Ganz ehrlich, ich verstehe die Strategie nicht, wenn es denn eine gibt. Da entscheidet sich HSV-Gönner Klaus-Michael Kühne, zum vielleicht letzten Mal wirklich ernst zu machen und mit einer bis dahin nicht gekannten Transfer-Offensive etwas zu erzwingen, wofür zuvor offensichtlich das Expertenwissen nicht ausgereicht hat. Man trifft sich in trauter Runde und bis dahin unerkannt mit den Herren Calmund und Struth, tauscht sich aus, hört sich deren Meinung an. Dann wird, für jeden erkenntlich, auf Kühne’s Anweisung hin, Direktor Knäbel ohne jegliche Vorwarnung gefeuert und am nächsten Tag kann man jedes Gesprächsdetail der hiesigen, normalerweise bewusstlosen Presse entnehmen? Was soll das?

Bis hierhin war ich noch ein wenig irritiert, seit heute nun bin ich erschüttert. Denn auch über das gestrige Gespräch, von dem ich im Übrigen wusste, aber es bewusst nicht geschrieben habe, weil ich zu meinem Wort stehe, ist wieder nahezu jede Einzelheit in der BILD nachzulesen, Zeitpunkt, Teilnehmer, Ort der Zusammenkunft. Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten für diese Vorgehensweise.

a. Man möchte von Seiten der Initiatoren, dass die Öffentlichkeit über alle Einzelheiten informiert ist. Verstehe ich zwar nicht und finde ich auch komplett falsch, aber bitte. Wenn man meint, man müsste ausgerechnet die BILD mit ins Boot nehmen, darf man sich auch später nicht wundern, wenns in die Hose geht.

b. Es gibt jemandem im engeren Kreis, der labert. Sollte dies nicht im Interesse aller sein, so wäre man gut beraten, die Labertasche zu identifizieren und aus dem Kreis auszuschließen.

c. Der Umstand, dass die BILD jederzeit im Bild(e) ist, gehört zu einem Deal, der sich aus dem Besitz der Unterlagen aus dem Knäbel-Rucksack ergeben hat. Sprich: Ihr informiert uns, dann behalten wir die Vertragsdetails weites gehend für uns

Auf jeden Fall sollte sich Herr Kühne darüber im Klaren sein, dass dieses Vorgehen für seine durchaus lobenswerte Initiative der schlechteste Start überhaupt sein kann. Ein gegenseitiges Vertrauen ist, wenn es sich denn tatsächlich um einen nicht autorisierten Maulwurf handelt, von vornherein erschüttert. Ist das mediale Gewitter erwünscht, so begibt man sich bewusst in die Hände derer, mit denen man im Fahrstuhl rauf-, aber auch wieder runter fährt und zwar schneller als man denkt. Für den HSV ist es auf jeden Fall eines: fatal.

Der Umstand, dass der neue Superminister Didi immer noch mit am Tisch sitzt, sollte übrigens niemanden verwundern, denn zumindest zur Zeit muss es noch so sein, dass Beiersdorfer trotzdem inzwischen zu nichts anderem als einer lame duck geworden ist, ist allen Beteiligten klar. Man muss sich doch nur einmal seine (neue) Verhandlungsposition vorstellen, wenn er mit Beratern und Vertretern anderer Vereine über Transfers dealen soll. Vielleicht sprechen sie es nicht offen aus, aber denken tun sie es alle. „Ok Didi, aber bevor wir finalisieren, muss du nicht nochmal schnell bei Calli nachfragen, ob das auch ok ist?“  Respekt bekommt der ohnehin extrem zauderliche Beiersdorfer in diesem Leben wohl nicht mehr mit auf den Weg, für den HSV die nächste schlechte Nachricht.

Denn eines hat der vollschlanke Ex-Manager aus Leverkusen mit seiner Medien-Offensive erreicht: Egal, ob jetzt in offizieller Funktion oder nicht – er wird überall als das Transfer-Korrektiv gesehen und das schmeckt ihm garantiert nicht schlecht. Für Calmund-Assistent Beiersdorfer eine üble Situation, für den HSV nicht wesentlich besser, aber besonders der Vorstandsvorsitzende/Sportdirektor hat sich dies einzig und allein selbst zuzuschreiben. Wirklich jeder, ausnahmslos, mit dem ich gesprochen habe und der mit Didi jemals geschäftlichen Kontakt hatte, charakterisiert Obi Wan KeDidi wie folgt: Er ist ein wirklich netter Mensch. Sehr freundlich. Aber er ist ein Zögerer und Zauderer vor dem Herrn. Bevor er eine Sache zu Ende bringt, denkt er noch 10 Tage auf der Geschichte rum. Er hat Angst davor, Entscheidungen zu treffen, für die er im Anschluss verantwortlich gemacht werden kann.

In einer Welt, in der der Schnelle den Langsamen frisst, ist die Besetzung der Führungsposition mit einem Charakter dieser Art natürlich das Eigentor schlechthin und ich habe bereits in den Gesprächen vor dem 25.05.2014 mehrfach auf diesen Umstand hingewiesen.

Aber – wer weiß, wie lange das alles noch so steht. Für den Fall jedenfalls, dass man (von Kühne’s Seite) den Hamburger SV wirklich und nachhaltig nach vorn bringen möchte, kann es nicht damit getan sein, den gleichen Verbrennern noch mehr Geld in die Hand zu geben. Dann lieber nur die Hälfte der Kohle investieren, die Versager (und zwar alle) vor die Tür setzen und mit kompetentem Personal einen echten Neu-Beginn starten. Das Gegenteil wäre jedenfalls halbgare Flickschusterei und meine Hoffnung, dass es dazu nicht kommen wird/darf, stützt sich darauf, dass Herr Kühne für halbgare Vorgehensweise nicht bekannt ist.

Kurz zum heutigen Spiel in Augsburg.

Der 17-Mann-Kader: Tor: Mickel, Dehmelt; Feld: Altintas, Arslan, Bahoui, Cleber, Diekmeier, Djourou, Gregoritsch, Holtby, Kacar, Lasogga, N. Müller, Ostrzolek, Sakai, Schipplock, Spahic

Es fehlen: Adler (Hüftprellung), Drmic (Knieoperation), Drobny (nicht berücksichtigt), Götz (Aufbautraining), Hirzel (Sprunggelenk), Ilicevic (Knieprobleme), Jung (Rückenprobleme), Olic (Infekt, Wade), Porath (Handoperation), Rudnevs (Muskuläre Probleme)

Wenn man sehen möchte, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, muss man sich die Situation in dieser Mannschaft anschauen, in der doch angeblich vor kurzer Zeit noch alles gestimmt hat.

Drobny wird abgestraft, Rudnevs wird verarscht, Olic hat keinen Bock mehr, sich durch den letzten Kurzeinsatz weiter verkohlen zu lassen. Ilicevic hat plötzlich Knie und möchte auch nicht mehr, dafür nimmt Big Bruno einen Ahmet Arslan mit den Kader für ein unwichtiges Spiel, womit der Kapitän  der U23 im extrem wichtigen Spiel gegen Oldenburg fehlt. Ich nenne sowas Abgesang.