„Together we are strong“, heißt es. Ist wohl auch so bzw. so sollte es eigentlich auch sein. Dieses „together“ kann man auf vieles beziehen z.B. auf Familien, Beziehungen, Mannschaften, sogar auf Firmen. Es gibt jedoch einen Fall, bei dem es dieses „together“ oder anders ausgedrückt dieses „wir“ nicht geben darf und das ist das Verhältnis von Journalisten zu dem, über das sie berichten wollen/müssen/können. Es kann und darf nicht sein, dass ein berichtender, unabhängiger Journalist in der „wir-Form“ schreibt, wenn er über einen Menschen, einen Sachverhalt, eine Firma oder auch einen Fußballverein schreibt. In dem Moment, in dem der Mann (oder die Frau) von „wir“ redet oder schreibt, kann er nicht mehr unabhängig und schon gar nicht objektiv sein, weil er (oder sie) ab dem Moment zu einem Teil der Sache wird, über die er (oder sie) berichtet.

In diesem Moment wird aus dem Journalisten ein Fanboy und als solcher muss er betrachtet werden. Dabei ist es überhaupt nicht verwerflich, als Fan über einen Sportler oder einen Verein zu berichten, es ist halt nur kein Journalismus mehr und das wird häufig von den Lesern nicht verstanden.

Dieses „Fanboy-Verhalten“ ist jedoch in Verbindung mit der Berichterstattung über den Hamburger Sportverein mittlerweile derart ausgeufert, dass es kaum noch zu ertragen ist. Ich habe keine Ahnung, wie viele Leute mich in den letzten Monaten angerufen oder angemailt und immer die gleiche Fragen gestellt haben:

Warum reagiert die Hamburger Sportpresse nicht darauf? Wie kann es sein, dass man dieser Sache nicht nachgeht? Sind die denn mittlerweile alle weich gespült, blind oder gekauft?

Ehrlich, ich kann es nicht sagen. Es mag die unterschiedlichsten Gründe haben, warum man in Hamburg die schönsten Steilpässe nicht verwertet, ja den erkennbaren Tatsachen nicht mal im Ansatz nachgeht. Ich möchte nur noch einmal einige wenige Beispiele nennen.

Da wäre der Rucksack. Ein Vorgang, für den in der Vergangenheit wirklich jeder Angestellte des HSV öffentlich so lange gegrillt worden wäre, bis er aus der Stadt verschwunden wäre. Man muss sich das mal vorstellen. Da verliert ein Direktor des Vereins seinen Rucksack mit den ausgedruckten, sensibelsten Daten seines Arbeitgebers, kann es bis heute nicht erklären und alle tun so, als wäre nichts geschehen.

Da turnt seit 2011 ein Vorstand Marketing im Verein rum, der ganz objektiv betrachtet in der Zeit nichts auf die Reihe bekommen hat, der eine massive Mitschuld an der derzeitigen Situation trägt und der Mann wird nicht nur nicht erwähnt, er wird sogar offensiv geschützt. Das Abendblatt veröffentlicht einen Artikel über die kaputte Marke HSV und der Markenverantwortliche wird mit keinem Wort erwähnt. Wie kann das sein?

Da gibt es von meiner Seite und besonders von der Seite Daniel Jovanovs eine Steilvorlage bzgl. der Verstrickungen der Firma MatchIQ, auf der Mitgliederversammlung wird mehrmals diesbezüglich nachgefragt, der Vorstand verweigert die Aussage und nicht ein Journalist geht der Sache nach. Unfassbar.

Da veröffentlicht der Verein selbst diese Aussagen:

„Nach Ablauf des Geschäftsjahres hat die HSV Fußball AG Verhandlungen über Maßnahmen zur Finanzierung bis zum Ende der Spielzeit 2016/17 geführt. Im November 2015 wurden die hierzu notwendigen finanziellen Mittel eingeworben. Die vereinbarten Maßnahmen beinhalten die vorzeitige Zahlung vertraglich fixierter zukünftiger Erträge sowie eine Darlehensaufnahme.“

Was passiert? Nichts passiert. Der Verein ist pleite, nahezu insolvent, er gibt es selbst zu und was machen die Medien? Nichts! Sie tun so, als wäre alles in Butter.

Da redet Trainer Labbadia kurz nach der vollzogenen Insolvenz des HSV Handball davon, dass dieses Beispiel warnend für die Fußballer sein muss und was passiert?

Da spricht sogar Finanzvorstand Frank Wettstein davon, dass der HSV 1 3/4 Jahre seit Didi ein Sanierungsfall sei und was passiert? Es wird hingenommen. Der Verein verweigert Aussagen, der Verein veröffentlicht keine Vorstandsgehälter und alle halten still.

Da gibt es in der Kabine den nächsten Zwischenfall und der unkontrollierte Herr aus Bosnien hat diesmal dem neuen Herrn aus der Schweiz eine gedrückt, direkt unter der Dusche. Jeder weiß es und was passiert? Nichts.

Noch nie in der Geschichte des Vereins wurde ein solcher medialer Schutzschild errichtet, noch nie war die Hamburger Presse nicht nur handzahm, sie ist komplett sediert. Der Umstand, dass sich die Herren (und Damen) Schreiberlinge mit ihrem Verhalten mitschuldig machen, interessiert sie scheinbar nicht. Der Umstand, dass sie ihrem Auftrag an ihre Leser/Zuschauer nicht gerecht werden, interessiert sie scheinbar noch weniger.

Aber sie schreiben von „wir“, wenn sie über den Verein berichten, den sie unabhängig beobachten sollen. Was für ein Armutszeugnis.