Ein Gast-Kommentar von „Kerberos“

Ein zweifellos gelungener Coup von Finanzvorstand Frank Wettstein, der aus einem Chaos ein übersichtliches Chaos mit Aussicht auf Besserung geschaffen hat.“ schrieb ein Journalist als Resümee in Sachen „Stadion-Anleihe“. Beim lesen solcher Statements denkt man eigentlich unweigerlich eher an den Kommentar eines limitierten Users, denn an den Blog eines Berufs-Journalisten. Sorry; aber da drängt sich einem wirklich die Frage auf, wie kann man mit solch einem Geschreibsel eigentlich seine Familie ernähren. Ja; die Finanzen beim HSV sind nicht einfach und einige Protagonisten des HSV geben sich augenscheinlich alle erdenkliche Mühe, eine in sich bereits komplizierte Materie als undurchdringbares Zahlengewirr zu kommunizieren. Aber; „Etwas“ nicht zu verstehen kann doch einen Berufs-Journalisten nicht legitimieren, einfach irgendeinen unausgegorenen Unfug zu schreiben – und leider ist dies nur ein Beispiel von Vielen und dieser Journalist kein Einzelfall.

Es besteht offenkundig eine allgemein verbreitete Erfordernis, die Grundlagen der Ausgliederung der HSV Fußball AG einfach ein Mal verständlich darzulegen. Es macht schlicht keinen Sinn, sich ohne die erforderlichen Grundkenntnisse mit den Gründen, Erfordernissen, Notwendigkeiten, Auswirkungen oder Konsequenzen aktueller Finanz-Aktionen der HSV Fußball AG auseinander zu setzen. Dies ist die Intention dieses Gast-Blogs, wobei hier mehr Wert auf die Lesbarkeit und die Verständlichkeit des Textes gelegt werden soll, als auf juristische Finessen.

Die HSV Fußball AG wurde mit einem Grundkapital in Höhe von € 3.500.000 „gegründet“, wobei 1 Aktie ein Nennwert von € 1,- zugeschrieben ist; mithin gab es also mit der „Gründung“ der HSV Fußball AG genau 3.500.000 Aktien, die sich vollständig im Besitz des HSV-Vereins befanden und auch heute noch befinden.

Bei den Aktien der HSV Fußball AG handelt es sich ausnahmslos um vinkulierte Namens-Aktien. Konkret bedeutet dies, dass es zur Übertragung von Aktien der HSV Fußball AG von einem „Inhaber“ auf einen anderen „Inhaber“ stets der Zustimmung der Hauptversammlung der HSV Fußball AG bedarf.

Neben dem Grundkapital in Höhe von € 3.500.000 hat die HSV Fußball AG noch mit Gründung ein genehmigtes Kapital in Höhe von € 1.750.000. Mit Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der HSV Fußball AG vom 27.05.2014 wurde der Vorstand der HSV Fußball AG für die Dauer von 5 Jahren ermächtigt, das Grundkapital der HSV Fußball AG durch die Ausgabe „neuer“ Aktien mit einem Nennwert zu € 1,- um ins Gesamt € 1.750.000 zu erhöhen. Für eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe „neuer“ Aktien unter Ausnutzung eines genehmigten Kapitals bedarf es jeweils lediglich noch der Zustimmung des Aufsichtsrats; nicht jedoch mehr der Zustimmung der Hauptversammlung der HSV Fußball AG.

Wird die Kapitalerhöhung der HSV Fußball AG unter vollständiger Ausnutzung des genehmigten Kapitals in der Zukunft abgeschlossen sein, so wird das Grundkapital der HSV Fußball AG letztendlich € 5.250.000 betragen. Es werden also 5.250.000 Aktien zum Nennwert von € 1,- ausgegeben sein und – sofern der HSV-Verein selbst keine „jungen“ Aktien erwerben wird – werden 3.500.000 Aktien im Besitz des HSV-Vereins sein. Damit wäre der HSV-Verein an der HSV Fußball AG dann nur noch zu 66,66% beteiligt.

Dieser Sachverhalt ist (und war bereits vor dem Beschluss zur Ausgliederung) allgemein bekannt; er wurde auch den Mitgliedern des HSV-Vereins vor dem Ausgliederungsbeschluss mehrfach von verschiedener Seite hinreichend kommuniziert. Ein kleiner Teil der Mitglieder wollte es nicht hören und der vermutlich weitaus größere Teil der Mitglieder hatte es wohl gar nicht erst verstanden. Ebenso wie die möglichen wirtschaftlichen und insbesondere rechtlichen Umstände, die es dem HSV-Verein unmöglich machen könnten, zur Aufrechterhaltung seiner 75%-Beteiligung an der HSV-Fußball AG, selbst „junge“ Aktien zu erwerben oder die Ausgabe „junger“ Aktien bis zur Höhe des genehmigten Kapitals an Dritte zu verhindern.

Warum aber ein genehmigtes Kapital in Höhe von € 1.750.000? Es wäre doch ein Einfaches gewesen, statt eines genehmigten Kapitals von € 1.750.000 eben einfach „nur“ ein genehmigtes Kapital in Höhe von € 1.166.000 durch die Hauptversammlung der HSV Fußball AG zu beschließen. Dann wären bei vollständiger Ausnutzung des genehmigten Kapitals in Gesamt 4.666.000 Aktien der HSV Fußball AG ausgegeben, von denen sich 3.500.000 Aktien im Besitz des HSV-Vereins befunden hätten. Dies hätte dem HSV-Verein die „geforderte“ Beteiligung an der HSV Fußball AG von 75,01% (und somit eine ¾-Mehrheit in der Hauptversammlung) ohne die Notwendigkeit des Erwerbs „junger“ Aktien unter allen erdenklichen wirtschaftlichen und rechtlichen Eventualitäten gesichert.

Vielleicht etwa, weil nach der 50+1 Regel der DFL später 3.500.000 die Hälfte von 7.000.000 sein wird und 1.750.000 die Hälfte von 3.500.000 ist und dies später dann zu einem Viertel von 7.000.000 wird? Ist es tatsächlich möglich, dass hier ein moderner ´Adam Ries´ mit Not-Abitur die Satzung der HSV Fußball AG ausgearbeitet haben sollte?

Dies ist wohl kaum glaubhaft. Aber stellt man die Frage nach dem „Warum“, so erhält man tatsächlich nicht selten zur Antwort: „shit happens“. Das ist natürlich vollendeter Unsinn. Denn selbstverständlich könnte selbst heute noch die Hauptversammlung der HSV Fußball AG, in der der HSV-Verein aktuell eine Mehrheit von 85,65% hat, diesen „unerfreulichen Umstand“ mit einem einfachen Satzungsbeschluss beseitigen. Von dem einst genehmigten Kapital in Höhe von € 1.750.000 wurden aktuell erst € 586.322 durch die Ausgabe „junger“ Aktien ausgenutzt. Die HSV Fußball AG hat aktuell also noch ein genehmigtes Kapital in Höhe von € 1.163.678. Dieses könnte schlicht durch die Hauptversammlung der HSV Fußball AG auf € 579.678  reduziert werden und das Problem wäre gelöst. Eine Beschlussfassung in der Hauptversammlung der HSV Fußball AG über die Aufhebung des bestehenden und die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals – das wär es dann auch schon!

In der Konsequenz hätte dieser sehr einfach zu fassende Beschluss zur Folge: € 3.500.000 (ursprüngliches Grundkapital) + € 586.322 (Grundkapital aus bereits erfolgter Kapitalerhöhung) ergeben ein aktuelles Grundkapital der HSV Fußball AG in Höhe von € 4.086.322. Zuzüglich des (nun korrigierten) genehmigten Kapitals in Höhe von € 579.678 ergäbe sodann nach vollständiger Ausnutzung und Ausgabe aller „jungen“ Aktien am Ende ein Grundkapital der HSV Fußball AG von € 4.666.000; davon wären € 3.500.000 im Besitz des Vereins = mithin also gesichert immer mindestens 75,01%.

Um es abschließend ganz deutlich zu formulieren. Der HSV-Verein hat hier alle Möglichkeiten selbst in der Hand. Wenn der HSV-Verein die „Korrektur“ des genehmigten Kapitals der HSV Fußball AG vornehmen möchte, so kann er dies ohne Mitwirkung des Vorstands, Aufsichtsrats oder der weiteren Eigentümer der HSV Fußball AG. Es obliegt einzig dem HSV-Verein, entsprechend zu handeln. Warum aber handelt der HSV-Verein nicht dementsprechend; warum beseitigt der HSV-Verein nicht mit einem einfachen Beschluss in der Hauptversammlung die latente Gefahr, dass der HSV-Verein seine ¾-Mehrheit in der HSV Fußball AG durch eine nicht mehr steuerbare Ausnutzung des genehmigten Kapitals und der unkontrollierbaren Ausgabe von „jungen“ Aktien an Dritte verlieren könnte?

Eine plausible und befriedigende Antwort auf diese Frage wird es wohl nicht geben.