Saison-Auftakt im Volkspark, zu Gast war das englische Mittelklasse-Team aus Stoke. Und tatsächlich, ich habe mir auch dieses Spiel in voller Länge angetan, wahrscheinlich in der wilden Hoffnung, so etwas wie eine kleine Weiter-Entwicklung ausmachen zu können. Irgendwann muss es sich doch auszahlen, dass man seit fast 1 1/4 Jahren mit dem gleichen Übungsleiter arbeitet und dass man erneut zig-Millionen in eine Mannschaft pumpt. Tja, klarer Fall von „war nicht“, muss ich heute sagen. Ich verzichte erneut mit voller Absicht darauf, jede einzelne Spielszene zu stenografieren, dass können gern Leute machen, die sonst nichts können.

Bevor ich zu meiner Einschätzung der einzelnen Spieler komme, nur kurz ein Fazit zum Spiel. Erste Halbzeit – eine einzige Katastrophe, wobei mir die Spieler weder müde noch unfit vorkamen, es ist nur einfach wieder das gleiche, lahmarschige Zufallsgebolze wie in den Jahren zuvor. Es ist keine Weiter-Entwicklung erkennbar, es läuft alles nach Schema F im Minimaltempo ab. Zweite Halbzeit war etwas besser, auch deshalb, weil die Briten merklich nachließen.

Die Spieler.

Rene Adler. Verhinderte mehrfach durch gute Aktionen auf der Linie und im 1:1 das frühe Gegentor. Allerdings fängt bei ihm das Problem an. Der Ball geht ins Toraus oder Adler fängt einen Ball, dann wird sich die Pille erstmal hingelegt und dann wird nachgedacht und dann wird abgeschlagen. Jeder noch so langsame Gegner hat sich in den gefühlten 20 Sekunden formiert, ein schnelles Aufbauspiel wird unmöglich gemacht.

Gotoku Sakai. Emsig, aber außer Form. Verliert viele Zweikämpfe, aber er arbeitet wenigstens.

Clèber Reis. So schnell wird man vom Innenverteidiger Nr. 4 zum Innenverteidiger Nr. 1. Gewohnt entschlossen und hart im Zweikampf, Spielaufbau ist jedoch nicht sein Ding. Noch viel weniger sind allerdings 40 m-Diagonalpässe sein Ding, das sollte er lassen.

Gideon Jung. Abgeklärt und gut auf der ungewohnten Position. Spielt das, was er spielen kann.

Mathias Ostrzolek. Ehrlich, ich mag nicht mehr. Der Großmeister des Rück-/Querpasses macht mich fertig. Defensiv recht stabil, unterbricht der Mann jede Form von Schnelligkeit, es ist zum Verzweifeln.

Albin Ekdal. Wie schon im Spiel davor habe ich mich gefragt, ob der Schwede überhaupt mitspielt. Extrem unauffällig.

Aaron Hunt. Ich gebe zu, ich habe schon ein Problem mit seinem Bewegungsablauf. Hunt kann ganz sicher kicken, aber nicht (mehr) auf höherem Bundesliga-Niveau. Alles, was er macht, ist langsam und verzögernd.

Nicolai Müller. Ist endlich wieder auf seinem Niveau aus dem Jahr 2015 angekommen. Wirkungslos.

Michael Gregoritsch. Ich nennen ihn immer den „Mann ohne Position“, weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass ich nicht weiß, was er eigentlich spielen soll. Gegen Stoke spielte er eine Art hängende Spitze und war dabei noch einer der besseren Hamburger.

Filip Kostic. Der „Geist von Filip Kostic“ vielleicht. Oder der untalentierte Zwillingsbruder. Kein Dribbling, keine Aktion. Wenn er den Ball auf der linken Außenposition bekam, flankte er umgehen. Bisher keine Verbesserung gegenüber Ilicevic und das will etwas heißen.

Bobby Wood. Offenbar noch im Zweitliga-Modus und entsprechend unsichtbar.

Christian Mathenia (für Adler). Beschäftigungslos

Dennis Diekmeier (für Ekdal). Der gute alte Dennis. Ob man ihn bringt oder die Linde rauscht. Dafür aber gut bezahlt.

Finn Porath (für Hunt). Der Junge kann Spaß machen. Hat keine Angst, lässt sich nichts gefallen, hat ein gutes Auge.

Alen Halilovic (für Müller). Wieder auf Rechtsaußen, das Ganze wird zur Posse. Allerdings kann ich mir vorstellen, was sich Labbadia dabei denkt. Eigentlich müsste der Kroate in die Zentrale, aber da er ausgesprochen risikoreich agiert, benötigt man dann eine stabile defensive Zentrale und die hat man zur Zeit mit Hunt und Ekdal einfach nicht. Die Position von Halilovic wird also mehr von seinen Mitspieler als von ihm selbst beeinflusst. Rechts außen jedenfalls ist er verschenkt, er ist allerdings der Spieler, der mit einer Aktion ein ganzes Spiel entscheiden kann und davon hat der HSV nicht so viele.

Luca Waldschmidt (für Gregoritsch) Noch einer, der Spaß machen kann, wenn man ihn auf den richtigen Platz setzt. Ist für mich als Linksfuss am ehesten ein Konkurrent für Müller rechts offensiv. Waldschmidt ist schnell, handlungsschnell und hat ein gutes Auge.

Nabil Bahoui. Nein, nein und nochmals nein.

Pierre-Michel Lasogga (für Wood). Wirkt auf mich, als wollte er verzweifelt seine neugewonnene Fitness unter Beweis stellen. Teils egoistische Aktionen, mit denen er der Mannschaft keinen Gefallen tut.

Wie gesagt, ich sehe nicht, dass sich dort systematisch irgendwas geändert hat. Das Spiel ist immer noch langsam, langweilig und berechenbar. Nach 1 1/4 Jahren kein gutes Zeugnis für den Trainer.

Danach sah ich ein anderes Spiel, Barcelona gegen Liverpool. Liverpool gewinnt 4:0, aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass das Liverpool unter Jürgen Klopp nichts mehr mit dem Liverpool vor Jürgen Klopp zu tun hat. Man spielt schnell, sehr diszipliniert und lauert permanent auf Ballgewinne in des Gegners Hälfte. Gelingt das, geht es mit höchstem Tempo Richtung Tor. Man sieht, man kann auch in kürzerer Zeit einem Team eine komplett andere Spielweise beibringen.

Was mehr und mehr auffällt…

Der Reporter des Senders Sport1, welcher das gestrige Spiel live übertrug, machte mich ebenso sprachlos wie mich die tägliche „Berichterstattung“ der Hamburger Sportmedien sprachlos macht. Der Mann sah einen guten HSV, er sah sogar ein Publikum, welches nach Spielende begeistert war. In der Halbzeit wurden in der Zusammenfassung drei Chancen der Briten einfach unterschlagen, ja nicht einmal erwähnt. Offenbar geht es nur noch und ausschließlich darum, das Produkt Fußball zu verkaufen, zur Not um jeden Preis. Die Leistung scheint keine Rolle mehr zu spielen. Und natürlich muss dieser grausame rosa Lappen an den Mann gebracht werden, man bekommt langsam den Eindruck, die Verlage und Sender bekommen eine Provision für jedes verkaufte Trikot.

Und noch ein Zitat:

Dietmar Beiersdorfer sprach gerade zu den Fans und erneuerte seine Hoffnung auf eine gute Zukunft. „Wir haben Spieler verpflichtet, die mit der Mannschaft wachsen können“, so der HSV-Boss mit Blick auf die Zugänge. „Das haben wir hier in den vergangenen fünf bis sieben Jahren nicht hinbekommen.“

Sorry, aber der Mann merkt doch die Einschläge nicht mehr. Er selbst kaufte für knapp € 60 Mio. ein Auslaufmodell nach dem anderen, welches er jetzt nicht wieder los wird und haut jetzt solche Sprüche raus? Der Mann ist krank im Kopf!

Zum Schluss – das Letzte:

Für mich bereits heute der Tweet des Jahre.

Hamburger SVHamburger SVDer letzte macht das Licht aus… ?