Ehrlich, ich mag den Typen. Bruno Labbadia ist geradeaus, er ist ehrlich und authentisch. Labbadia war im April 2015 exakt der Trainer, den ein Verein, der nicht mehr zu retten war, gebraucht hat. Er hat sich das Himmelfahrts-Kommando damals angetan, obwohl man sagen muss, dass wohl so gut wie jeder arbeitslose Trainer den Job damals gemacht hätte. Ob ihn jeder allerdings erfolgreich absolviert hätte, bleibt die Frage. Labbadia gebührt Dank, ebenso wie den (oft geschmähten) Spielern Kacar und Rajkovic Dank gebührt, das wird in den schnellen Zeiten oft und gern vergessen. Beide Spieler, teilweise in Trainingsgruppe 2 verbannt, sorgten erst dafür, dass „Tomorrow my friend, tomorrow“ möglich war. Kacar mit seinen Treffern vor den Relegationsspielen, Rajkovic war es, der den Freistoß in der Nachspielzeit rausholte.

Dies alles ist Geschichte, die Gegenwart sieht anders aus. Auch die Mannschaft sieht anders aus, ob sie besser ist, wird sich erst noch zeigen müssen.

Adler – Diekmeier, Djourou, Rajkovic, Ostrzolek – Diaz, Holtby- Olic, van der Vaart, Ilicevic – Lasogga (Relegation 2015)

Adler – Diekmeier, Djourou, Cleber, Ostrzolek – Hunt, Ekdal – Müller, Gregoritsch, Kostic – Lasogga (Mögliche Startelf Saison 2016/17)

Was jetzt besser, schneller, erfahrener, gesünder oder leistungsstärker ist, kann jeder für sich entscheiden und analysieren, Fakt ist aber: Für das, was dort Ende August 2016 auf dem Platz stehen und auf der Bank sitzen wird, hat Dietmar Beiersdorfer mehr als € 85 Mio. an Transferkosten bezahlt –  Gehälter, Berater-Honorare und Nebengeräusche nicht mitgerechnet. Von den „Relegationshelden“ des Jahres 2015 verließen insgesamt 5 (Rajkovic, Olic, Ilicevic, van der Vaart, Diaz) den Verein, Transfereinnahmen zusammen: € 1,5 Mio. (Diaz).

Nun aber wurde noch einmal, ein letztes Mal, tief in die Kühne-Tasche gegriffen und hier beginnt Bruno’s Problem. Ohne den Milliarden-schweren Investor aus der Schweiz wäre überhaupt nichts möglich gewesen, so aber stehen auf der einen Seite die Millionen, auf der anderen Seite die Spieler, die Labbadia einbauen soll.

„Wenn man nicht die gleichen Ziele hat, muss man den Mut haben und Entscheidungen treffen. Der Trainer gehört wie der Sportchef und der Nachwuchsleiter zum Kernteam. Wir wollen einen ganz neuen HSV, diskutieren sehr offen darüber. Es ist eine schwebende Diskussion. Zum Schluss müssen wir aber eine Entscheidung fällen. Es warten arbeitsintensive Wochen. Aber ‚Didi‘ ist nicht gekommen, um da weiterzumachen wo andere aufgehört haben, sondern für einen Neuanfang.“

„Die Neuen sollen eine Chance bekommen. Es soll ein Maximum an mutigen Entscheidungen getroffen werden. Wir wollen sehen, ob das Team zu großen Leistungen in der Lage ist.“

Nein, dies sind keine aktuellen Zitate aus Mopo, BILD oder Abendblatt. Es sind Zitate aus dem September 2014 und gesagt hat sie Aufsichtsrats-Boss Karl Gernandt. Gernandt nahm damals kurz nach (missglücktem) Saison-Start Übungsleiter Mirko Slomka derart unverhohlen in die Pflicht, dass dessen Demission nur noch eine Frage der Zeit war. Karl der Große forderte vom Trainer, die teuren Neuen auch einzusetzen, was Slomka am Ende und gegen seine eigene Überzeugung dann auch tat, geholfen hat’s ihm auch nichts mehr. Und so wird sich der Kreis schließen, wobei der HSV im Jahr 2014 die neuen Kicker immerhin noch aus eigener Tasche bezahlen konnte (oder auch nicht), heute löhnt Kühne, was den Druck, die neuen Heilsbringer auch auf dem Rasen sehen zu wollen, nicht mindert.

Betrachtet man nun die Aussagen Labbadia’s hinsichtlich der der Einschätzung der Spieler Halilovic und auch Wood, so kann man daran unschwer ablesen, dass Bruno nicht davon überzeugt ist, dass die Neuen die Alten gleich zu Anfang ersetzen können. Dies aber wollen Investor und Fans und natürlich will das am Ende des Tages auch der Vorstand. Der Sinn und Zweck der Show-Veranstaltung Bundesliga ist es doch, dem Pöbel die neuen Gladiatoren zu präsentieren und nicht den aufgewärmten Mist vom letzten Jahr zu servieren. So gesehen ist der Trainer in einer gigantischen Zwickmühle aus der es kein Entrinnen gibt. Unterdrückt er die neuen Stars und geht der Start in die Hose, gibts von Anfang an Feuer. Bringt er die neuen Himmelsstürmer, obwohl er (noch) nicht an sie glaubt, wird es nicht anders aussehen. Beiersdorfer wird dem Trainer erklären, dass ein Verein nicht einfach mal so € 85 Mio. in zwei Jahren verschleudern und dann doch wieder mit Jung, Lasogga und Schipplock spielen kann.

Und dass Beiersdorfer jederzeit bereit ist, einen vertrauten Gefährten vor die Tür zu setzen, um den eigenen Fortbestand zu gewährleisten, weiß man nicht erst seit Slomka, Zinnbauer, Kreuzer und Knäbel.

Ach ja, auf eine Jubel-Arie direkt aus der HSV-Marketingabteilung bzgl. des neuen rosa Trikots möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich verzichten, das machen die Freunde der hiesigen Presse schon gut genug. Meine Meinung zu dem Lappen: Grauenvoll und peinlich. Sieht aus wie ein Mädchen-Nachthemd für Sozialfälle. Außerdem muss man nicht jeden Dreck (Real, Schalke) nachmachen. Mir jedenfalls könnten sie das Ding schenken, ich würde es nicht anziehen.

http://www.bild.de/sport/fussball/trikot/fans-haben-bock-auf-pink-schock-47158794.bild.html

http://www.mopo.de/sport/hsv/fans-sind-heiss-mega-ansturm-auf-die-pinken-hsv-trikots-24506590

http://www.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article207999475/Riesenandrang-beim-Verkaufsstart-des-pinken-HSV-Trikots.html

Das ist einfach nur noch zum fremdschämen!