Eigentlich ist es irgendwie immer das Gleiche. Eine Saison endet, mehr schlecht als recht und das Spiel beginnt von vorn. Man wartet darauf, dass etwas passiert. Irgendwas. Man wartet darauf, dass man seinen Zielen (Leitbild) und seinen Ansprüchen gerecht wird, aber viele Fans haben ja bereits keine Ansprüche mehr. Man wartet darauf, dass die höchstbezahlten Exzellenzen endlich einmal das tun, wofür sie überaus fürstlich entlohnt werden und dann sieht man, dass sich die Ober-Bratwurst zwei Wochen vor Ende der Transferfrist in’s Flugzeug setzt, nach Rio zu Olympia düst und sich Beachvolleyball reinzieht. Aber auch das wundert irgendwie nicht mehr richtig.

Vorher wartete man darauf, dass diejenigen, die wie Champions League-Sieger abkassieren, aber nur Kreisliga-Leistungen bringen (Vorstand) auch nur einen der Spieler für echtes Geld an den Mann bringen, zumal mittlerweile für absoluten Durchschnitt unfassbare Preise bezahlt werden, weil das Geld einfach da ist. Aber natürlich gilt das alles nur für den Rest dieses Planeten und nicht für den HSV. Hier gelten grundsätzlich andere Regeln. Ich habe irgendwann im Verlauf meiner Karriere einmal gelernt, dass derjenige, der mehr will (Gehalt, Beförderung etc.) mehr können und mehr tun muss, als die Anderen. In Hamburg ist das anders.

Hier muss man nur die richtigen Leute kennen, hier muss man von einem Ruf zehren, den sich irgendein verstrahlter Boulevard-Journalist irgendwann einmal aus den Finger gesogen hatte, obwohl er nicht mal im Ansatz verstanden hatte, was er da tut. Da nützen auch alle Gegenbeweise, alle Fakten wenig, der Spruch ist in Stein gemeißelt und die verblödeten Anhänger fressen die Geschichte immer noch.  Aber egal, man hat sich daran gewöhnt.

Dann wartet man auf irgendeine Entwicklung, weil man ja auch hochbezahlte Übungsleiter beschäftigt, aber die kommt nicht. Man tauscht in 2 Jahren knapp 50 Spieler aus und es bleibt alles beim Alten. Man wartet auf Vorbereitungsspiele nach wochenlangen Trainingslagern und dann spielt dort eine Mannschaft, deren Akteure zusammen mehr als € 50 Mio. pro Jahr verdienen und blamieren sich gegen Viertligisten. Warum? Weil’s eigentlich niemanden interessiert. Sobald die Liga beginnt, wird doch alles anderes. Das hat uns die Vergangenheit doch gelehrt. Wenn es darum geht, ist die Mannschaft da, die haben doch bisher mit angezogener Handbremse gespielt. Das wirre Gebolze der letzten Wochen waren doch lediglich ein Stilmittel des Welt-Coaches, um die Gegner in Sicherheit zu wiegen.

Dann kommt der erste Spieltag und man wartet. Vorher wartete man natürlich noch auf wirklich wichtige Transfers, also solche, die wirklich notwendig waren, aber die kommen nie. Es kommen „Flair-Spieler“ wie Douglas Santos und Halilovic und Kostic, aber es kommt weder ein dringend benötigter Innenverteidiger, noch ein ebenso dringend benötigter Top-6er. By the way – ich versuche gerade zwei Dinge zusammen zu kriegen. Man (Beiersdorfer) verkauft auf der einen Seite einen Spieler, der auf einer unglaublich begehrten Position spielt, dem Innenverteidiger. Dieser Spieler war Hamburger, war 19 Jahre alt, hat alles mitgebracht, um eine Säule und das Gesicht des „neuen HSV“ hätte werden zu können. Diesen Spieler verkauft man, trotz Vertrag über weitere 3 Jahre!, für die Lächerlichkeit von € 7,5 Mio. Nun kauft man einen Brasilianer, der bereits zweimal in Europa gescheitert ist, den man vor den Olympischen Spielen noch nie gehört hatte, für € 10 Mio. Verrückte Welt, aber wie gesagt: Die Preise fliegen über den Markt.

Meine Oma hat mal gesagt: Es dauert lange, sich einen guten Ruf zu erarbeiten, aber es geht unglaublich schnell, sich diesen Ruf wieder zu zerstören.

Nun ja, in Hamburg wartet man und man wird auch weiterhin warten, weil es kaum noch jemanden gibt, der bereit wäre, diesem Irrsinn Einhalt zu gebieten. Man lässt sich vertrösten, man lässt sich einlullen und man wartet weiter. Ab einem gewissen Punkt frag man sich, worauf man eigentlich wartet. Auf bessere Stimmung? Auf die wird man vergeblich warten, denn auch in diesem Jahr hat es der HSV wieder einmal geschafft, von Anfang an für miese Atmosphäre im eigenen Laden zu sorgen. Schlechte Vorbereitungsspiele, misslungener Saison-Auftakt, grauenvolle Testspiele. Der Coach wird in Frage gestellt, der Vereins-Boss gibt den Druck einfach mal weiter.

Irgendwie ermüdet dieser Verein. Extrem. Er langweilt. Nichts wird anders, von besser wollen wir gar nicht erst anfangen. Ich habe so viele Anhänger kopfschüttelnd aus dem Stadion gehen sehen, direkt nach dem Spiel gegen Ingolstadt. Ich habe so oft den Satz „Die gleiche Scheiße wie letztes Jahr gehört“, aber echte Empörung? Nein, einfach nur Resignation. Der Ruf dieses Vereins ist (wieder einmal) zerstört, die Saison wird bei vielen bereits zu den Akten gelegt.

Und ab Juni 2017 wird dann wieder gewartet.