Vielleicht fällt es ja auch irgendwann einmal dem Letzten auf: Wenn man als Spieler beim HSV die 24 überschritten hat, bekommt man Probleme. Nein, keine Probleme mit dem eigenen Verein, denn der bezahlt weiterhin fürstlich. Und mit 24 Jahren gilt man in Hamburg bekanntlich immer noch als Talent, welches „den nächsten Schritt machen muss“ und „die Laufwege“ noch nicht kennt. Probleme bekommt mal vielmehr dann, wenn man sich einen neuen Verein suchen will bzw. muss und man vorher seine Brötchen beim HSV verdient hat.

Es gab mal eine Zeit, da galt dieser Verein als Sprungbrett für eine großartige Karriere. Dies mag dem einen oder anderen Fan nicht geschmeckt haben, denn natürlich hätten viele es gern gesehen, wenn der HSV mit Spielern wie Boateng, Kampany, de Jong, van der Vaart (jung) etc. einen ähnlichen Weg wie beispielsweise der BVB oder zuletzt Borussia Mönchengladbach gegangen wäre, dies war allerdings nie eingerechnet. Der HSV arbeitete auch in den Jahren vor 2010 immer an der finanziellen Klippe und war entsprechend auf „außerordentliche Mehreinnahmen“ angewiesen. Dies mochte mal die Verlängerung mit dem Hauptsponsor oder der erneute Verkauf des Stadions-Namens sein, das war aber eben auch oft genug der Transfer eines Topspielers zu einem potenten Verein aus der Spitze der Bundesliga oder aus England bzw. Spanien.

Nun, diese Zeiten liegen lange zurück, denn eines hat sich der Hamburger Sportverein gründlich versaut: Er hat nicht mehr den Ruf, ein Sprungbrett bzw. ein exzellenter Ausbildungsverein zu sein. Dies hat weniger mit dem Nachwuchsleistungszentrum, irgendwelchen Stern-Bewertungen oder der U19 zu tun, sondern mit dem Bundesliga-Team und dessen Performance und Entwicklung. So gesehen geht der Berater eines wirklichen Talents ein erhöhtes Risiko ein, empfiehlt der seinem Schützling, einen Vertrag in Hamburg zu unterzeichnen. Denn Erstens ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass man eher selten zum Einsatz kommt und außerdem gibt es mittlerweile allein in Deutschland diverse bessere Alternativen. Leipzig, Dortmund, Freiburg, Leverkusen fallen mir ganz spontan ein, ohne, dass ich länger darüber nachgedacht habe.

Was aber ist den Herren passiert, die das „Risiko HSV“ als junger Spieler dann doch eingegangen sind? Nehmen wir der Einfachheit halber mal die Über-Talente Son, Tah und Calhanoglu aus, denn deren Fähigkeiten konnte man nicht einmal in Hamburg zerstören. Was aber wurde aus den anderen, die im Alter um 24 den Verein verließen?

Matti Steinmann? Mohammed Gouaida? Alexander Brunst? Ronny Marcos? Jacques Zoua? Tolgay Arslan? Zhi Gin Lam? Valmir Nafiu? Christian Nörgaard? Jacopo Sala? Gökhan Töre? Macauley Chrisantus? Daniel Nagy? Miroslav Stepanek? Änis Ben-Hatira? Wolfgang Hesl? Lennard Sowah? Kai-Fabian Schulz? Eric-Maxim Choupo-Moting? Tunay Torun? Sidney Sam? Sören Bertram? Maximilian Beister? Hanno Behrens? Christian Groß? Rouwen Hennings? Raphael Wolf?

So. Dies sind die Spieler des Hamburger Sportvereins, die den Klub in den letzten 7 Jahren verlassen haben und dabei nicht älter als 24 Jahre alt waren. Fällt etwas auf? Die Einzigen, die im Anschluss so etwas wie Karriere gemacht haben, waren in der Tat die Arnesen-Chelsea Boys Sala und Töre, sowie Choupo und ansatzweise Sidney Sam. Diese gilt es jedoch gesondert zu betrachten.

Choupo-Moting musste erst den Weg über Mainz 05 gehen (wo er auch einige Zeit brauchte), um am Ende als etablierter Nationalspieler auf Schalke anzukommen. Der Verdienst dafür gebührt dann wohl eher den Mainzern als dem HSV.

Sidney Sam wurde vom HSV nach Kaiserslautern verliehen und ging dann unmittelbar nach der Leihe nach Leverkusen, wo er Nationalspieler wurde. Irgendwie erinnert der Weg an das, was gerade mit Kerem Demirbay passiert, oder?

Alle anderen (Tolgay Arslan, naja) verschwanden im Nirgendwo, nachdem sie in Hamburg ihre ersten Profischritte machen sollten/durften, das Bild, welches der HSV in dieser Zeit abgibt ist erschütternd und garantiert keine Visitenkarte dafür, hoffnungsvollen Talenten den Weg nach Hamburg schmackhaft zu machen. Was aber lernen wir daraus?

Der HSV ist (nicht erst jetzt) kein guter Verein für Spieler, die sich in jungen Jahren weiterentwickeln wollen und die eine Alternative haben.

Der HSV ist allerdings ein guter Verein für Spieler, die sich mit einem bestimmten Verlauf ihrer Karriere bereits abgefunden haben und in einer netten Stadt gutes Geld für durchschnittliche Leistungen verdienen wollen.

Und der HSV ist ein wunderbarer Verein für Spieler, die sich im Spätherbst ihrer Karriere befinden und nochmal ein wenig Kohle mitnehmen wollen.

Betrachtet man zudem das aktuelle Transfer-Desaster, welches sich dieser Verein ganz allein zuzuschreiben hat, wird der Himmel über Hamburg noch dunkler als ohnehin schon in diesem seltsamen Sommer. Denn anstatt sich realistische Transferziele zu setzen, versucht Größenwahn-Didi angesichts der Kühne-Kohle auf der Stelle wieder im zweitobersten Regal zu wildern. Kostic, N’Koudou, Ginter, Sissiko und jetzt angeblich Halilovic. Der verzweifelte Versuch, durch Namen das wett zu machen, was mit Können und Plan nicht funktioniert, wirkt mittlerweile mehr als peinlich, zumal man sich (trotz Kühne-Kohle) eine Absage nach der nächsten einhandelt.

Angesichts dieser Aussichten wird auch die Geduld von Übungsleiter Labbadia auf eine harte Probe gestellt und man hört, dass es zu ersten Auseinandersetzungen mit der Vereinsführung gekommen sein soll. Was für ein Wunder, denn natürlich weiß der ehemals schöne Bruno, dass er das erste Opfer der neuen Saison werden wird, sollte man einen Fehlstart hinlegen. Apropos „schöner Bruno“: Gestern konnte man (wenn man denn leidensfähig ist) auf SKY eine Wiederholung des Relegationsspiels in Karlsruhe „bewundern“. Wenn man sich anschaut, wie Labbadia in dieser kurzen Zeit rapide gealtert ist, kann man sich vorstellen, was es bedeutet, den ganzen Tag von Amateuren umgeben zu sein.