Knäbel

I have a nightmare. Ich habe geträumt, dass ich mich in Interviews nicht mehr so unverständlich ausdrücken kann, dass mich kaum jemand versteht. Im Laufe meiner „Karriere“ habe ich durch die Besuch zahlloser Seminare gelernt, dass es schlau ist, wenn man in jedem Satz mindestens zwei Fremdwörter benutzt. Der Grund ist ganz einfach: Der Gegenüber kennt die Fremdwörter nicht, mag dies aber nicht zugeben. Als Folge wird man mir immer Recht geben, klappt zumindest bei den Hamburger Journalisten bestens. Jetzt habe ich geträumt, dass irgendein durchgeknallter Blogger diese ausgefeilte Taktik durchschaut. Kann ich nicht gebrauchen, das Geschäft ist laut genug.

I have a nightmare. Ich habe geträumt, dass Frau D. an einen Lügendetektor angeschlossen wird und dann die ganze Geschichte ans Licht kommt. Der verschwundene Rucksack, das Picknick im Park, der Anhänger, das Pflaumenkuchen-Date, der Kater am nächsten Morgen, einfach alles. War schon schlimm genug, der Polizei, den Wirtschaftsprüfern und dem Vorstand immer die gleiche Story aufzutischen, aber wenn jetzt noch ein Detail rauskommt, gehen die Lichter aus. Gut, dass Kühne das alles nicht mehr zu begreifen scheint und dass Gernandt genug mit Didi tun hat.

I have a nightmare. Ich habe geträumt, dass die beim HSV rauskriegen, dass ich gar nicht Peter Knäbel bin. Der echte Peter Knäbel wurde 1996 im Süd-Pazifik von Eingeborenen entführt und gilt als verschollen. Mein Name ist Willibald Schremp, ich komme aus Kaiserslautern. Eine neue Frisur, ein lustiger Schnauzer und das sündhaft teure Brusthaar-Toupet und schon wurde ich auf der Straße als „Herr Knäbel“ angesprochen. Auf einmal hatte ich einen Vertrag beim Schweizer Verband, dabei bin ich doch eigentlich Turmspringer. Hoffentlich kriegt das nie einer raus.

I have a nightmare. In meinem ersten Interview habe ich damals, angesprochen auf den Kontakt zu verliehenen Spielern, sinngemäß gesagt: „Man muss auch Flugkilometer machen“. Die haben das glatt geglaubt. Tatsächlich leide ich unter Flugangst und Autofahren mag ich auch nicht wirklich. Ich habe geträumt, dass das irgendwann rauskommt, dann brennt aber der Baum.

I have a nightmare. Ich habe geträumt, dass Gernandt mich anschreit und Didi böse auf mich ist. Didi hat gesagt, ich soll einen Flügelspieler besorgen, also habe ich Flügel/Klavier/Fußballspieler/Schweiz gegoogelt und bin auf das Video mit Drmic gestoßen. Jetzt verstehe ich die ganze Aufregung nicht, der kann doch auf dem Flügel spielen oder etwa nicht. Was habe ich falsch gemacht?

I have a nightmare. Irgendein gemeiner Journalist hat Didi erzählt, er hätte mich nur zum Verhandeln geholt, weil Didi selbst das nicht kann. Dabei kann ich das noch viel weniger. Ich habe jahrelang in der Schweiz gelebt und nicht in Jordanien. In der Schweiz verhandelt man nicht, man bezahlt. Ich dachte eigentlich, Didi wüsste das. Jetzt habe ich Angst, dass alle gemein zu mir sind.

I have a nightmare. Ich habe heute Nacht von Mails und Faxen geträumt, dabei kenne ich nicht mal den Unterschied. In der Schweiz habe ich allen Leuten Briefe geschrieben oder die Brieftaube Gundula meines Nachbarn Reto in Rapperswil-Jona genutzt. Dafür musste ich ihn einmal im Monat zum Käse-Fondue einladen. Ich weiß nicht mal, wie man einen Computer oder wie das Ding heißt anstellt. Und jetzt hacken alle auf mir rum, weil irgendwas 4 Minuten zu spät gekommen sein soll. Dabei weiß ich nicht mal, was. Ich habe Angst.

I have a nightmare. Neulich habe ich geträumt, dass Didi Bruno in die Wüste schickt und ich wieder den Trainer spielen muss. Dabei finde ich ohne fremde Hilfe nicht mal den Weg von meinem Büro in die Umkleide. Und dann sind da immer so viele junge Männer, die mich fragend angucken. Ich weiß dann immer gar nicht, was ich sagen soll. Einmal musste ich ja schon und das ist furchtbar in die Hose gegangen. Nett von Didi, dass er mir damals eine Sonderprämie dafür gezahlt hat. Ich habe damals gesagt: „Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Der Kollege Schmidt hat keinen gesehen, der sich verhält wie ein Anfänger. Das passt schon alles.“ Dabei hatte Hilke mir erzählt, dass ich das sagen soll. Das könnte man gut vermarkten, hat er gesagt.

I have a nightmare. Ich habe Angst, dass ich aus diesem Albtraum nicht mehr aufwache. Wäre ich doch bloß in der Schweiz geblieben. Da hatte ich mein ruhiges Kellerbüro ohne Fenster, keiner wollte wirklich etwas von mir, ich musste nicht reisen und nicht mailen. In der Schweiz musste ich nur irgendwie wichtig und deutsch aussehen und das kann ich gut, außerdem habe ich damals nicht mal die Hälfte von dem verstanden, was die erzählt haben, diese komische Sprache. Heute mache ich mir schon ins Hemd, wenn ich an den nächsten Montag denke, dann haben wir immer Meeting und ich habe Angst vor diesem Peters. Der Typ ist unheimlich und er hat mich bis heute noch nicht einmal begrüßt.

Gestern habe ich bemerkt, dass mir das Brusthaar rapide ausgeht. Ich will das alles nicht mehr.