Wir haben da zwei Spieler des Hamburger Sportvereins. Der eine Spieler ist 29 Jahre alt, der andere 25. Der eine Spieler verdiente in seiner besten Zeit, als der HSV internationale Stars wir van Nistelrooy, Ze Roberto oder Petric beschäftigte, maximal € 1,8 Mio. pro Jahr. Der andere Spieler streicht bei einem Verein, der € 90 Mio. Verbindlichkeiten vor sich herschiebt, der im letzten Geschäftsjahr € 16,9 Mio. neue Schulden machte, ca. € 4 Mio. im Jahr ein.

Der eine Spieler spielte in seiner bisherigen Karriere bei insgesamt 4 Vereinen, wobei er bei dem einen Verein nur ein halbes Jahr ausgeliehen war, Verträge hatte er lediglich bei 3 Vereinen. Der andere Spieler kickte in seinen bisherigen 7 Profijahren bei insgesamt 8 Vereinen und küsste 8 verschiedene Wappen.

Während der ältere der beiden Spieler in seiner Karriere auf insgesamt 25 A-Länderspiele kommt, wird der jüngere der Stars bei 3 Partien stehenbleiben und während der Ältere nach einer Niederlage seines Vereins mit hängenden Schultern vom Platz schleicht, steht der Jüngere mit gegnerischen Spielern auf dem Platz, grinst und tauscht Trikots.

Während der glorreiche Verein den einen Spieler wiederholt demütigte, ihn in Trainingsgruppe 2 abschob, ihn nach Asien verschiffte und er dann dem Verein in der schwierigsten Phase der Vereinsgeschichte durch seine Tore den Arsch rettete, gilt der andere als phantastische Identifikations-Figur, als das Gesicht des Vereins, obwohl er bis heute für seine horrendes Gehalt so gut wie nichts geleistet hat.

Dennoch wird der eine Spieler als Söldner beschimpft und der andere als „einer von uns“. Warum ist das so?

Ich kann es erklären: Weil die meisten Fans komplett verblödet sind. Denn während der eine Spieler als Zurückhaltung in Person gilt, ein stiller Typ ist, der selten Interviews gibt, hat sich der andere das Image der öffentlichen Person zugelegt. Er twittert und facebooked mehr, als das er spielt und er gibt sich als volksnah. Das kommt an. Und obwohl der eine Spieler professionell lebt und handelt und der Twitterkönig jeden Anflug von professioneller Ernsthaftigkeit vermissen lässt, begreifen es die Patienten nicht. Für sie reicht es, wenn jemand für € 4 Mio. im Jahr einmal pro Woche aktionistisch 12 km im gleichen Tempo joggt, mit den Armen wedelt und die Fans animiert und ansonsten so tut, als wäre er der nette Junge von nebenan.

Gestern veröffentlichte der eine Spieler via Facebook folgende Aufforderung.

Lewis Holtby

Hey Leute, wer will am kommenden Montag, 25. April, um 20:15 Uhr live bei denRocket Beans TV in Hamburg mit mir eine Runde Destiny zocken?

Postet einfach einen Level-Screenshot Eures Hüters in den Kommentaren. Das Los entscheidet, wer mit mir Seite an Seite kämpft. Mitmachen kann jeder über 18 Jahren, die Bahn-Reisekosten werden übernommen.

Meinen Mitspieler gebe ich Donnerstag gegen 21 Uhr bekannt.

Viel Erfolg ?

Und jetzt geht es los, die Fanboys kommen ins Jubeln. Dabei muss man sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. In der wichtigsten Phase der Saison, in der dem Verein, der ihn großzügig bezahlt, das Wasser bis zur Unterlippe steht, möchte der Mann Videospiele spielen. Am Donnerstag um 21 Uhr gibt er Gewinner bekannt und am Freitag kommt Bremen. Wenn so eine professionelle Vorbereitung aussieht, verstehe ich die Welt nicht mehr. Dabei geht es überhaupt nicht darum, dass den Jungs kein Spaß gegönnt sei oder dass sie wie ein Mönch leben sollte. Nein, es geht um das Zeichen, welches man mit einer solchen gehirnlosen Aktion sendet. Das Zeichen lautet: „Mir doch egal, ich will Spaß“. Sorry, aber noch dümmer bzw. gedankenloser geht es nicht mehr.

Dabei hätte ich gern die Reaktion der euphorisierten Spacken gesehen, die sich bemüßigt fühlten, den Mann auch noch zu verteidigen, wenn beispielsweise Ivo Ilicevic gepostet hätte. Oder noch schlimmer: Söldner Gojko Kacar, der Mann mit den 4 Vereinen und den 25 Länderspielen. Aber der würde sowas nicht machen, weil er Profi ist.

Also? Wer ist jetzt der Söldner?