Ein Gastblog von „Kerberos“
Da hält sich doch dieser Teufelskerl von F. Wettstein in seiner wohl als vorgezogene Bilanz-Presse-
Konferenz erdachten Märchenstunde in der Zeitschrift „Finance“ gar nicht erst lange mit Lamentieren auf, um hier in bekannten Art die Bilanzverluste 2014/15 mit notwendigen Struktur-Maßnahmen des Vorstands aufgrund einer vorgefundenen Situation in der AG relativierend durchzudeklinieren. Nein, dieser F. Wettstein nennt sofort Roß und Reiter und stellt kategorisch fest: „Es ist klar, dass wir die Altlasten nicht einfach so abschütteln können. Zum einen gibt es laufende Verträge, zum anderen werden auch diese Saison (Anm.: 2015/16) die planmäßigen Abschreibungen auf Spielerwerte wieder rund 22 Millionen Euro erreichen.“ und „Daneben fielen außerordentliche Abschreibungen an, weil wir auch während der vergangenen Saison (Anm.:
2014/15) beziehungsweise im Vorgriff auf die neue Saison wieder zahlreiche Spielerabgänge hatten.“. Schuld am miserablen Bilanzergebnis und den auch zukünftig düsteren Bilanzen sind also wieder einmal ganz allein die ehemaligen Vorstände des Vereins. Nun ja, diese Einfachheit passt denn auch vermutlich noch in eine der beiden verbliebenen Hirnzellen einiger bereits stark degenerierter HSV-Fans, zumal hier das Feindbild nun ja auch wieder stimmig ist. Es sind eben diese affektierten Gockel in ihrem von Inkompetenz und Ignoranz getragenem Narzissmus, die eigentlich immer und für Alles als Sündenbock zu gebrauchen sind.
Nur, wie muss man sich das vorstellen? Hat der ehemalige Vorstand des Vereins denn dieser AG in der Geschäftsstelle eine reissende Bestie mit Namen „Abschreibungen“ hinterlassen? Eine Bestie, die vorne Gewinne frisst und hinten Verluste scheisst und so die redlich bemühte AG um die wohlverdienten Früchte ihrer exzellenten Arbeit bringt. Diese Bestie “Abschreibungen“, die sich partout nicht einfangen, geschweige denn zähmen, lassen will und so auch bereits in ihrer unermesslichen Gier die Erträge der nächsten Bilanz verschlang um wieder nur einen riesigen Haufen an Aufwand zu hinterlassen. Mitnichten; und das weiß auch F. Wettstein nur zu genau.
Denn mit Abschreibungen erfasst man im betrieblichen Rechnungswesen lediglich die Wertminderungen von Vermögensgegenständen über deren Nutzungsdauer. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung klar: es müssen Vermögenswerte vorhanden sein. Und in Bezug auf den Vermögenswert „Spieler“ ist dies eindeutig definiert: der Vermögenswert eines Spielers wird durch die Ablösesumme bestimmt und die Nutzungsdauer wird durch die erstmalig vereinbarte Vertragslaufzeit normiert (anschaffungsnaher Aufwand bei z.B. verletzt erworbenen Spielern oder Herstellungsaufwand bei z.B. eigenen Nachwuchsspielern sind vernachlässigbar).
Provisionen für Vermittler und sonstige Erwerbskosten sind ein ausserordentlicher Aufwand. Handgelder bei
ablösefreien Spielern oder bei Vertragsverlängerungen mit Spielern sind Gehälter und nach Auffassung der Oberfinanzdirektion NRW aus 2015 auf einem separaten Abgrenzungskonto zu erfassen. Darüber hinaus hat eine Vertragsverlängerung keinen Einfluss auf die Nutzungsdauer. Bleibt also zu konstatieren: der Vermögenswert „Spieler“ wird bestimmt durch die Ablösesumme; sonstige Ausgaben haben keinen Einfluß auf den Vermögenswert oder dessen Nutzungsdauer und sind damit bei der Betrachtung von Abschreibungen auf Spielerwerte unbeachtlich.
Der ehemalige Vorstand des Vereins kann daher für die laufende Saison 2015/16 also für Abschreibungen auf den Spielerkader von F. Wettstein konkret nur für jene Spieler in die Verantwortung genommen werden, welche er seiner Zeit gegen Transfer-Ablöse erworben hat und sodann im Zuge der Ausgliederung an die AG übergeben hat. Da bleiben im aktuellen Kader eigentlich nur Djourou (2,8 Mio bei 3 Jahren Vertragslaufzeit durch die automatische Kaufoption) und Rudnevs (3,5 Mio bei 4 Jahren Vertragslaufzeit); Adler kam damals ablösefrei. Für die Spieler Djourou und Rudnevs sind als planmäßige Abschreibungen für die laufende Saison 2015/16 gerade einmal 2 Mio in Ansatz zu bringen. Sonst ist da nichts.
Warum also beklagt F. Wettstein gar bitterlich die planmäßige Abschreibungen von 22 Mio für die laufende Saison 2015/16 im Zusammenhang mit grausamen Altlasten und vertraglichen Verpflichtungen? Man kann es Drehen und Wenden wie immer man will: für 20 Mio dieser Abschreibungen trägt alleine der Vorstand der AG die volle Verantwortung und an dieser Stelle als CFO des HSV von nicht abzuschüttelnden Altlasten des Vereins zu sprechen, geht im Wahrheitsgehalt einfach tatsächlich gegen Null.
Zur aktuellen Bilanz für die Saison 2014/15 klagt F. Wettstein des Weiteren über außerplanmäßige Abschreibungen von 10 Mio auf den Spielerkader, die noch neben den planmäßigen Abschreibungen „vorgenommen werden mussten“. Was sind denn aber eigentlich ausserplanmäßige Abschreibungen und wie entstehen diese?
Nun; eigentlich ist das ganze recht unspektakulär. Der Vorgang der außerplanmäßigen Abschreibung eines Spielerwerts erfolgt stets und bei jedem Verein bis auf Null, wenn ein Spieler vor dem Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit das Unternehmen oder den Verein verlässt (schließlich kann kein Vermögenswert für einen Spieler in der Bilanz stehen bleiben, wenn der Spieler nicht mehr im Verein ist). Die sportliche Entwicklung eines Spielers oder gar sein Marktwert spielen hierbei keine Rolle. Was F. Wettstein in diesem Zusammenhang allerdings unter den Tisch fallen lässt, ist schlicht die Tatsache, dass nun diesen 10 Mio ausserordentlicher Abschreibung der Bilanz 2014/15 noch der Verkauf der Vermögenswerte, also die Transfererlöse für („abgeschriebene“) Spieler als ausserordentliche Erträge gegenüber stehen. Ausserordentliche Erträge also durch Transfers von Spielern, die jene exzellent geführte AG teilweise doch nur erwirtschaften konnte, weil ihr der Verein eben nicht nur die „grausamen Abschreibungen“ aufgebürdet hatte, sondern im Zuge der
Ausgliederung auch die „dazugehörigen“ Spieler als Vermögenswerte übergeben hatte.
Es lohnt sich tatsächlich hier ein (nicht vollständiger) Blick auf die von F. Wettstein so arg geschmähten ausserordentlichen Abschreibungen auf den Spielerkader. In dem Bilanzzeitraum der Saison 2014/15 verließen unter Anderem die noch vom Verein verpflichteten Spieler Mancienne, Baldej, Skjelbred und Calhanoglu den HSV. Diese Spieler waren gegen Zahlung einer Ablöse vom HSV-Verein verpflichtet worden, hatten noch einen laufenden Vertrag und demzufolge waren diese Spieler auch als Vermögenswert in der Bilanz gelistet. Mit den Transfers dieser Spieler durch die AG musste die AG nun selbstverständlich auch ausserordenliche Abschreibungen auf diese Spieler über den buchhalterischen Restwert vornehmen (als Teil der von F. Wettstein so bejammerten 10 Mio). Mit diesen Transfers generierte die AG (lt. Transfermarkt.de) nun Transfererlöse in Höhe von 20,6 Mio! Diese 20,6 Mio hat die AG selbstverständlich als ausserordentliche Erträge verbucht; also
(mindestens) 20,6 Mio Ertrag für diese 4 Spieler (vom Verein) gegenüber lediglich 10 Mio  ausserordentlicher Abschreibungen auf den gesamten Spielerkader. Bleibt also nur die Frage, warum nur beklagt sich F. Wettstein so bitterlich über die ausserordentlichen Abschreibungen auf den Spielerkader, wenn die AG mit Verkauf dieser Spieler als Ursache für ausserordentliche Abschreibungen nun Transfererlöse in mindestens doppelter Höhe generieren konnte?
Was dieser F. Wettstein hier als CFO des HSV anbietet ist, bei Lichte betrachtet, einfach ohne Worte. Seine Ausführungen sind offenkundig einzig von der Intention geleitet, den Vorstand der AG von der Verantwortung für die finanzielle Schieflage der HSV-AG frei zu zeichnen und die Schuld ausschließlich im Wirken und Nachwirken der ehemaligen Vereins-Vorstände festzumachen. Dabei ist es doch unbestritten, dass die ehemaligen Vorstände des Vereins ihre Unfähigkeit zur Führung des HSV wieder und wieder nachhaltig unter Beweis gestellt hatten und der HSV als Verein in seinem Bestand und seinem Überleben mehr als nur gefährdet war. Aber mit der Ausgliederung der AG wurde eine Basis für solides Wirtschaften gelegt und niemand im Verein hat den Vorstandsvorsitzenden dazu verpflichtet, bei Dienstantritt sogleich über 40 Mio (mit Nebenkosten) der so wertvollen AG-Liquidität auf unkalkulierbare Spieler-Transfers zu setzen. Nein; mit seinen
Ausführungen zu den Altlasten bezüglich der Abschreibungen verarscht F. Wettstein die Mitglieder des HSV, die HSV-Fans und eigentlich die gesamte deutsche Fußball-Gemeinde nach Strich und Faden und man muss sich an dieser Stelle bei allen redlichen Milchmädchen für den Vergleich in der Überschrift entschuldigen. Denn dieser F. Wettstein hat, entgegen dem braven Milchmädchen, mit seiner beruflichen Qualifikation nachgewiesen, dass er es besser weiß und hier insofern wider besseren Wissens falsches Zeugnis über die Ursachen und Umstände des Finanz-Desasters beim HSV ablegt hat.

Ja; die ehemaligen Vorstände des Vereins haben hundsmiserabel gewirtschaftet und dem HSV unsäglich geschadet. Nein; die ehemaligen Vorstände des Vereins sind weder schuld noch verantwortlich an und für das aktuelle Finanz-Dilemma des HSV (AG).