Warum ändern wir Dinge? Warum erneuern wir, warum bauen wir um bzw. neu auf? Warum sind wir der Meinung, dass etwas passieren muss? Nun, ist es nicht so, dass wir immer dann etwas Fundamentales ändern wollen, wenn wir der Auffassung sind, dass es so, wie es ist, nicht weitergehen kann? Wenn wir die Hoffnung auf Besserung mit dem Bestehenden aufgegeben haben und keinen anderen Ausweg mehr sehen, als die alten Mauern einzureißen, mit der Vergangenheit zu brechen und etwas Neues zu versuchen? Ist nicht das die Motivation, Gelerntes und Gewohntes hinter sich zu lassen und sich notfalls auf das Abenteuer einer Neuerung einzulassen, in die man neue Hoffnung setzt? Mir jedenfalls ging es so und ich denke, einer ganzen Reihe anderer Mitglied ging es ähnlich. So, wie es war, konnte es einfach nicht mehr weitergehen. Der Verein stand still, Eitelkeiten und persönliche Belange spielten eine größere Rolle als sportlicher Erfolg. Es wurden Experten aus niedrigsten Beweggründen vom Hof gejagt und damit das Vereinswohl vernachlässigt. Dem musste ein Ende gemacht werden.

Und dann? Die Versprechungen der Initiatoren von HSVPLUS hörten sich gut an, waren sinnvoll und klangen so, als würde man alles das, was man tat, im Sinne des Vereins tun. Man versprach, die Dinge, die dringend einer Veränderung bedurften, tatsächlich und endlich ändern zu wollen. Dabei wollte man keine Rücksicht auf Befindlichkeiten Einzelner, der Presse, ja sogar gestandener Profis nehmen. Alles sollte im Sinne des Vereins passieren.

Ich denke, dass es erlaubt sein muss, heute, exakt 624 Tage nach dem denkwürdigen 25.05.2014, eine Bilanz zu ziehen. Eine Bilanz, bei der die Emotionen hinten anstehen sollen. Eine Bilanz, die ausschließlich auf messbaren Fakten beruht. „Kein „ich denke“, kein „ich könnte mir vorstellen, dass“, kein „vielleicht ist ja….“ und auch kein kein totschlagendes „Man muss auch mal Geduld haben“. Geduld haben viele von uns 624 Tage lang gehabt und bei vielen ist die Geduld erschöpft. Ich möchte bei dieser Gelegenheit erneut an die Rede des damals designierten Aufsichtsrats-Chefs Karl Gernandt erinnern und jeder darf sich erneut ein Bild davon machen, was von den Ankündigungen und Versprechungen 624 Tage später übrig geblieben ist.

 

 

Die Mannschaft

Vor dem 20. Spieltag der Saison 2015/16 hat der Hamburger Sportverein 22 Punkte und ein Torverhältnis von 21:27  (-6) auf dem Konto. Zum gleichen Zeitpunkt der letzten Saison waren es 20 Punkte bei einem Torverhältnis von 12:21 (-9). Das Ende der letzten Saison sollte jedem in lebhafter Erinnerung sein, die Relegation gegen den KSC endete knapper als knapp. Nimmt man die aktuellen Indikatoren (Spieltag, Punktestand) zur Hand, so muss man konstatieren, dass absolut nichts anders bzw. besser geworden ist. Nimmt man dann noch hinzu, dass die Vereinsführung unter Herrn Beiersdorfer seit Amtsantritt mehr als € 57 Mio. in die Mannschaft investierte, ist das Ergebnis desaströs. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum haben

Borussia Mönchengladbach: € 52,25 Mio

Hoffenheim: € 42,8 Mio.

Schalke: 42,6 Mio.

Köln: € 23,4 Mio.

Mainz: € 22,9 Mio.

Bremen: € 17,7 Mio.

ausgegeben.

Konnte man in der Hinrunde teilweise eine leichte Verbesserung in der Spielanlage, eine etwas stabilere Defensivleistung und sowas wie ein funktionierendes System erahnen, so ist dies mittlerweile Makulatur, die Mannschaft spielt den gleichen wirren Zufalls-Fußball wie in der Spielzeit zuvor. Mit anderen Worten: Die Entwicklung ist stehengeblieben oder hat sich bereits wieder erledigt. Bitte an dieser Stelle keine Märchen von wegen: „Wir haben auch viele Verletzte“. Die hatten wir in der letzten Saison auch. Auffällig ist, dass der HSV immer dann zu vernünftigen Leistungen in der Lage ist, wenn ein Spiel im Vorfeld extrem emotionalisiert wurde. Begegnungen gegen Leverkusen, Bremen oder auch Dortmund wurden zu Schlachten aufgebaut, der sportliche Gegner wurde zum Klassenfeind erklärt, einzelne Spieler der Kontrahenten wurden vor dem Match teilweise gebrandmarkt. Gelingt diese Emotionalisierung des Umfeldes durch den Verein mit Unterstützung der Medien und der Mannschaft durch Trainer Labbadia, dann kann Außergewöhnliches passieren. Gelingt es  nicht, ist der HSV taktisch und größtenteils auch spielerisch nahezu jedem anderen Bundesliga-Team unterlegen.

Das Team, welches am letzten Spieltag der Saison 2014/15 mit 2:0 gegen Schalke 04 siegte und den Weg in die überlebenswichtige Relegation perfekt machte, hatte einen Altersdurchschnitt von 27,7 Jahren. Am 19. Spieltag der laufenden Saison verlor der HSV sang- und klanglos in Stuttgart, das Durchschnittsalter der Mannschaft lag bei 27,2 Jahren. Wie lautete noch eines der Ziele der neuen Führung? Richtig. Man wollte keinen überteuerten Altstars mehr den vorzeitigen Ruhestand finanzieren, man wollte sparen. Man wollte auf hoffnungsvolle Nachwuchskräfte setzen, die man sportlich und charakterlich weiterentwickeln und ausbilden und im besten Fall für teures Geld weiterreichen könne. Hunt (29), Schipplock (27), Spahic (35), Olic (36), Diaz (29), Behrami (30), N. Müller (27), Djourou (28). Allein diese Transfers kosteten den HSV knapp € 23 Mio., Gehälter und Beraterhonorare nicht eingerechnet. Am Ende kommt man mit großer Wahrscheinlichkeit bei einer Summe von knapp € 40 Mio. raus, Transferkosten und Gehälter für ein Jahr! Von den Verpflichtungen dieser gestandenen Akteure versprach man sich eine Verbesserung der Stabilität, von ihrer Erfahrung erhoffte man sich eine Steigerung der Effektivität und eine bessere Ausbildung der jungen Spieler. An dieser Stelle erinnere ich an die Punkteausbeute der letzten Saison im Vergleich zur laufenden Spielzeit und stelle die Frage:

Hat der Plan geklappt? Haben die teuren Altstars für eine nachhaltige Verbesserung gesorgt? Ich meine jetzt diejenigen, die überhaupt noch da sind und auch die, die man am liebsten nach nur einem Jahr wieder loswerden möchte. Die Antwort lautet: Nein.

Andere Frage: Wer hat dem HSV am Ende die Klasse gehalten? Waren es die teuer erkauften Altstars oder waren es zuvor ausgemusterte, gedemütigte und gemobbte Spiele wie Ilicevic, Kacar oder auch Rajkovic, die dafür sorgten, dass sich der HSV immer noch Erstligist nennen darf?

Als Dietmar Beiersdorfer den Verein im Juni 2014 übernahm, hatte die Mannschaft einen Wert von knapp € 88 Mio. Euro. Dies lag zum Teil an teuren Akteuren wie van der Vaart oder Jansen. Heute, nach Investitionen von mehr als € 57 Mio., repräsentiert das Team einen Wert von € 59,6 Mio., also knapp dem, was investiert wurde. Dafür hat der Verein eigentlich keinen Spieler mehr, den man nach der Saison für echtes Geld nach England oder ins neureiche China veräußern könnte. Die einen sind zu alt, die anderen nicht gut genug.

Die sind die Fakten! und sie sind nachzulesen. Es handelt sich hierbei weder um Gerüchte, noch um Verschwörungstheorie. All die aufgeführten Daten sind jeder Zeit recherchierbar.  

Der zweite Teil kommt dann am Montag