Es gibt sie tatsächlich, jene Strahlungsopfer, die die gesamte Saison geflucht und gepöbelt haben und die nun, nach einem absolut unbedeutenden Sieg gegen ein Team, das die Match-Vorbereitung drei Tage lang auf Mallorca absolviert, wie die Auferstehung des Herrn (passt ja auch zu Pfingsten irgendwie) feiern wollen. All diesen Leuten kann man im Grunde nur gratulieren, nämlich zur Fähigkeit der Realitäts-Verdrängung oder eben zu einem löchrigen Gedächtnis. Denn eines sollte wirklich auch dem Letzten klar sein:

Dieser HSV hat die Klasse nicht gehalten, weil sich dort irgendwas entwickelt hat.

Dieser HSV hat die Klasse nicht gehalten, weil man auf dem Weg ist, ein Team aufzubauen.

Dieser HSV hat die Klasse nicht gehalten, weil man sorgsam mit den wenigen Mitteln umgegangen ist.

Dieser HSV hat die Klasse gehalten, weil es diese Bundesliga-Saison hergegeben hat. Denn Tatsache ist: Diese Mannschaft, für knapp € 60 Mio. in zwei Jahren aufgepustet, hat keine Zukunft und der einzige Grund für sowas wie Stabilität war der Austausch von Heiko Westermann gegen Emir Spahic. Die Tatsache, dass hüpfende und dauerbreite 16-jährige Fanboys in Nordkurve und auf ihren Facebook-Fanseiten dies nicht begreifen, ist weniger als relevant, denn ihre Meinung interessiert in der Tat keine Sau.

Vielleicht sollte man eine, selbst für Menschen mit einem IQ unterhalb von 15, einfache Frage stellen:

Warum möchte man eigentlich nach einer Saison, in der doch so unfassbar viele Schritte nach vorn gemacht wurden, in der man inhaltliche und strukturelle Verbesserungen erkennen konnte, warum möchte man nach einer solchen Saison nahezu die komplette Mannschaft austauschen? Die Spieler Rudnevs, Drobny, Kacar, Ilicevic, Drmic, und Olic sind bereits weg. Für die Spieler Adler, Hunt, Schipplock, Holtby, Ostrzolek, Lasogga, Gregoritsch, Djourou oder Ekdal erhofft man sich im Sommer vernünftige Angebote, um Didis Transfersünden der letzten beiden Jahre auszubügeln. Den Spieler Bahoui möchte man am liebsten verschenken, Batuhan Altintas soll verliehen werden, Ahmet Arslan wird den Verein verlassen, Cleber wird wohl nach Brasilien zurückkehren.

Na bestens, dann haben wir also vorerst einen Stamm aus Hirzel, Mathenia, Woods, Spahic, Diekmeier, Götz, Jung, Feka, Porath und Müller. Das klingt für mich nach Entwicklung und Stabilität, wenn ich höre, dass der HSV tatsächlich all diese Spieler nach dieser großartigen Saison auf dem Markt anbietet bzw. anbieten lässt.

Nächste Frage: Wenn doch die Exzellenzen, ihren eigenen Aussagen zufolge, so phantastisch zusammen gearbeitet und an einem Strang gezogen haben, warum schmeißt man dann mitten in der Saison den Sportchef raus? Weil alles Friede, Freude, Eierkuchen ist?

No way, buddy. Diese zweite „Saison der Exzellenzen“ hat eindeutig gezeigt, dass der „Projekt Exzellenz“ gescheitert ist und auch Klaus-Michael Kühne hat das verstanden. Denn auch der Gönner aus der Schweiz, beraten von Schwergewicht Calmund, kann sich ausmalen, was als Nächstes passieren würde, wenn niemand regulierend eingreift. Beiersdorfer, der auch für die letzten Transferperioden maßgeblich verantwortlich war, würde wieder ganz tief in die Tonne greifen und die nächste überalterte Trümmertruppe zusammenbasteln und damit muss jetzt endlich Feierabend sein.

Der HSV 2016/17 hat eine Chance, eine letzte Chance und die lautet: Kompletter Neustart. Gibt man die angebliche € 50 Mio. weiterhin Leuten wie Beiersdorfer, Hilke, Peters, Labbadia, Wolf und Co. in die Hände, kann man daraus auch ebenso ein lustiges kleines Feuerchen in Schindellegi machen. Das würde aber nur halb soviel Spaß machen, Herr Kühne.

P.S. Herzlichen Glückwunsch an „krummi“ für den Gewinn der diesjährigen HSV-Arena-Tipprunde. Am letzten Spieltag noch den User mendikant abgefangen, Hut ab. Ich freue mich schon auf die Runde in der nächsten Saison.