV braucht dringend Geld, um irgendeines der zahlreichen Löcher zu stopfen. War es zuerst ein Innenverteidiger, dann ein Außenstürmer, so ist es nun ein Stoßstürmer, der trotz der teuren Herren Olic, Schipplock und Rudnevs anheuern soll.

Dabei wäre auch die Verpflichtung des 5. Mittelstürmers nur ein Pflaster auf die blutende Platzwunde, eben wieder eine Maßnahme, um sich in den nächste Woche zu retten, um sich Zeit zu erkaufen. Denn: Die Probleme auf den defensiven Außenpositionen (Diekmeier und Ostrzollek sind einfach keine Bundesligaspieler) bleiben bestehen, das Gleiche gilt spätestens nach der Verletzung von Spahic ebenso für die Innenverteidigung wie für die offensiven Außenbahnen. Der HSV 2016 ist eine einzige große Baustelle und diesen Umstand hat exakt eine Person zu verantworten: Dietmar Beiersdorfer.

Als „Verbrennungs-Didi“ seine Aufgabe antrat, hatte dieser HSV nämlich noch Geld, denn mehr als € 56 Mio. hat der Mann in den letzten 1 1/2 Jahren in die Mannschaft gepumpt. Von den Spielern, die aus der „Vor-Beiersdorfer-Ära“ noch aktiv sind, sind nur noch 6 Akteure übrig. Man kann also mit fug und recht behaupten, dass dies Beiersdorfers Mannschaft ist. Eine Mannschaft, die zwar immer noch bezahlt wird wie ein Europa League-Teilnehmer, die aber nicht im Ansatz die Ansprüche eines Bundesligisten erfüllt, wenn auch nur zwei Stammkräfte ausfallen.

Warum ist das so? Ganz einfach. Didi hat Risiko gespielt. Anstatt einen lang- oder zumindest mittelfristigen Plan zu entwickeln, wie man den Dino wieder auf die Füße stellt, hat Didi „All in“ gespielt. Alles rausknallen, was noch in den Kassen ist und darauf hoffen, dass es irgendwie klappt. Die Begründung dafür ist ebenso leicht zu erahnen, Beiersdorfer wollten den schnellen, den leichten Weg. Den Weg, der zu schnellem (Retter)-Ruhm und zu schnellem Beifall führt. Der andere Weg ist beschwerlich, er ist mühsam und steinig. Aber er wäre für diesen HSV alternativlos gewesen. Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen und die Kassen leerer als leer sind, jetzt besinnt sich der Vorstandsvorsitzende auf die Richtlinien von HSVPLUS. Sparen, Nachwuchsförderung, keine teuren Altstars mehr. Hätte er dieses Konzept vor 1 1/2 Jahren begonnen, hätte der HSV am heutigen Tag noch Kohle in der Kasse und müsste nicht ums Überleben kämpfen, denn das tut er.

Labbadias Ausblick: „Wir stehen in der Rückrunde vor einer großen Herausforderung!“

Aktuell ist der HSV Tabellen-10. und hat 22 Punkte auf dem Konto. Betrachtet man die letzten beiden Jahre, so reichten in der Saison 2014/15 insgesamt 35 Punkte und in der Saison 2013/14 sogar 32 Punkte, um nicht abzusteigen. In diesen Jahren hatte die Mannschaft, die zum Ende der Hinrunde auf dem 15. Tabellenplatz stand, 17 bzw. 18 Punkte, der HSV hat heute 22. Hat Labbadia tatsächlich Angst, dass es nochmal eng werden könnte? Ist er der Auffassung, dass der HSV in der Rückrunde vielleicht nur noch 10 oder 12 Punkte holen könnte? Ja, hat er. Und er hat recht. Die Sprüche des Profifußball-Direktors („Wir können endlich wieder ohne Angst ins Stadion gehen“), fliegen nämlich nicht dem Turnbeutelvergesser, sondern dem Trainer um die Ohren, wenn die ersten 4 Spiele der Rückrunde in die Hose gehen.

Apropos Konzept: Ich schrieb davon, dass Beiersdorfer, wenn er denn ein Konzept……

Er hat keines. Er hat kein Konzept, er hat keinen Plan und er hat keine Ahnung. Er lebt von der Hand in den Mund bzw. wie ein Kind, dass denkt, wenn die Büchse leer ist, dann kommt schon der reiche Erbonkel und macht wieder voll.

Lieber Bruno, viel Glück bei der Bewältigung der Herausforderungen. Du wirst es brauchen.