Es war ungefähr 17.13 Uhr, als ich das Stadion verließ und mit mir verließen es mehrere Tausend andere Zuschauer. Was aber auf dem Weg die Stufen runter, durch die Katakomben bis hin zum Parkplatz passierte, entsprach in etwa dem, was vorher im Stadion passierte – es regiert die vollendete Gleichgültigkeit.

Kein übersteigertes Fluchen, kein „Trainer-raus“, nichts. Maximales Kopfschütteln und dann bloß nach Haus. Sicher, der Typ zwei Reihen hinter, der kreischte und brüllte die kompletten 90 min., aber der kreischt auch, wenn der HSV im Viertelfinale der Champions League spielt, was übrigens nie wieder passieren wird. Nein, die Leute sind schlichtweg satt. Sie haben die Schnauze gestrichen voll, aber sie haben scheinbar auch begriffen, dass mit der AG ihre ohnehin geringen Einflussmöglichkeiten gänzlich verschwunden sind. Ob sie jetzt noch „Vorstand raus“ brüllen oder die Linde rauscht, das interessiert doch die Exzellenzen nicht. Die sind dabei, ihre überdotierten Verträge aus zu sitzen und bei jeder Gelegenheit auf die Fehler der Vorgänger hinzuweisen.

Als ich auf dem Weg zu meinem Auto war, hörte ich plötzlich aus der Distanz irgendeinen Torjubel und das Einzige, was ich hoffte, war: „Hoffentlich werden die aufopferungsvoll kämpfenden Darmstädter jetzt nicht doch noch von dieser Söldnertruppe bestraft“. Furchtbar für jemanden, der einen HSV-Blog betreibt, aber soll ich lieber lügen? Ich könnte es natürlich auch anders machen, ich könnte mich in eine Freak-Show wie dieser Verblödungs-Sendung StammelTV im Rahmen des Patientenblogs #SchmocksEinöde setzen und Dinge von mir geben, als hätte ich die letzten 14 Jahre Lösungsmittel geschnüffelt. Da sagt doch das selbsternannte Gewissen des HSV, dieser Schwätzer Axel Formeseyn gestern tatsächlich: „Wer will, dass Bremen absteigt, der muss auch mal gegen Darmstadt verlieren“. Sorry, aber sowas macht mich sprachlos. Im Gegensatz zu vielen, die den Mann nur aus Interviews oder dem TV kennen, hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, den Mann einmal mehr als 3 Stunden in einem Sechs-Augengespräch „genießen“ zu dürfen und ich kann nur sagen: Wenn jemand mit so kaputten Ansichten und so unfassbar wenig Plan über das Business Profifußball im Aufsichtsrat des HSV sitzen durfte, dann wundert mich überhaupt nichts mehr.

Oder dieser andere Vogel, dieser Horn. SC-Boss nennt sich die Gestalt, gewählt wurde die laufende Tapete von ca. 50 Supportern. Was der gestern aber auch via Twitter etc. absondert,ist mit dem Begriff Realitätsverweigerung nicht ausreichend gewürdigt. Er freut sich in diesem Jahr endlich mal über eine ruhige und ereignislose Saison. Keine Abstiegsgefahr und keine Gefahr, sich für Europa zu qualifizieren. Allein für diese Blödheit gehört der Vogel rausgeschmissen und allein wegen solcher Typen wünsche ich mir einen Abstiegskampf bis zum letzten Spieltag.

Das alles macht nur noch sprachlos, aber eben nicht nur mich. Da spielte gestern eine Mannschaft, die aktuell einen Wert von € 59,40 Mio. repräsentiert. Dagegen kostet die gegnerische Mannschaft aus Darmstadt exakt € 24,40 Mio., also nicht mal die Hälfte. Wertvollster Spieler der Lilien ist Luca Caldirola mit einem aktuellen Transferwert von € 2,5 Mio., beim HSV soll ein Lewis Harry Holtby angeblich € 6 Mio. wert sein, ich lach mich tot. Gestern sah ich ein Team, das exakt das spielt, was es kann. Taktisch diszipliniert, lauf- und zweikampfstark, engagiert. Und ich sah ein Team, welches in den letzten zwei Jahren mit € 60 Mio. aufgerüstet wurde und was sich seither nicht vor, sondern rückwärts entwickelt. Wenn ich die Leistungen der Spieler Ilicevic, Diekmeier, Holtby, Schipplock, Lasogga, Gregoritsch, aber auch Ekdal und Müller gestern gesehen habe, dann muss ich erkennen, dass dies nicht bundesliga-tauglich ist.

Man muss sich das einmal vorstellen. Gestern spielte der HSV mit:

Adler, Diekmeier, Spahic, Cleber, Sakai, Ekdal (Lasogga), Holtby, Ilicevic (Bahoui), Müller, Gregoritsch (Kacar), Schipplock. 

Für die fett-markierten Spieler gaben die Herren Beiersdorfer und Knäbel!!! und eben kein anderer ca. € 33,2 Mio. aus. Die Verträge der Herren Diekmeier, Kacar und Ilicevic wurden von den Herren Beiersdorfer und Knäbel!!! verlängert. Wenn mir noch irgendjemals erklären möchte, dass die armen Exzellenzen ja unglücklicherweise mit den Altlasten ihrer Vorgänger arbeiten müssen, rutscht mir die Hand aus. Sorry. Beim HSV verdient ein Lewis Harry Holtby € 4 Mio. im Jahr, dafür kann man in Darmstadt wahrscheinlich 7 Spieler bezahlen.

Wie gesagt, ich war gestern zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder im Stadion und ich bin geschockt. Geschockt von einer Mannschaft, die spielt und sich verhält wie ein Absteiger. Geschockt von einer Rückentwicklung. Da ist kein System, da ist kein Aufbauspiel, da ist kein Zweikampfverhalten. Diese Mannschaft hat keinerlei Stärken, die hat nichts. Ich bin geschockt darüber, dass Trainer Labbadia diese Mannschaft nicht besser, sondern offenbar schlechter macht. Nicht ein Spieler macht einen Schritt nach vorn. Und ich bin geschockt von der lähmenden Gleichgültigkeit der Anhänger. Ok, da singen immer noch 6.000 Fans „steht auf für den HSV“, aber allein bei Facebook hat der Verein mehr als 767.000 Follower.

Ich behaupte, dass sich ein großer Teil der Anhänger vom Verein abwendet oder zumindest auf Distanz geht. Verantwortlich dafür sind ganz allein die Exzellenzen, die Gelder verbrannt haben, die der HSV nicht hatte und die schlicht und einfach keine Ahnung haben, was sie dort tun.

Gernandt, Bönte, Becken, Goedhart, Nogly, von Heesen, Beiersdorfer, Hilke, Wettstein, Knäbel, Peters, Wolf. 

Gernandtrot

 WettsteinWolfPetersMarketingHilkiKnäbelDidi3BönteBeckenGoedhartNogly

Thomas von Heesen (designierter Aufsichtsrat) Fussball, Hamburger SV, Ordentliche Mitgliederversammlung 2014