Hey, wen interessieren eigentlich Vorbereitungsspiele? Die Mannschaft kommt aus dem Training, teilweise wurde am Vormittag vor dem Test noch geübt. Das macht schwere Beine, außerdem müssen die Neuen integriert und dem Niveau der Mannschaft angepasst werden. Also – wichtig ist nicht in Rostock, gegen Altona oder Lyngby, wichtig ist auf dem Platz und zwar am Montag in Zwickau. Gegen den Drittligisten wird prompt der Schalter umgelegt, es wird auf Pflichtspiel-Modus geschaltet, wenn es zählt, wird die Mannschaft voll da sein. So oder so ähnlich stellen sich einige das Leben tatsächlich vor, wenn es doch nur so einfach wäre.

Ist es aber nicht, denn es entspricht absolut den Tatsachen, dass die Qualität der Vorbereitungsspiele schon einen gewissen Hinweis auf das gibt, was dann während der Saison gespielt wird. Wie sollte das auch anders gehen? Denkt wirklich jemand, man kann als Profi, der als Ich-AG ganz besonders vor der Saison um einen der begehrten 11 Stammplätze kämpft, nur so tun als ob? Darauf hoffen, dass sich Herr Hunt schnellstmöglich verletzt oder Lasogga’s Schulter mal wieder aushakt? Garantiert nicht.

Aber es sind nicht die Ergebnisse, so erschütternd sie gegen deutlich schlechter besetzte und deutlich kostengünstigere Teams auch erspielt wurden, es ist die Art und Weise. Ist ist der Umstand, dass sich dieser HSV unter dem gleichen Trainer auch nicht einen Millimeter weiter entwickelt und immer noch den gleichen lahmarschigen, langweiligen und drögen Fußball aus den 90ern spielt wie in den Jahren zuvor, Hoch lebe Schema F. Adler passt auf Spahic (oder er drischt den Ball lang nach vorn), Spahic spielt auf Ostrzolek, Ostrzolek tritt auf den Ball und passt dann zurück auf Spahic oder auf Adler, der dann eben den Ball lang nach vorn drischt. Dies ist nun mittlerweile die dritte Vorbereitung (zweimal Sommer, einmal Winter), die Bruno Labbadia und sein geniales Funktionsteam zu verantworten hat und was passiert? Nichts.

Gestern beispielsweise konnte man lesen, dass der HSV im „Geheimtraining“ den Matchplan für das Pokalspiel gegen Zwickau übt. Lange Bälle auf Gregoritsch und dann darauf hoffen, dass man den zweiten Ball erobert. Ich bin sicher, wenn man dies den Herren Guardiola, Klopp, Tuchel, Schmidt, Favre oder auch Weinzierl erzählt, sie kämen vor lachen nicht mehr in den Schlaf. Man trainiert also für ein Spiel gegen einen Drittligisten, der sein letztes Heimspiel mit 0:3 verlor, die große Brechstange. Nach 8!!!!! Wochen Vorbereitungszeit. Genial.

Derweil guckt Superminister Verbrennungs-Dukaten Düdü ein wenig Beachvolleyball in Rio und erklärt dann, er wäre nach Brasilien geflogen, um brasilianische Spieler zu scouten. Mal ehrlich, dass kann doch nur noch eine einzige große Verarschung sein. Seit 2 Monaten ist das Transferfenster geöffnet, seit mehr als 6 Monaten weiß man, dass beispielsweise Gojko Kacar den Verein verlassen wird und 10 Tage vor Ende der Wechselfrist beginnt der teuerste Vorstandsvorsitzende in der Geschichte des HSV mit dem Scouting????? Und noch schlimmer: Niemand thematisiert diesen Irrsinn. Jeder tut so, als wäre das völlig normal.

Aber zurück zum Team, welches sich spielerisch und auch taktisch in den letzten 18 Monaten keinen Millimeter bewegt hat und das  in den letzten 2 Jahren knapp € 85 Mio. für 32 neue Spieler (hochgezogene Eigengewächse nicht mitgerechnet) ausgegeben hat, 43 Spieler verließen den Verein in dieser Zeit. Man kann also weder von übernommenen Altlasten reden noch kann man davon sprechen, dass Buyersdorfer nicht genug Geld zur Verfügung hatte, um die Umbrüche 17.0 und 18.0 durchzuführen. Nach wie vor ist die Zusammenstellung eine einzige große Baustelle, nein eher eine Katastrophe, es ist keine Idee, kein Plan, keine Philosophie zu erkennen. Man kauft das, was man kriegt (oder was Kühne sehen will/Halilovic) und nicht das, was man braucht (Außenverteidiger, 6er etc.)

Mal zum Vergleich: Als Jürgen Klopp am 01.07.2008 den BVB übernahm, fing man an, in die Mannschaft zu investieren. Man machte nach Platz 10 in der Saison 2007/08 die Schwachstellen aus in kaufte für zusammen € 13,75 Mio.!!! neue Spieler. Mit Subotic, Owomoyela, und Felipe Santana kamen drei Verteidiger, mal hatte also analysiert, wo der Schuh nach 62 Gegentoren drückte. In der nächsten Saison (2009/10) investierte man € 10,9 Mio. für Spieler wie Mats Hummels, Lucas Barrios, Sven Bender und Kevin Großkreutz (kam ablösefrei aus Ahlen). Ein Jahr danach, Saison 2010/11: Dortmund nahm € 6,05 Mio. in die Hand und holte Spieler wie Robert Lewandowski, Moritz Leitner, Mitchell Langerak, Lucas Piszczek, und Kagawa, ein gewisser Mario Götze kam aus der eigenen U19 hinzu. In der nächsten Saison griff man in Dortmund ganz tief in die Tasche und holte 2011/12 für insgesamt € 11,53 Mio. Spieler wie Ilkay Gündogan oder Ivan Perisic. Als Jürgen Klopp im Juli 2008 nach Dortmund kam, war der BVB gerade Zehnter geworden.

Die Platzierung danach: 6., 5., 1., 1., 2., 2., 7.  Investiert wurde in den ersten 4 Jahren unter Klopp zusammen € 42,23 Mio. In dieser Zeit machten die Dortmunder ein Transferminus von 8,73 Mio., im Schnitt also € 2,18 Mio. pro Jahr. Dafür kriegt man ganz knapp einen Waldschmidt.

Ach ja, als Jürgen Klopp den BVB am 01.07.2008 übernahm, war man wie gesagt zuvor 10. geworden. Der HSV beendete die Saison 2007/08 als Tabellen-4.

Was aber eigentlich fast noch wichtiger ist als nur das Geld und die transferierten Spieler – der BVB spielt seither einen völlig anderen Fußball. Attraktiv, schnell, zeitgemäß, begeisternd. Und Watzke ist es gelungen, das Erbe Jürgen Klopps durch die Verpflichtung von Thomas Tuchel zu erhalten. So sieht es aus, wenn man einen Plan und eine Philosophie hat

Anderes Beispiel. am 11.02.2011 übernahm Lucien Favre Borussia Mönchengladbach. Am Ende der Saison rettete der Schweizer die Rheinländer, die direkt vor seiner Amtsübernahme mit 6 Punkten Rückstand auf den 15. Platz mit lediglich 16 Punkten aus 20 Spielen abgeschlagen Letzter waren, in der Relegation den Klassenerhalt. Was geschah dann? Man raffte sämtliche Kohle zusammen und holte in der Transferphase 2011/12 für insgesamt € 2,65 Mio. neue Spieler. Mit den Neuen Zimmermann, Rupp, Otsu etc wurde man im nächsten Jahr 4. in der Bundesliga, also mit nahezu dem gleichen Team, welches im Jahr zuvor noch fast abgestiegen war. In der Saison darauf (2012/23) war man schon mutiger, man investierte insgesamt € 31,4 Mio., hatte dabei allerdings mit € 12 Mio. den Flop Luuk de Jong zu verkraften, auf der anderen Seite schlug der € 8,5 Mio.-Tranfer Granit Xhaka voll ein. 2013/14 machte man in Mönchengladbach wieder ein wenig kleiner, man investierte nur € 7,9 Mio. für Spieler wie Rafael, Kruse, Kramer (geliehen) und Dahoud kam aus der eigenen Jugend. Das Zusammenrechnen und die Analyse der Tabelle überlasse ich jedem selbst.

Was lernen wir aus diesen beiden Beispielen?

  1. Die wichtigste Person in einem Verein ist der Trainer
  2. Man kann auch mit relativ wenig Geld etwas aufbauen, wenn man einen Plan hat
  3. Man kann auch mit extrem viel Geld nichts als Scheiße bauen, wenn man keine Ahnung hat und fremdgesteuert ist
  4. Herr Kühne – sparen sie ihr Geld!