Soso, jetzt will er also alles allein machen, der große Vorsitzende. Dem Vorstand vorsitzen, repräsentieren, umstrukturieren, Prozesse anschieben, den Verein führen, Mitarbeiter motivieren, Kader planen, Scouts instruieren, Systeme analysieren, Berater-Gespräche führen, Spieler beobachten, für Verhandlungen in der Welt rumfliegen, Verträge verhandeln, sich mit dem Trainerteam abstimmen, Campus bauen, Sponsoren treffen usw. usw.

DüdüHelm

Nun denn, wenn Beiersdorfer meint, das schaffen zu können, dann mal los. Ich bin nicht nur skeptisch und habe meine Zweifel, ich bin der festen Überzeugung, dass diese Maßnahme, erneut aus dem Stehgreif und ungeplant, der Anfang vom Ende sein wird. Beiersdorfer hat sich in eine Situation begeben (bzw. wurde in eine Situation gedrängt), aus der es keinen Ausweg mehr gibt, jedenfalls keinen erfolgreichen.

Denn wie es im Volkspark in Zukunft laufen wird, ließ der heutige Tag bereits erahnen. Auf der Pressekonferenz (oder Freakshow, ganz wie man möchte) wurde Beiersdorfer mitgeteilt, dass Torhüter Jaroslav Drobny via Sportbild erklären ließ, dass er in Hamburg keinen neuen Vertrag bekommen bzw. dass der HSV eine einseitige Option nicht ziehen würde. Der neue Sportchef wirkte nicht überrascht, er wirkte konsterniert, denn offenbar hatte eine interne Abstimmung mit dem Überbringer der schlechten Botschaft, Bruno Labbadia, nicht stattgefunden.

Nun stellt man sich natürlich automatisch die Frage: Wer sollte/müsste solche Gespräche eigentlich führen? Der Trainer oder der Vorgesetzte der Spieler, also der Sportchef? Und wer bestimmt am Ende des Tages beim HSV eigentlich mittlerweile darüber, welche Verträge verlängert werden, welche Spieler geholt werden und welche nicht? Aktuell gewinnt man den Eindruck, dass es Labbadia ist, der diese Entscheidungen trifft und an dieser Stelle begeht ein führungs- und orientierungsloser Verein den gleichen Fehler zu wiederholen, den er bereits vor knapp 2 Jahren begangen hat. Niemals darf ein Trainer (allein) über die Spieler eines Vereins bzw. über die Kader-Zusammenstellung entscheiden, denn im Normalfall ist es die Position des Trainers, die zuerst diskutiert wird, sollte der Saisonauftakt misslingen.

Irgendwie wird man in fataler Art und Weise an die Zeit mit Mirko Slomka erinnert, denn dieser war es, der sich dafür aussprach, Hamburgs größtes Talent, Jonathan Tah, in die zweite Liga abzuschieben, weil er nicht an dessen Qualitäten glaubte. Nur 4 Spieltage später war Slomka in Hamburg Geschichte und Tah war verloren. Auch damals entsprach man von Vorstandsseite aus dem Wunsch eines Trainers, von dem man später sagte, dass man bereits vor der Saison nicht mehr an ihn geglaubt hatte.

Nein, die Demission Knäbels , so richtig sie in der Sache sich gewesen sein mag, war nicht der Neubeginn, er war der Anfang vom Ende .

Rückblickend wir man auf diese unfassbare PK zurückblicken und sagen: „Beiersdorfers Ende begann damit, als er meinte, er könnte alles allein machen“. Im Fall Hoffmann war es der Aufsichtsrat, der nicht in der Lage war, einen Sportchef zu finden. Diesmal ist Beiersdorfer ganz allein verantwortlich (könnte man meinen) und er wird scheitern. Krachend scheitern, weil er gar nicht mehr gewinnen kann.

Didi weiß das alles und deshalb reagiert er entsprechend dünnhäutig. Denn eines ist sicher: Von der Entlassung Knäbels zu diesem Zeitpunkt (Montag) erfuhr nicht nur der glücklose Profifußballdirektor an genau diesem Tag, sondern auch Hiob Beiersdorfer selbst. Die Legende von der andauernden und nicht veränderten Unzufriedenheit wird sich schon bald in Wohlgefallen auflösen, denn erneut war Beiersdorfer komplett unvorbereitet und gibt intern ein Bild des Jammers ab. Welche Auswirkungen dieses Bild auf die nahe Zukunft (Transfers, Kaderplanung) und die ferne Zukunft (strategische Ausrichtung des Vereins) haben wird, werden die Mitglieder und Fans demnächst beobachten können.

Eines sollte jedoch allen klar sein, ob sie nun Gesundbeter, Geduldsforderer, Hater, Skeptiker oder Kritiker sein wollen: Der ganz große Plan, die allumfassende Strategie, die geniale „Idee eines Vereins“, das alles existiert schlicht und ergreifen nicht. Die Exzellenzen bzw. das, was noch von ihnen übrig geblieben ist, leben von der Hand in den Mund und von Woche zu Woche. Dies betrifft nahezu jede Entscheidung, sei es intern personell oder transfer-technisch. Man agiert nach wie vor frei nach dem Motto: „Das machen wir jetzt so, welche Auswirkungen es haben kann oder was es kostet, das sehen wir dann ja später. Irgendwie regelt sich das alles schon“.

Und dann wundern sich „Fan“, das man immer noch einen unausgewogenen, willkürlich zusammengestellten Kader, einen gigantischen internen Wasserkopf und Positionen hat, die keine Sau (und kein Verein) tatsächlich braucht.

Die einzig spannende Frage bzgl. des Trümmerfeldes HSV bleibt dementsprechend auch nicht, welcher Spieler kommt oder welcher Spieler geht, sondern:

Welche der Exzellenzen kippt als Nächster über die Reling?

Denn eines ist mal sicher: 2 Jahre und € 60 Mio. Transfer-Investitionen später beginnt der Hamburger SV wieder einmal bei Null, vielleicht diesmal sogar unter Null.