Oft und gern wird darüber spekuliert, welche Person bzw. welche Position innerhalb eines Vereins eigentlich die vermeintlich wichtigste sein würde. Profisport-Direktor Knäbel beispielsweise stellte nach den zwei Treffen von PML10-Maschine gegen Bremen die Wichtigkeit des 9ers heraus, von der das Wohl und Wehe der gesamten Mannschaft abhängen würde, andere vermuten eher den Trainer eines Teams als den wichtigsten und einflussreichsten Bestandteil. Ich bin der Auffassung, dass man mit der Position des Trainers nicht ganz falsch liegt, die Problematik beginnt jedoch wesentlich früher. Ein Fußballverein, eine ausgliederte Profi-Abteilung oder wie auch immer man das Konstrukt nennen möchte, ist ein organisches Gebilde, in dem jeder nur so stark sein kann, wie die Person bzw. die Position, die ihm vorgesetzt ist. „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ ist zwar ein mittlerweile etwas ausgeleiertes Wortspiel, es ist aber in diesem Fall durchaus passend.

Beginnt man das Ganze von hinten (also bei der Mannschaft und den Spielern), so wird immer wieder deutlich, dass eine Mannschaft nur stark sein kann, wie ihr schwächster Spieler. Dieser Spieler, und es sind in jedem Match eigentlich andere Personen, müssen von ihren Mitspieler unterstützt und teilweise mitgezogen werden. Wenn es dem Team als solchem gelingt, den an dem Tag schlechtesten Spieler aufzubauen und mit zu tragen, wird das Team insgesamt stabiler und stärker. Wovon ist jedoch die Stärke eines Spielers abhängig? Natürlich von den eigenen Fähigkeiten (körperlich und mental), von seiner Einstellung zu seinem Sport (Lebensweise) und natürlich seiner Form. Und sonst? Natürlich auch von dem Verhältnis zu seinem Trainer. Ein Spieler kann noch so körperlich fit und formstark sein, wenn ihn der Trainer nicht fördert (oder nicht aufstellt), kann er nicht performen. Ein Spieler, der von einem Trainer beharrlich ignoriert und demotiviert wird, wird in einem Verein nicht funktionieren.

Eine Stufe höher. Wovon hängt es ab, ob ein Übungsleiter in einem Verein über einen längeren Zeitraum funktioniert oder nicht? Natürlich muss ein Trainer fachlich auf der Höhe sein, muss über eine strategischen Plan verfügen, muss motivieren und weiterbilden können. Aber: ein Trainer ist auch immer nur so stark wie der sportliche Leiter, der ihn verpflichtet hat, der ihm das Team, welches er zu betreuen hat, hingestellt hat. Macht der Sportchef/Manager einen schlechten Job, liegt er mit seinen Transfers beständig daneben, agiert er mit dem Coach nicht als Einheit, kann ein Trainer nicht funktionieren. Der beste Trainer der Welt ist machtlos, wenn er hinter einem schwachen Sportchef steht.

Und der Sportchef bzw. der sportliche Leiter? Er ist wiederum von der Vereinsführung abhängig. Gibt diese Vereinsführung eine gerade Richtung vor? Gibt es eine Philosophie, die gradlinig verfolgt wird oder weht der Präsident des Vereins wie ein Fähnchen im Wind? Werden innerhalb der Vereinsführung Machtspielchen gespielt und wie unabhängig gestaltet sich das Verhältnis der Führung zu den Medien? Ist ein Vorstandsvorsitzender stark, kann er vorangehen oder versteckt er sich im Falle eines zeitweiligen Misserfolgs? Agiert die Vereinsspitze als Einheit oder löffelt jeder sein eigenes Süppchen. Eine Vereinsführung, die den Sportchef im Regen stehen lässt (oder noch schlimmer: die einen schwachen und inkompetenten Sportchef verpflichtet), ist der Anfang vom Ende.

Man könnte im Falle einer AG jetzt noch ein Stücken weitergehen und auf das höchste Kontrollorgan, den Aufsichtsrat zu sprechen kommen. Nimmt dieses Gremium seine Aufgaben wahr oder ist es es mehr ein Kabinett der Eitelkeiten? Sitzen in diesem Gremium Personen, die in der Lage sind, mit den Herren vom Tagesgeschäft auf Augenhöhe zu kommunizieren oder sitzen die Vögel dort nur die Stühle warm?

Bricht man all diese Aspekte auf den Hamburger Sportverein runter, so muss man leider erkennen, dass in dem Gesamtkonstrukt „HSV Fußball AG“ eigentlich nichts stimmt, was einen hoffen lässt, dass sich nach den ersten zwei Jahren nach HSVPLUS irgendwas zum Positiven verändert.

Der Aufsichtsrat

Ein Gremium aus 6 Herren, von denen man mittlerweile weiß, dass dort alles anderes als Einigkeit herrscht. Aber das ist eigentlich auch egal, denn eigentlich besteht der Aufsichtsrat nur aus 1 1/2 Personen. Die „ganze“ Person heißt Karl Gernandt (oder man könnte auch Klaus-Michael Kühne sagen) und die halbe Person ist Jens Meier. Was beim HSV passiert (oder nicht), ob ein Vorstand benannt oder gefeuert wird, das entscheidet Gernadt bzw. Kühne. Meier kann als e.V.-Präsident vielleicht ab und zu etwas sagen, entscheiden tut er nicht, obwohl er immerhin noch den Mehrheits-Anteilseigner an der AG repräsentiert, nämlich den HSV e.V. Trotzdem: Was Gernandt sagt, wird gemacht, schließlich bezahlt sein Lehnsherr die Musik. An dieser Stelle beginnt das Verhängnis, denn Gernandt ist nach 2 Jahren im Aufsichtsrat verbrannt bzw. er hat sich selbst verbrannt. Seine unsäglichen und teils peinlichen Auftritte im TV gipfelten im verhängnisvollen NDR-Interview, im dem Gernandt den Trainer Tuchel durchdekliniert „beerdigte“. Dieser Fehler ist durch nichts gut zu machen.

Der Vorstand.

Die Fehler des Aufsichtsrat strahlen direkt auf einen führungsschwachen und unfähigen Vorstand aus. Beiersdorfer ist kein Vorsitzender, das haben die ersten 2 Jahren deutlich gezeigt, Hilke ist ein Strippenzieher, der seinen Abgang vor dem Untergang vorbereitet. Schwache Leute holen schwache Leute, heißt es und mit der Verpflichtung des „Experten mit Stallgeruch“ haben die Herren (bzw. der Herr) im Aufsichtsrat den ersten großen Fehler begangen. Doch anstatt diesen Fehler zu korrigieren, hält ein Aufsichtsrat an dem Vorstandsvorsitzenden fest, da eine Demission des Chefs auch ein eigenes Scheitern eingestehen würde.

Der Sportchef.

Scheiße rollt nach unten und die Fehler des Aufsichtsrat bzgl. des Vorstandes macht der Vorstand bzgl. des Sportchefs. Auch hier wurde ein schwacher Kandidat aus bisher ungeklärten Gründen verpflichtet, aber eventuell hat man auch nur jemanden holen wollen, der dem Vorstandsvorsitzenden gestattet, in seinem Namen seinen Job zu machen. Denn tatsächlich ist es Beiersdorfer selbst, der dieses Team zusammengestellt hat, Knäbel aber muss dafür den Kopf hinhalten. Nach außen versucht man die großen Einheit zu demonstrieren, intern sieht es hingegen anders aus.

Der Trainer.

Abhängig von dem, was ihm der Sportchef (oder besser der Vorstandsvorsitzenden) hinstellt, muss der Trainer mit dem „Material“ arbeiten und er weiß, dass er grundsätzlich der Erste sein wird, der vor die Tür gesetzt wird. Im Zuge dieser Fehlerkette, angefangen beim Aufsichtsrat bis zum Sportchef, macht auch der Trainer Fehler. Oft bemüht er das Leistungsprinzip, nach dem jeder sich Spieler jederzeit über gute Trainingsleistungen empfehlen kann, aber leben tut er es nicht. Der Trainer hat seine Lieblinge und er hat Spieler, auf die er nicht steht. Stellvertretend für Letztere steht Artjoms Rudnevs und hier kommen wir zurück zum Anfang der Geschichte, denn ein Spieler kann nur so gut spielen, wie ihn der Trainer lässt.

An dieser Stelle möchte ich für diejenigen, die es immer noch nicht umrissen haben, etwas in aller Deutlichkeit festhalten: Dieses Forum hier, diese Plattform, ist kein Fan-Blog! Nur, weil oben „HSV“ drüber steht, bedeutet es nicht, dass sich der Autor (und die Gastautoren) gezwungen oder genötigt sehen, alles durch eine rosarote Vereinsbrille betrachteten zu müssen, jeden Fehler auszublenden oder jeden PR-Gag zu bejubeln, im Gegenteil. Dieser Blog sieht sich als das, was eigentlich die Aufgabe der „professionellen“ Journalisten wäre und das ist eine kritische Betrachtung dessen, worüber man schreibt. Man kann sich als jemand, der Fakten und Tatsachen beleuchten möchte nicht mit dem gemein machen, worüber man schreibt. Dies aber tun viele der Damen und Herren, die damit ihre Brötchen verdienen und das ist enttäuschend. Umso wichtiger ist aus unserer Sicht jemand, der in der Lage ist, auf das hinzuweisen, was tatsächlich passiert und nicht darüber zu schreiben, was am besten passieren sollte.

Das bedeutet übrigens auch, dass es für jemanden, der über den Verein berichtet, ein „wir“ nicht geben kann und nicht geben darf.