Eigentlich wollte ich heute ja nichts zum gestrigen Spiel schreiben, denn wer das gesehen hat und nicht Münchhausen „de Vrij“ Scholz heißt, der muss dazu eigentlich nichts mehr lesen. Nein, der Blog für heute war (und ist) fertig, auf den könnt ihr euch nun morgen freuen, so lange ihr nicht Beiersdorfer oder Wolf heißt. Das gestrige Spiel aber kann und darf nicht unkommentiert bleiben, weil es in 90 Minuten all das offenbart hat, was u.a. in diesem Blog seit Monaten, vielleicht schon seit Jahren, erklärt und dargestellt wird.

Dabei geht es gar nicht einmal um eine 0:1 Niederlage bei einem engagierten, spielerisch aber deutlich limitierten Aufsteiger. Es geht um die Art und Weise und es geht darum, wie man alles dafür getan hat, dass es zu dieser Niederlage und damit auch zum aktuellen Tabellenplatz kommen konnte. Bereits während der Transferphase haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass schlicht und ergreifend die falschen Spieler geholt und die falschen Positionen in den Fokus gerückt wurden. Kaum einer wollte das hören, denn viele waren von den Flair-Käufen Kostic und Halilovic, später dann Douglas Santos und von der rührigen Flüchtlings-Story um den armen Bakery Jatta derart euphorisiert, dass kein Platz für Realismus war. Dies gilt im Übrigen auch für all die Medien, die jetzt plötzlich auf den Kritiker-Zug aufspringen möchten.

Einen Kostic holte man, weil man (zu recht) der Meinung war, man bräuchte einen Ersatz für den abgewanderten Ivo Ilicevic. Doch ist ein Kostic a. viel zu teuer, der Mann ist vielleicht € 5 Mio. wert, b. viel zu eindimensional, er kann nur die Außenbahn und ist leicht aus dem Spiel zu nehmen und c. braucht man,wenn man einen Kostic holt, einen Abnehmer für seine Flanken. Den aber hat man nicht verpflichtet, also verpuffen mal eben knappe € 30 Mio. (Ablöse und Gehälter) in der Luft. Die Analyse macht man beim HSV dann, wie immer, nach dem Transfer. Flair-Kauf!

Einen Bobby Wood holt man, weil er der Top-Torjäger der 2. Liga war. Außerdem steht er für spektakuläres Mittelstürmerspiel und er ist Amerikaner. Sowas macht sich immer gut bei den Fans. Vergessen hat man, dass man einen Wood vergessen kann, wenn man über die Außen und mit Flanken spielen möchten, denn Wood ist ein idealer Stürmer wenn man mit Doppel-Spitze spielt, auf seiner Haben-Seite steht allerdings exakt ein Kopfballtreffer. Insofern heben sich die Käufe von Kostic und Wood gegenseitig auf. Flairkauf!

Einen Halilovic kauft man, weil man ihn haben konnte und nicht, weil man ihn braucht. Sowohl seine Fähigkeiten, wie auch seine Defizite waren allen Beteiligten bekannt, aber die Sehnsucht nach einem spektakulären Spieler und einem legitimen van der Vaart-Nachfolger waren größer als die Bedenken. Außerdem bezahlt ja Kühne und dann spielt es ja keine Rolle. Die Tatsache, dass die für ein Halilovic-Spiel notwendige Absicherung im defensiven Mittelfeld nicht verpflichtet wurde, wurde einfach mal ignoriert. Flairkauf!

Einen Douglas Santos holte man, weil man die Spieler, die man eigentlich wollte, nicht bekam. Weil man sich wochenlang an die falschen Spieler klammerte, aber keine Alternativen zur Hand hatte. Kurz vor Ladenschluss dann öffnete sich eine Tür in Brasilien und Deadline-Didi schlug zu. Dabei hätte man eigentlich etwas ganz anderes benötigt, aber so konnte man zumindest zeigen, dass man irgendwas tut. Flairkauf!

Einen Jatta ließ Labbadia in den Vorbereitungs-Spielen immer dann auflaufen, wenn es gegen unterklassige Gegner (4.- 6- Liga) ging. Hier fielen die Schwächen des Jungen nicht auf, aber man konnte durch sein Mitwirken für positive Stimmung unter den Fans sorgen. Dies scheint übrigens beim HSV mittlerweile wichtiger zu sein als alles andere. PR-Verpflichtung!

Hinzu kommt nun, dass Trainer Labbadia auf der einen Seite die Übersicht verliert, auf der anderen Seite die Zeichen der Zeit erkannt hat und auf die Fehler hinweisen möchte. Im gestrigen Spiel ließ er den gegen Leipzig noch halbwegs passablen Holtby draußen und agierte absichtlich mit den beiden einzigen echten 6ern, die ihm Beiersdorfer zur Verfügung gestellt hat, für eine gesamte Saison. Ekdal und Jung waren mit dem Spielaufbau komplett überfordert und sie harmonieren auch nicht. Dies aber wollte Labbadia gestern aufzeigen. Er wollte deutlich machen, dass genau auf dieser eminent wichtigen Position nichts getan wurde. Warum er allerdings plötzlich den vorher gesetzten Gregoritsch rauskickt, warum er immer wieder auf Pannen-Djourou setzt, warum er sklavisch an einem Aaron Hunt festhält, das bleibt sein Geheimnis.

Mein Gefühl ist, dass Labbadia Ansichts des sicheren Endes seiner Amtszeit nochmal ein Zeichen setzen wollte. Nach dem Motto: „Seht her, womit ich arbeiten musste“ wollte er auf das hinweisen, was für fast jeden ersichtlich ist: Beiersdorfer hat kläglich versagt und müsste, wenn es so etwas wie Gerechtigkeit geben würde, noch vor dem Übungsleiter gehen. Im SKY-Interview nach dem Spiel erklärte der große Zauderer, dass der HSV oben steht, also auch über ihm. Vielleicht gibt es ja irgendwo jemanden, der es genau so sieht. Andernfalls fliegt dieser Verein in diesem Jahr aus der Kurve, egal, wie der neue Trainer heißt.