Die Finanzen

Für alle, denen es bisher durchgegangen ist, an dieser Stelle noch einmal der Hinweis auf das wirklich bemerkenswerte Interview mit Finanzvorstand Frank Wettstein

http://www.finance-magazin.de/persoenlich-personal/interviews/hamburger-sv-will-schulden-restrukturieren-1372341/

Hieraus gehen Dinge hervor, die man sich noch wenige Wochen zuvor nicht vorstellen konnte. So muss beispielsweise eine Restschuld für den Stadionkredit in Höhe von € 25 Mio. innerhalb der nächsten 18 Monate abgetragen werden, der HSV kann das aber nicht, im Gegenteil. Man möchte den Kredit für die Arena erneut strecken, um liquide zu bleiben. Ein Schlag ins Gesicht eines jeden (und es waren nicht wenige), die argumentierten, wenn erst das Stadion im Jahr 2017 abbezahlt wäre, hätte der Verein jährlich wieder ca. € 10 Mio. mehr für den sportlichen Bereich zur Verfügung. Nun, das Gegenteil ist der Fall, der Kredit wird nicht abbezahlt sein, er wird verlängert. Das Gleiche, und an dieser Stelle wird es extrem unschön, gilt für die Verbindlichkeiten. Hier verkündete man vor der Mitgliederversammlung eine Summe von € 56 Mio., die einige Mitglieder vor Freude aufheulen ließ, man hätte ja bereits fast € 40 Mio. Schulden abgebaut. Nein, hat man nicht und man wusste es bereits zu dem Zeitpunkt, an dem man mit den € 56 Mio. „spielte“. Fakt ist: Die Mitglieder wurden bewusst getäuscht, der HSV hat in den letzten 1 1/2 Jahren (also seit Beiersdorfer) kaum einen Cent an Verbindlichkeiten abgebaut.

Also wird verkündet, dass man besonders im sportlichen Bereich sparen muss. Schade nur, dass man nicht in der Lage ist, im administrativen Bereich zu sparen. Mehr als 300 Mitarbeiter (inkl. Tochterfirmen) tummeln sich unter der Raute, aber man leistet sich mehr externe Dienstleister als je zuvor in der Geschichte des Vereins. Zum dem größten (3 Personen) und teuersten Vorstand und den meisten Direktoren in der Vereinsgeschichte kommen für wirklich jeden Bereich teure externe Dienstleistungs-Unternehmen, die grundsätzlich Hunderttausende für ihre Dienste verlangen.

Sportfive (Marketing), MatchIQ (Trainingslager und Freundschaftsspiele), Schipper Company (Social Media), Aramark (Catering), KPMG (Wirtschaftsprüfung),  XPole (Leidbild-workshops), die Liste geht weiter. Die Frage, was eigentlich die mehr als 300 angestellten Fachkräfte den ganzen Tag machen, stellt man schon längst nicht mehr. Müsste man auch nicht, wenn die Arbeit dieser Externen denn endlich einmal von Erfolg gekrönt wäre. Aber nach mehr als 1 1/2 Jahren hat man weder ein Leidbild noch auch nur einen sogenannten Strategischen Partner.

Apropos Strategische Partner, auch hierzu äußert sich Wettstein in dem Interview. Deutlich wird, dass sich der HSV beispielsweise durch die unsinnige Verlängerung des Ausrüster-Vertrages mit adidas bis 2025 und zu schlechteren Konditionen als zuvor mehr als eine Partner-Tür zugeschlagen hat. Denn es wäre natürlich in allererster Linie der eigenen Ausrüster, der für eine strategische Partnerschaft in Frage gekommen wäre. Adidas aber wollte nicht und jetzt wollen die anderen (Puma, Nike etc.) natürlich nicht mehr, wer will es ihnen verdenken. Man wird also auch in Zukunft auf Kleinst-Aktionäre wie Agrarbauern, Ex-Weinhändler und Obsthöker angewiesen sein und es passiert exakt das, wovor im Vorfeld der Ausgliederung gewarnt wurde: Der HSV wird stückchenweise verschachert. Dies ist alles andere als ein strategisches Konzept wie es beispielsweise die Bayern verfolgen, dies ist purer Aktionismus, der von chronischer und selbstverschuldeter Geldknappheit getrieben ist.

Die sind die Fakten! und sie sind nachzulesen. Es handelt sich hierbei weder um Gerüchte, noch um Verschwörungstheorie. All die aufgeführten Daten sind jeder Zeit recherchierbar. 

Die Außendarstellung

Eines muss man den Herren lassen, sie sprechen eine Sprache. Während man früher den Eindruck hatte, dass dort Leute am Ruder saßen, die vor einer öffentlichen Stellungnahme scheinbar nicht miteinander kommuniziert hatten, ist das heute anders. Das liegt u.a. daran, dass heute jede Anfrage zu jedem Gespräch über den Tisch des Mediendirektors Jörn Wolf geht. Hier wird koordiniert und gesteuert. Dies hat zur Folge, dass man im Grunde überall das Gleiche lesen kann. Für den Konsumenten mag das langweilig erscheinen, für den Verein ist das gut. Dennoch: Wenn jemand behauptet, dass „nichts mehr nach draußen dringt“, so irrt er. Es dringt immer noch nahezu alles nach außen (Interesse an Spielern, welche Spieler man loswerden möchte, Gehälter, Ablösesumme, Ausstiegsklauseln etc.). Das aber hat der HSV nicht exklusiv, das ist fast überall so und liegt daran, dass halt extrem viele Leute in diese Sachen eingeweiht sind und ihre eigenen Interessen verfolgen, z.B. Berater. Die sensationelle Neuerung, dass aus dem ehemals geschwätzigen Aufsichtsrat nichts mehr „nach außen dringt“ ist hingegen weniger ein Verdienst der neuen Verschwiegenheit, sondern vielmehr dem Umstand geschuldet, dass es schlicht und einfach nichts mitzuteilen gibt. Der Aufsichtsrat gibt am Anfang der Saison einen Etat frei und das war’s. Es gibt also überhaupt nichts auszuplaudern, der „Sieg über den Maulwurf“ hat nie stattgefunden.

Dafür hat man aber in knäbeligen Zeiten etwas bisher Unbekanntes entdeckt und das ist unter den Hashtags #Rucksackgate und #Faxgate zu bewundern. Wohl noch nie in der Geschichte des Hamburger Sportvereins hat sich ein Sportchef in so kurzer Zeit mehrmals zum Horst gemacht wie Peter Knäbel. Erstaunlicherweise ist das, was bei seinen zahlreichen Vorgänger zur sofortigen Freistellung geführt hätte, in seinem Fall kein großes Thema, weder bei seinen Vorgesetzten noch bei der hiesigen Presse. Warum das so ist, hat verschiedene Gründe und ich habe sie mehrfach erklärt. Der Umstand, dass es keinen Verantwortlichen mehr zu interessieren scheint, macht die Vorfälle jedoch nicht zu einer kleineren Katastrophe, allein die Tatsache, dass sich nun alle relevanten Daten in Händen des Hamburger Boulevards befinden, ist unfassbar.

Die sind die Fakten! und sie sind nachzulesen. Es handelt sich hierbei weder um Gerüchte, noch um Verschwörungstheorie. All die aufgeführten Daten sind jeder Zeit recherchierbar. 

Der Nachwuchs

Die Idee, sich endlich einmal verstärkt um die Nachwuchsarbeit zu kümmern ist ebenso alt wie alternativlos. Besonders Vereinen, die finanziell nicht eben auf Rosen gebettet sind, bleibt in Zeiten von 50+1 gar nichts anderes übrig. Was also machte der HSV? Der HSV organisierte sich mit Bernhard Peters einen Fachmann von außerhalb des Fußballgeschäfts. Der ehemalige Hockey-Bundestrainer kam aus Hoffenheim und er kam mit reichlich Vorschusslorbeer. Mit reichlich Vollmachten ausgestattet, ging Peters also ans Werk. Es wurden zahlreiche alte Trainer entlassen, neue Trainer, neue Technik-Trainer, neue Torwart-Trainer und auch ein Torwart-Trainer-Koordinator wurden installiert. Allerdings ist der Hype schon wieder vorbei, seit Monaten herrscht mangels Geld Einstellungsstopp. Dabei hatte man keine Mühen gescheut und verdiente Ex-Trainer sogar im Schuhputzraum gefeuert, ein Indikator dafür, wie der schwierige Herr Peters mit seinem Mitarbeitern umgeht. Die hatte zur Folge, dass das Klima im Nachwuchsleistungszentrum merklich gelitten hat. Ein Beispiel: Nachdem HSV-Arena vor einigen Monaten interne Papiere mit dem Konzept des Herrn Peters veröffentlichte, wurde allen Mitarbeitern in Ochsenzoll verboten, mit Pressevertretern zu reden. Erstaunlich: Bereits am nächsten Tag stand dieses Verbot in der BILD, es hatte also jemand geredet.

Desweiteren hat der Ruf von Bernhard Peters innerhalb des Vereins weiter gelitten. Spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem Trainer Labbadia den Hockeymann Peters aus der Profi-Kabine beförderte, wurde es problematisch, denn man muss sich in der Innen- und der Außenwirkung eines Vereins folgendes vorstellen: Wie wirkt es auf die Untergebenen von Herrn Peters, wie wirkt es aber auch auf Berater und Eltern von angesprochenen Nachwuchsspielern, wenn der Nachwuchs-Chef des Vereins in der Kabine der Profis Hausverbot hat? Was sagt uns das über sein Standing?

Ebenfalls investiert wurde in das angeblich brachliegende Scouting und hier kommen wir zum nächsten Problem. Die Scouts des HSV können scouten, bis die Reifen glühen, wenn der Verein den gescouteten Talenten aber kein vernünftiges Angebot machen kann, ist alles für die Katz. Man gibt also viel Geld für das Scouting aus, kann es aber nicht finalisieren.

Grundsätzlich gibt es innerhalb der Nachwuchsförderung zwei unterschiedliche Ansätze.

  1. Man investiert viel Geld und kauft den kleineren Vereinen die besten Nachwuchskicker weg. Dies wird z.B. in Leverkusen und Hoffenheim so gehandhabt.
  2. Man hat sich über die Jahre einen hervorragenden Ruf im Nachwuchsbereich erarbeitet (z.B. Freiburg). Dieser Ruf kennzeichnet sich durch gute und sportlich erfolgreiche U-Mannschaften und besonders durch die Durchlässigkeit zum Profibereich

Nun, der HSV hat beides nicht. Er hat kein Geld und er hat keinen guten Ruf. Jedenfalls ist der Ruf nicht so gut, dass man in der Lage wäre, bequem die Mitbewerber allein aus dem norddeutschen Umland (St. Pauli, Bremen, Rostock etc.) auszustechen. Wer sich jetzt auf die Personalien Feka und Porath (davor Müller) kaprizieren möchte, dem sei der Begriff „local player“ ans Herz gelegt. Diesen Spielern musste der HSV Verträge geben, um die Zertifizierung des Nachwuchsleistungszentrums nicht zu gefährden.

Die sind die Fakten! und sie sind nachzulesen. Es handelt sich hierbei weder um Gerüchte, noch um Verschwörungstheorie. All die aufgeführten Daten sind jeder Zeit recherchierbar. 

Fazit: Ich habe mir im Laufe der letzten 624 Tage mehrfach die Frage gestellt: Was hat sich eigentlich gegenüber der Zeit vor dem 25.05.2014 verändert? Was ist tatsächlich besser geworden? Wenn man ehrlich ist, auch zu sich selbst, wird man erkennen, dass sich im Grunde überhaupt nichts geändert und noch weniger verbessert hat. Mit dem Unterschied zu früher natürlich, dass die Exzellenzen im Jahr 2016 von Fans, Presse und Mitgliedern ungehindert weiter fuhrwerken dürfen, Geld verschleudern dürfen, sinnlose Transfers tätigen dürfen, Versprechen brechen dürfen…..

….und niemand kann sie stoppen.

P.S. Ein „Gutes“ hat das alles dann doch. Zumindest wird nie wieder jemanden diesen Mann als „Dukaten-Didi“ bezeichnen wollen. Das war er während seiner Amtszeit als Sportchef nicht und das war er erst recht während seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender nicht.

Zauderschlumpf

 Happy Birthday, Trainer.