Irgendwie ist es ja ungerecht, aber die Begeisterung über die Verpflichtung des Konzept-Trainers Gisdol hielt sich in Grenzen. „Naja, schön, dass er da ist. Aber jetzt wollen wir erstmal abwarten“. So oder ähnlich klangen die netteren Statements der Fans nach der Vorstellung des neuen Übungsleiters, andere meinten bereits vor dem ersten öffentlichen Training, dass der Süddeutsche nicht zum HSV passen würde. Wobei sie natürlich die Antwort schuldig blieben, welcher Trainer denn eigentlich nach Hamburg passen könnte. Gisdol kann man bestimmt einiges nachsagen, aber nicht, dass er dumm ist. Er selbst weiß ganz genau, worauf er sich eingelassen hat, eben deshalb ja auch nur der Vertrag bis Saison-Ende. Der blonde Markus hatte offenbar das Gefühl, dass er in Vergessenheit geraten könnte, würde er noch länger aussetzen als dies eine Jahr nach Hoffenheim und da kommt doch der HSV mit seiner „Strahlkraft“ besser an als z.B. Werder Bremen.

gisdol

Das Problem, warum sich durch die Neuverpflichtung Gisdols eben keine Begeisterung oder Aufbruchstimmung breit machen kann, ist hausgemacht, denn viele haben die unwürdige und linke Trennung von Ex-Trainer Labbadia noch gar nicht verarbeitet. Es ist eben doch ein Unterschied, ob man einen erfolglosen Coach einfach feuert oder ob man den Retter des Vereins hinterhältig und telefonisch abschiebt. Labbadia genießt in Hamburg aufgrund seiner Verdienste um den Verein und seiner offenen und ehrlichen Art einen besonderen Status und dies hätte Beiersdorfer bedenken müssen. Hätte man den Coach stilvoll und in Ehren verabschiedet, man hätte wesentlich mehr Rückhalt und Zuspruch erfahren. So aber stehen die Exzellenzen und allen voran Verbrennungs-Didi da wie fiese Königsmörder.

Welche besondere Stellung Labbadia auch in der Mannschaft genoss, unterstreicht der gestrige Facebook-Post von Torhüter Rene Adler.

Vor knapp 18 Monaten ist Bruno Labbadia in der wohl schwierigsten Phase des Vereins angetreten und hat das fast Unmögliche möglich gemacht. Ich werde nie vergessen, wie wir uns nach Abpfiff in Karlsruhe erleichtert in den Armen lagen. Er hat uns auf jedes Spiel top eingestellt. Wir als Mannschaft waren es, die in der letzten Zeit seinen Plan nicht umgesetzt haben – und da nehme ich mich komplett mit in die Verantwortung. Es war eine brutal intensive Zeit, die ich immer in guter Erinnerung behalten werde! Ich danke Ihnen, Bruno und Ihren Co-Trainern Eddy Sözer und Bernhard Trares – alles Gute für die Zukunft!

Und als Mannschaft müssen wir jetzt gemeinsam mit dem neuen Trainerteam alles für den sportlichen Erfolg des Vereins tun.

In dieser unaufgeräumten Atmosphäre kommt nun der schwierige Typ Gisdol, der sich ungern reinreden lässt und der im Umgang, auch und besonders mit den Spielern, nicht einfach zu nehmen ist. Er steht vor einer riesigen Aufgabe, aber eigentlich kann er nur gewinnen, denn Misserfolg mit dem HSV zu haben ist schon längst kein Makel mehr unter den Trainern dieser Welt. Im Grunde ist hier schon jeder Trainer und jeder Trainertyp mindestens einmal gescheitert und wer sich in die Riege der Gescheiterten einreiht, ist halt weder besser noch schlechter als die Anderen, aber er hat zumindest für ein Jahr ein fürstliches Gehalt abgegriffen. Anders ausgedrückt: Kein Verein dieser Welt würde einen Trainer meiden, der beim HSV gescheitert ist.

Insofern ist Gisdol doch in einer außerordentlich komfortablen Situation. Scheitert er, ist das Engagement nach einem Jahr halt wieder vorbei und er ist einer von vielen. Hat er Erfolg, hat er sogar zwei Optionen.

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Entweder, er verlängert beim dankbaren HSV zu (noch) besseren Konditionen oder er hat aufgrund der kurzen Laufzeit seines Vertrags die Chance, ab der Saison 2017/18 bei einem anderen, besser aufgestellten und solide geführten Klub anzufangen. Win-win nennt man das wohl, zumindest für den Coach. Für den HSV sieht das anders aus, denn dieser HSV wird sich wahrscheinlich zur nächsten Saison den nächsten Trainer suchen dürfen. Aber – wen stört das eigentlich noch in Chaos City?

Da fällt mir gerade ein: Hat eigentlich irgendwas das Gefühl, dass Markus Gisdol jetzt Trainer des Hamburger Sportvereins ist? Mir kommt es so vor, als wäre er lediglich die Urlaubsvertretung für Bruno Labbadia, eigentümliches Gefühl. Naja, irgendwann wird dann aus Chaos City sowas wie Läster City….