Gisdol zahlt für Beiersdorfers Fehler

In der Tat, der HSV spielte gestern in Berlin schöner. Es sah optisch besser aus, es war attraktiver anzusehen, es machte irgendwie Spaß, sich dieses Spiel anzugucken und – es war genauso  erfolglos wie zuvor! Diejenigen, die aus diesem Spiel den Schluss ziehen wollen, dass ja jetzt alles gut werden wird, muss ich enttäuschen, denn das Problem des HSV liegt mitnichten im System, es liegt im Spieler-Material. Bruno Labbadia hatte das schon ganz richtig gesehen, nämlich, dass ihm im Defensiv-Bereich überdurchschnittliche Akteure fehlen. Er spielte deshalb insgesamt defensiver, um hinten nicht regelmäßig die Bude voll zu kriegen, verzichtete dafür aber notgedrungen auf das vom Publikum (und Kühne) gewünschte Offensiv-Spektakel.

Gisdol macht nun das genau Gegenteil, er lässt nahezu alle Offensiv-Spieler, die ihm zur Verfügung stehen, von der Kette, spielt eine Art Harakiri-Pressing und riskiert dabei, dass man hinten blank steht. Die Spielweise des HSV von gestern erinnert in fataler Art und Weise an die des VfB Stuttgart unter Zorniger. Auch die Schwaben spielten extrem offensiv, vernachlässigten dabei aber jeglichen Verteidigungs-Gedanken, das Resultat ist bekannt. Das alles sieht zwar sehr schön aus, aber es sieht auch heroisch aus, wenn ein Mann mit einem Küchenmesser bewaffnet auf ein Maschinengewehr zu läuft. Die Ehre gebührt dem Messermann, aber am Ende ist nur Einer tot.

Nein, Gisdol wollte mit dem Spiel in Berlin eine Duftmarke setzen, er wollte zeigen, dass unter seiner Regie attraktiver Fußball gespielt wird, den alle cool finden. Noch cooler sind am Ende aber Punkte und die werden auf diese Art nicht kommen. Ebenso erschütternd wie vorhersehbar sind natürlich die Äußerungen in Foren und Blogs, vornehmlich von Menschen, die den Unterschied zwischen einer Banane und einem Golfschläger nicht erkennen, die da meinen, der HSV hätte unter Gisdol jetzt “den Bock umgestoßen” und es bräuchte nur ein wenig mehr Übung, dann würde dieser “neue HSV” die anstehenden Gegner mit dem neuen Power-Fußball aus den Stadien bolzen. Mitnichten, Freunde, denn – die Anderen schlafen auch nicht. Gisdols Spiel ist ausgesprochen leicht zu entschlüsseln und schießt der HSV in den nächsten Spielen nicht in jedem Match mindestens 3 Tore, werden auch nach dem 9. Spieltag nicht mehr als 2 Punkte auf der Habenseite stehen. Dann allerdings mit einem Torverhältnis von 9:29.

dueduerosa

Das, was Markus Gisdol dort gestern veranstalten ließ, entlarvte in brutaler Manier jeden Fehler, den Deadline-Didi Beiersdorfer seit dem Juni 2014 begangen hat. Die Sportchef-Karrikatur hat einfach nur die falschen Spieler für viel zu viel Geld verpflichtet, denn ich bitte zu beachten: Das, was dort gestern auf der wackeligen Doppel-Sechs agiert hat (Ekdal, Holtby), war schon das Beste, was der HSV dort zu bieten hat. Da ist einfach nicht mehr oder denkt jemand, dass das Duo Jung/Hunt in Zukunft die Offensiv-Bemühungen von Köln, Gladbach und Dortmund besser unterbinden kann? Gisdol hat gestern alles aufgefahren, was in der Küche war. Er hat (mit Ausnahme von Halilovic) alle Neuen und Teuren gebracht, es fehlte auch kein Schlüsselspieler verletzungsbedingt. Mehr ist in dem von Beiersdorfer zusammengestellten HSV nicht drin, herzlichen Glückwunsch.

Apropos Halilovic. Es gibt sie ja immer noch, diejenigen, die in dem kleine Kroaten den neuen Messi(as) sehen, der am Ende van der Vaart-mäßig aufdrehen wird. Leute, das wird nicht passieren. Wie gern hätte Gisdol den ehemaligen Barca-Spieler gestern gebracht, aber das war selbst Harakiri-Gisdol zuviel des Guten. Außerdem gibt es da noch ein anderes Problem, denn in Gisdol’s System ist gar kein Platz für einen Spieler wie Halilovic. Es wird auch weiterhin darauf hinauslaufen, dass der Kroate über die rechte Seite kommen muss, also auch hier nichts neues.

Fassen wir nochmal zusammen, wo der HSV am 02.10.2016 steht. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist man heute Abend Tabellenletzter mit einem von 18 möglichen Punkten, der schlechteste Saisonstart in der Geschichte des Vereins. Außerdem steht ein Torverhältnis von 2:12 zu Buche, der HSV hat also genauso viele Tore geschossen, wie Kerem Demirbay an welchen beteiligt war. Mal zum Vergleich: Am 6 Spieltag der letzten Saison hatte der HSV 10 Punkte und 8:9 Tore. Aber: Stammelkönig Beiersdorfer weigert sich beharrlich, von Abstiegskampf zu reden, ist doch Klasse. Mal gucken, wann man im Volkspark damit beginnt. Vielleicht ja zur Rückrunde, wenn man insgesamt 11 Punkte hat und über den nächsten Trainerwechsel nachdenkt.

Schön übrigens auch die Aussagen nach dem Spiel. “Das wird schon alles, keine Panik”, “das kriegen wir hin, das braucht seine Zeit”. Großartig, besonders dann, wenn die Spieler diese Aussagen wörtlich nehmen. Hey, ist doch kein Druck, der Trainer sagt, das braucht halt noch Zeit. Auf genau diese Art werden Absteiger geboren.

 

Von | 2016-10-02T09:53:56+02:00 2. Oktober 2016|Allgemein|36 Kommentare

36 Comments

  1. LordBendtnerderErste 2. Oktober 2016 um 08:06 Uhr

    genau diese Gedanken sind mir direkt nach abpfiff auch durch den kopf gegangen.

    Holtby hat sich zum wiederholten Male auf der 6 so abkochen lassen wie n Kreisliga Kicker… danke didi, dass du diesen kasper verpflichtet hast!

    Im winter wird man dann krampfhaft und teuer den fehler korrigieren & personal auf IV und 6 holen…

    harakiri buyersdorfer vom Feinsten!!!

  2. BerndH60 2. Oktober 2016 um 08:16 Uhr

    “Das, was Markus Gisdol dort gestern veranstalten ließ, entlarvte in brutaler Manier jeden Fehler, den Deadline-Didi Beiersdorfer seit dem Juni 2014 begangen hat.”
    Vielleicht wurde Gisdol ja nur aus diesem Grund verpflichtet. Mission Impossible.
    Jedenfalls weiß ich jetzt, der Mann hat erstens Humor, und wird zweitens sein Engagement beim HSV physisch und psychisch unbeschadet überstehen. Im Gegensatz zu Bruno, dem man ja das Leiden schon optisch anmerken konnte.

  3. Weltmeister 2. Oktober 2016 um 08:47 Uhr

    @ Grave
    Messerscharf und vollkommen richtig beschrieben. Danke dafür!

  4. Björn 2. Oktober 2016 um 09:18 Uhr

    Moin,

    ich weiß, es klingt immer blöd, aber – “ich habe es genau so kommen sehen!”

    Es ist fast Alles beim Alten, das Verlieren sieht jetzt nur attraktiver aus.
    Ich bin inzwischen überzeugt davon, das Labbadia erkannt hat, dass jeglicher Anflug von offensiver Taktik nach hinten losgehen würde.
    Mit Gisdol hat man jetzt einen Offensiv-Fanatiker (die TSG war unter ihm defensiv auch offen wie ein Scheunentor) gefunden, der sich das bis zum Saisonende antut. Er kann dabei nur gewinnen – hat er Erfolg, wird er ggf. den HSV verlassen können, steigt der HSV ab (alles andere wäre besagter Erfolg), kann er für den Kader nichts.

    Was Halilovic angeht – ein typischer Beiersdorfer-Transfer. Sieht aus, als hätte der sich von einem Berater mächtig blenden lassen. Ob der kleine Alen vorher überhaupt gescoutet wurde?!

  5. Captain 2. Oktober 2016 um 09:33 Uhr

    Moin,Sehe ich auch so,Beiersdorfer ist der “Totengräber des HSV “!! Aber mir kommt BL zu gut weg.Er ist in erster
    Linie verantwortlich welche Spieler verpflichtet werden,natürlich in Absprache mit dem Sportdirektor.Ich hätte mir von BL mehr Rückrat gewünscht.Im übrigen bin ich auch der meinung,erster Absteiger ist der HSV.

  6. Gravesen 2. Oktober 2016 um 10:26 Uhr
  7. alfa 2. Oktober 2016 um 10:34 Uhr

    Der Satz “Verlieren sieht jetzt ansehnlicher aus” drückt doch die ganze Misere aus!
    Andere , oder die meisten, haben erst eine Idee wie Sie spielen wollen, und ergänzen nach Bedarf und Kompatibilität, aber unser Buyer kauft nach Verfügbarkeit meist aber eher Bekanntheitsgrad und Kosten Faktor je höher desto mehr Ehre!? Kompatibilität der Spieler, ja gut wäre schön und aber nicht Voraussetzung! Und jeder Trainer fordert noch den einen oder anderen Spieler für sein System, um einigermaßen was erreichen zu können, da das Grundgefüge wohl nicht existent ist, gibt es seit Jahren keine konstante Mannschaftsleistung über längeren Zeitraum! So wird es wohl auch noch Jahre. ….

    • Skeptiker 2. Oktober 2016 um 13:09 Uhr

      Auch in der Trainerfrage plan- und kopfloses Handeln. Wenn ich Offensivfußball a la Gisdol spielen will, hole ich den neuen Trainer nach Ende der vorherigen Saison, damit er die Vorbereitung für solch eine gravierende Systemumstellung nutzen kann. Beiersdorfer holt den Systemwechseltrainer nach dem 5. Spieltag. Noch Fragen? Der Mann hat absolut keinen Plan, hangelt sich mühsam von Tag zu Tag. Dafür ist jedoch sein Gehalt zu hoch!

  8. Simek 2. Oktober 2016 um 11:09 Uhr

    Irgendwann wird der Punkt kommen an dem dieser Verein absteigt und die Exzellenzen den Verein verlassen weil 2. Liga ja kein “Flair” hat.

    Ich sehne diesen Punkt seit Jahren herbei.

    Zu Halilovic:
    Hat Gisdol ihn nicht gegen Wood eingewechselt gestern?

    • Skeptiker 2. Oktober 2016 um 11:51 Uhr

      Hat er, aber gesehen hat man nichts von ihm. Leichtmatrose.

      • Saschas Alte Liebe 2. Oktober 2016 um 13:31 Uhr

        Es ist eine sehr hohe Rechnung, die Gisdol da zahlen muss. Das wird ihm nur gelingen können, wenn er es schafft, einen Großteil des Kaders auf ein Spiel-Niveau zu heben, in das einer wie Halilovic dann reinpasst.
        Wenn man genau hinsieht, was der Kleine tut, und dies dann ein zwei Pässe/Situationen weiterdenkt, kann man sehen, dass da einfach die Mitspieler fehlen, die das antizipieren können.
        Weil das aber nicht geschieht, spielt die Mannschaft meist um ihn herum diesen leicht ausrechenbaren Standardkram – diesmal mehr offensiv, vorher nur defensiv.
        Mehr Tore haben sie übrigens damit auch nicht gefangen.
        Bemerkenswert konstant schafft es Super-Didi, für zig Millionen Kader zusammenzukaufen, in denen dann Spieler wie Diaz, Halilovic, Stieber als “zu gut” wieder ausgemustert werden müssen.
        Bemerkenswert auch, dass dieser Supermann es schafft, seine katastrophalen Fehler immer wieder selbst noch zu toppen !
        Er wird zum Gravedigger-Didi des HSV werden.

        • Skeptiker 2. Oktober 2016 um 15:07 Uhr

          Sein wir doch ehrlich: Die Qualität des HSV-Kaders bewegt sich auf demNiveau einer durchschnittlichen Zweitligamannschaft. Oder glaubt jemand, dass wir mit diesem Kader in der 2. Liga an der Tabellenspitze stehen würden?

      • Simek 3. Oktober 2016 um 06:17 Uhr

        Ich habe auch nicht behauptet, dass man etwas von ihm gesehen hat.

        Es ging mir nur um den Fakt an sich.

  9. Björn 2. Oktober 2016 um 11:17 Uhr

    Ich habe den Text der SHZ gerade gelesen.
    Stimmt, Horst Heldt würde perfekt zum HSV, bzw. Beiersdorfer passen – war Heldt doch über Jahre das Problem bei Schalke und hat das selber nicht begriffen.
    Wenn der Held(t) kommt, ist das der letzte Sargnagel für den HSV.

    • Saschas Alte Liebe 2. Oktober 2016 um 13:34 Uhr

      Didi schafft das locker auch ohne Heldt

  10. Skeptiker 2. Oktober 2016 um 11:55 Uhr

    Sehr guter Blog! Anfangs war ich erstmal beeindruckt von dem schnellen Spiel, das da plötzlich veranstaltet wird, aber nachdem ich das ganze etwas habe sacken lassen, fühlte ich mich auch fatal an den VfB Stuttgart der letzten Saison erinnert. Gegen wen will der HSV überhaupt noch gewinnen?

    Dietmar Beiersdorfer – mit Vollgas Richtung 2. Liga. (Lizenz vorausgesetzt)

  11. Guy La Fleur 17 2. Oktober 2016 um 12:33 Uhr

    Didi`s Retter heißen dieses Jahr wahrscheinlich Ingolstadt und Darmstadt, die evtl dafür sorgen, dass wieder einmal Relegation angesagt ist. Aber Diaz ist nicht mehr dabei, denn der war ja zu gut für den HSV.
    Solange diese gesamte Mischpoke um Beiersdorfer und dem ahnugslosen AR dort ihr Unwesen treibt, wird sich nichts aber auch gar nichts ändern. Der Verein muss von externen Fachleuten, keinen mit Stallgeruch, durchleutet und auf links gedreht werden. Aber bitte nicht mit Horst Heldt, vielleicht aber mit Horst Hrubesch, obwohl “Stallgeruch”.

  12. Hamburger Jung 2. Oktober 2016 um 12:55 Uhr

    Guter Blog. Man muss sich wirklich fragen, was Beidersdorfer sich da wieder einflüstern lassen hat – den ich gehe davon aus, dass sein interner Berater, Latschen-Peters, hier die treibende Kraft bei der Trainer-Verpflichtung war. Es ist aus meiner Sicht höchst fahrlässig, diese Mannschaft an diesen Trainer zu übergeben, aus den von Grave genannten Gründen. Interessant ist das auch, wenn man sich mal Gisdols Bilanz bei der TSG Hoffenheim ansieht:
    96 Spiele, dabei 185:171 Tore! Also pro Spiel im Schnitt 1,93: 1,78 Tore. Bei dem Spielermaterial, was der HSV für die defensive zur Verfügung hat, wird der Durchschnittswert für die Gegentore vermutlich noch höher ausfallen und man müsste 2-3 Tore pro Spiel erzielen, um wenigstens hin und wieder mal ein Pünktchen zu hamstern.
    Das nächste Spiel gegen Gladbach mit einer dort vorhandenen exzellenten Offensive wird aufschlussreich.
    In Berlin hat man auch besonders wieder gesehen, dass ein Holtby mit Defensiv-Aufgaben überfordert zu sein scheint. Wie gegen Leipzig läuft er vorm eigenen 16er quer und verliert den Ball – gegen Hertha ohne KOnsequenzen, gegen RB wars das 0-4. Katastrophal.

  13. Schenkelklopfer 2. Oktober 2016 um 13:17 Uhr

    Auch ich habe mich gestern etwas von unserem Spiel blenden lassen. Wenn man jedoch mal genauer hinschaut, dann kann man zu keinem anderen Schluss kommen als dem, den der Blog nahelegt.

    Ob der HSV dem Abstieg erneut entgehen kann ist angesichts der veränderten Spielweise mehr als fraglich. Da kann man nur hoffen, dass Gisdol aus seiner Hoffenheimer Zeit gelernt hat.

  14. Skeptiker 2. Oktober 2016 um 15:25 Uhr

    Habe gerade das Interview mit Gisdol zum gestrigen Spiel gesehen. Tenor: Die Tabelle interessiert mich nicht. Aber was soll er auch anderes sagen…

  15. Sven 2. Oktober 2016 um 17:40 Uhr

    Mein Mantra war schon immer, dass BL ein Teamplayer ist, der Unterstützung braucht. Unansehnlich sein Spiel: hinten dicht, hoffen auf Kamerad Zufall vorne. Gisdol spielt halt umgedreht: Va banque vorne, hoffen das die anderen nicht so bestrafen wie die Bayern. Der Punkt liegt also definitiv in der falschen Einkaufspolitik, bei der DB das letzte Wort hat. Also letztendlich sein ganz alleiniger Fehler. Die Frage lautet also: Warum Gisdol?
    Ich saß nicht dabei, aber entweder hat Gisdol (der definitiv auch nicht doof ist!) DB wider besseres Wissen das Blaue vom Himmel vorgeschwärmt oder/und DB will einfach noch Zeit schinden a la Dagobert Duck.
    Die letzte Patrone zum Klassenerhalt wird so aussehen: DB bekommt einen Fensterplatz (wie ich bereits schrieb), Gisdol kehrt bis zur Winterpause zurück zur unansehnlichen Spielweise der letzten Saison, die hin und wieder ein Pünktchen rettet und KMK forciert das Scouting, um in der Winterpause kräftig in den Defensivbereich zu investieren.
    Das ist zwar alles dünn, aber der Rest ist ein großes Nichts.
    .
    Herr Kühne, noch können Sie der Retter des HSV statt der größte Zauderer aller Zeiten noch vor DB zu werden. Aber dann: Scouting jetzt, Beiersdorfer kaltstellen bei absolutem Interviewverbot, im Winter Lack auf den Tisch für die Defensivabteilung.

  16. Skeptiker 2. Oktober 2016 um 18:55 Uhr

    Jetzt ist es endlich geschafft: Wir haben die rote Laterne!