Alles wie gehabt…

“Hey Leute, das war doch nur ein Testspiel. Nicht überbewerten”. “Die Mannschaft hat noch mehrere Wochen Zeit, sich einzuspielen, keine Panik”.

Stimmt, das gestern gegen den VfL Bochum war ein Testspiel, nicht mehr und nicht weniger. Der Umstand, dass einer Mannschaft mitten in einer harten Saison-Vorbereitung die Beine schwer sein können, ist nicht unbekannt, aber von schweren Beine konnte ich, und ich habe das Spiel über volle 90 Minuten live gesehen, nichts erkennen.

Wiederholt wurde von Kritikern dieses Blogs in letzter Zeit bemängelt, dass es hier zu wenig um Fußball und zu viel um Vereinspolitik gehen würde. Nun, dass es in der spielfreien Zeit nicht wirklich leicht ist, über den Sport zu schreiben, dürfte dem einen oder anderen durchaus bewusst sein, besonders dann, wenn man andere Ansprüche an sich hat, als das Vormittagstraining mit zu stenografieren.

Aber gut, sprechen wir über Fußball. Sprechen wir über das, was dort gestern in Bochum passierte. Bereits nach weniger als 3 Minuten klingelte es das erste Mal und auch, wenn es viele einfach nicht begreifen wollen: Dieses Tor zeigte das gesamte Dilemma des HSV der letzten Jahre mit einem Schlag auf.

Rene Adler findet keine Anspielstation und drischt den Ball unkontrolliert in die Mitte. Hier wird der Ball abgefangen und schnell in die Spitze gespielt.

Mlapa überläuft ohne das geringste Problem Emir Spahic, der den Treffer nur mit einem Elfmeter-reifen Foul und einer daraus resultierenden roten Karte hätte verhindern können.

Adler kommt aus seinem Tor, wird überlaufen und das Ding ist drin.

Drei Probleme auf einmal aufgedeckt. 1. Adler ist als Torhüter derart technisch limitiert, dass er beim geringsten Pressing die Übersicht verliert. 2. Spahic ist mittlerweile derart langsam im Antritt, dass er läuferisch in der Liga nicht mehr mithalten kann 3. Sobald Adler seinen 5-Meter-Raum verlassen muss, brennt es.

Betrachten wir den Rest der Abwehr. Auch hier haben die gestern gezeigten Leistungen nichts, aber auch gar nichts mehr schwerer Vorbereitung, müden Beinen oder unbekannten Laufwegen zu tun. Sie zeigen am Ende nur das auf, was man bereits wusste bzw. sie verdeutlichen die eklatanten Mängel der Spieler, die von Beiersdorfer für mittlerweile mehr als € 85 Mio. zum HSV geholt wurden.

Sakai ist nach vorn engagiert, aber übereifrig. In der Rückwärtsbewegung offenbart der Japaner sogar gegen Zweitligisten verhängnisvolle Zweikampfschwächen und Stellungsfehler.

Djourou konnte nach seiner Einwechslung nahtlos an seine Leistungen während der EM anknüpfen.

Cleber wirkt im Zweikampf noch am stabilsten, Aufbauspiel oder Diagonalpässe wird er in diesem Leben nicht mehr lernen.

Ostrzolek. Ostrzolek ist nun mal Ostrzolek. Er bekommt den Ball, er stoppt den Ball, er spielt den Ball quer oder zurück, der Gegner hat sich formiert. Kein Tempo, kein Dribbling, kein Zweikampf, keine Flanke.

Diekmeier. Sorry, aber zum Ballabwischer fällt mir schon seit Jahren nichts mehr ein.

Das defensive Mittelfeld mit Ekdal und Hunt. Albin Ekdal ist noch der einzige Spieler, dem ich zum jetzigen Zeitpunkt mangelnde Fitness attestieren würde, ich habe mich jedenfalls 30 Minuten lang gefragt, ob er überhaupt mitspielt.

Aaron Hunt kann ich einfach nicht mehr ertragen. Van der Vaart 2.0 ist der Meister des Ballschleppens und der Spielverzögerung, der Mann ist für einen zeitgemäßen Fußball einfach nicht (mehr) tauglich. Er nimmt die Pille an, er tritt drauf, er orientiert sich, er dreht einen Kreisel und spielt den Ball zurück. Grausam.

So oder ähnlich könnte man weitermachen und weitermachen und das Ganze hat, wie bereits gesagt, absolut nichts mit dem aktuellen Fitness-Stand zu tun, sondern einzig und allein mit den grundsätzlichen Fähigkeiten der einzelnen Spieler. In welchem Leben ein Nabil Bahoui schwedischer Nationalspieler geworden ist, möchte mir bitte jemand erklären.

Ebenfalls mehr als deutlich wurde die Tatsache, dass es im Grunde scheißegal ist, wer beim HSV in der Spitze rumturnt. Weltklasse-Anläufer Schipplock erweckt inzwischen Mitleid, Wood ist noch viel zu ungestüm und Lasogga sprintet seit Neuestem Alibi-mäßig zwischen den gegnerischen Innenverteidigern hin und her. Aber: Bis zu diesen Spielern kommt der Ball überhaupt nicht, zumindest nicht einigermaßen kontrolliert.

Und doch, es gab einige kleine Lichtblicke. Filip Kostic konnte zumindest andeuten, dass er mehr Tempo und Gefahr ins letzte Drittel bringen wird als Vorgänger Ilicevic. Hier sehe ich jedoch ein Riesenproblem, sobald es gegen Bundesliga-Teams geht: Das Duo Kostic/Ostzolek passt hinten und vorn nicht. Alen Halilovic ist ein feiner Fußballer und ich kann nur hoffen, dass Bruno Labbadia bereits gestern gesehen hat, dass der Junge ein Spielmacher und kein Rechtsaußen ist. Auch Finn Porath konnte durch gute Technik und Übersicht gefallen.

Fazit: Wenn man ein Testspiel gegen eine Dorfmannschaft oder einen Verbandsligisten, welches zweistellig gewonnen wird, als Gradmesser für die großartige Entwicklung des HSV zulassen möchte, dann muss man erst recht das Spiel gegen einen Zweitligisten drei Wochen vor der ersten Pokalrunde zulassen. Vor diesem Hintergrund kann man nur zu dem Schluss kommen, dass sich nichts geändert hat, alles wie gehabt. Es ist nicht die fehlende Fitness, es ist die fehlende Klasse, die Sorgen bereiten muss. Und diese fehlende Klasse hat Herr Beiersdorfer für knapp € 85 Mio. zum HSV geholt und den Verein damit zuerst in die Fast-Insolvenz und jetzt in die komplette Abhängigkeit geführt. Well done, Verbrennungs-Didi

Fast schon rührend kam gestern der Kommentar des Sport1-Reporters daher, der dem HSV eine Leistung bescheinigen wollte, die schlicht und ergreifend nicht vorhanden war. Er sah Torchancen, wo keine waren, er sah Spielzüge, die sich wohl nur ihm gezeigt haben. HSV-Fan Carsten Fuß schien bei seinem Kommentar noch die Lächerlichkeiten überbieten zu wollen, die man täglich in der Hamburger Sportpresse zu lesen bekommt. Scheint also mittlerweile ein bundesweiter Trend zu sein.

Beiersdorfer in der BILD: “Was andere sagen, interessiert mich nicht”

Na siehste, Verbrennungs-Dukate, da haben wir endlich etwas gemeinsam 🙂

Von | 2016-07-30T08:14:24+02:00 30. Juli 2016|Allgemein|14 Kommentare

14 Comments

  1. Olaf Brando 30. Juli 2016 um 08:17 Uhr

    Ich gabe gestern den bemitleidenswerten Rene Adler beobachtet. Er versucht mit Hingabe , ja fast schon mit Leidenschaft, das Spieltempo zu steigern. Nur .. alle verstecken sich .. verzweifelt, mit resignierter Miene , scannt er minutenlang die potentiellen Adressaten, um dann entnervt den Ball zum Gegner zu kicken. Da sein Nachfolger in der zweiten Halbzeit ähnliches produzierte, vermute ich ein antrainiertes System.
    Was nützen die neuen Sprintqualitäten, wenn der Trainer die kontrollierte Spieleröffnung immer noch nicht vermitteln kann? Das hat mit Beweglichkeit zu tun .. geistiger und körperlicher.. und zwar bei allen Beteiligten.

  2. Gravesen 30. Juli 2016 um 08:59 Uhr

    Die importierte Mopo-Kommentarspalte in SchmocksEinöde ist doch seit Monaten nur noch Realsatire, die nehmen sich doch selbst nicht mehr ernst. Einfach ignorieren oder drüber lachen 😀

  3. Oberberger 30. Juli 2016 um 09:23 Uhr

    Und jährlich grüßt das Murmeltier…….
    .
    Jedes Jahr, jeden Tag die gleichen Nachrichten von der Vorbereitung. Die Einen sehen Absteiger Nummer 1 gegen Bochum kicken, während die Anderen hinter dem planlosen Gekicke einen gigantischen Masterplan entdecken.
    Während die Einen bereits (auch in diesem Blog) von der Teilnahme an internationalen Wettbewerben fantasieren, und eine K&N Verschwörung wittern deren Ziel mindestens die Weltherrschaft ist, sehen die Anderen eine planlos zusammengekaufte Mannschaft, bei der 18 von 20 Spielern keine Bundesligatauglichkeit haben.
    Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.
    Fakt ist jedoch, dass Herr Beierdorfer aus dem HSV die teuerste graue Maus der Liga gemacht hat. Einsatz und Ertrag stehen in keinem Verhältnis zueinander.

  4. Gravesen 30. Juli 2016 um 09:26 Uhr

    HSV: “”Aus diesem Spiel nehmen wir wieder viel mit.”
    .
    Ich kann diese Standard-Satzbausteine nicht mehr hören…
    .
    Waldschmidt: “Bochum kam mit Druck und hat uns nicht unser Spiel machen lassen”
    .
    Um Gottes Willen. Zuerst einmanl: Welches Spiel sollte das eigentlich sein? Und Zweitens: Luca-Babe, das war ein durchschnittlicher Zweitligist. Was denkst du denn, was gegen Dortmund und Leverkusen passieren wird?

    • Nebu 30. Juli 2016 um 11:51 Uhr

      Aber gegen Zwickau wird eine andere Mannschaft auf dem Platz stehen.!

      (erinnert mich an Jena 2015)

  5. 1887 30. Juli 2016 um 10:41 Uhr

    Ja ist immer schwer so ein Spiel einzuordnen. Ich glaube gerne das da noch 10-15% Leistung fehlen da Vorbereitung ist. Aber es fehlen auch keine 50%. Mir ist schleierhaft wie eine bulli Mannschaft so einen planlosen Spielaufbau haben kann. Das nervt mich gewaltig. Wir waren in HZ1 fast komplett besetzt. Und bis auf kostic war kein neuer auf dem Platz. Das heißt die Mannschaft kennt die Abläufe schon die ganze Saison. Und Kostic war noch mit am besten mit seinen Flanken. Da passiert auch in 3 Wochen nix mehr. Vielleicht liegt es einfach an mir das ich unabhängig von den Spielern einfach mehr Spielkultur beim HSV erwarte.

  6. Skeptiker 30. Juli 2016 um 11:40 Uhr

    Wir nehmen viel aus diesem Spiel mit.
    Wir müssen noch härter arbeiten.
    Wir müssen als Team funktionieren.
    Wir müssen uns gegenseitig zu noch besseren Leistungen anstacheln.

    Gähn! Alles wie gehabt. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht: Herzlich willkommen im erneuten Abstiegskampf, HSV!
    Und das alles für Millionen über Millionen. Unglaublich! Dieser Dukate hat so was von fertig!

  7. jolle4 30. Juli 2016 um 12:53 Uhr

    Ist jemandem auch aufgefallen, wie Didi mittlerweile Druck auf Labbadia aufbaut? Nach dem Motto: “Ich hab jetzt genug Geld verprasst, wenns dieses Jahr nicht laeuft, ist der Trainer schuld”. Unglaublich…Bruno tut mir jetzt schon Leid.

  8. seleer 30. Juli 2016 um 13:03 Uhr

    Das wird nix lieber BL!!!!! Identifikation und Herzblut reicht nicht für die 1.Liga, da muss schon mehr kommen.

  9. Mosche 30. Juli 2016 um 14:35 Uhr

    Moin Grave,

    genau das Problem habe ich Dir schon vor Wochen beschrieben. Das erste Drittel inkl. Adler ist ein grosses Problem.
    Leider sehen die meisten Fans (auch Grave) :-), in der Torwartfrage kein Problem … ICH SCHON!
    Gestern hat Mathenia am Fuss einen noch unsichereren Eindruck hinterlassen … SHIT !!!
    Hinten, ohne Worte. Dafür sind die Testspiele gut, weil Didi nun sein Ndidi holen muss, plus Ginter … Ende 🙂
    Hunt und Dieckmeier hast Du mir aus dem Herzen beschrieben , GEIL!

    Du hast aus dem Testspiel auch positive Ansätze gesehen. Genau diese Ansätze habe ich auch gesehen.
    Halilovic unbedingt in die Mitte !!! (sonst kann Bruno gleich gehen und besser die Aufstellung via Fan Umfrage einloggen)
    Kostic bringt Tempo, Ja Finn Porathl – wir haben endlich wieder ein kleines Talent in HH, ausserdem glaube ich an Lasogga, wenn er endlich mal gefüttert wird. Macht eine besseren Eindruck (schlechter ging ja auch nicht), als die letzten Jahre.
    Diese 4 Spieler, plus zwei weitere Neue, dazu Ekdal und Müller, Sakai, Saphic und Adler.

    Naja, damit wäre dann zu mindestens die Relegation unrealistisch 🙂

    Fazit, das Testspiel hat sehr viele Erkenntnisse gebracht. WENN SCHIPFLOCK NOCH EINMAL SPIELT
    SCHÖNES WE !

  10. Bidriovo 31. Juli 2016 um 10:57 Uhr

    Gute Zusammenfassung und mir gefällt es, neben Vereinspolitik auch mal wieder etwas zur Mannschaft auf dem Rasen zu lesen. Insgesamt ist die Mannschaft in der gesamten Verteidigung ungenügend. Wenn dann im defensiven Mittelfeld noch “polyvalente” Spieler wie Hunt und Holtby aufgestellt werden… Guten Nacht. Was bringt die ganze Jugendausbildung für bestimmte Positionen, wenn dann doch jeder alles spielen kann/soll. Bei den bisherigen Ausgaben diesen Sommer und den markigen Worten von Dieter the Frisur “es ist kein Cent mehr auf dem Konto” bin ich ganz zuversichtlich, dass sich noch 20-30 Mio finden werden, um noch 2-3 neue Spieler zu kaufen. Nötig hätte es die Truppe. Wobei, da der Flüchtling noch keinerlei Kontakt mit Fußball hatte, kann man den noch Formen wie man will. Warum nicht einen Verteidiger…aber wahrscheinlicher ist, dass er als Mittelstürmer Nr. 8 aufgebaut wird.

  11. Seleer 31. Juli 2016 um 12:00 Uhr

    Ich lehne mich als HSV-er aus dem Fenster und behaupte mal, dass Häcking unser nächster Trainer sein wird.
    Nur der HSV

  12. Seleer 31. Juli 2016 um 12:13 Uhr

    Moin Grave, Schweini nach Hamburg, ist da was drann?

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