Lieber Herr Kühne,

vielleicht erinnern sie sich? Ich hatte ihnen die gleiche Frage einmal per Email gestellt und sie hatten recht nebulös darauf geantwortet. Man würde ihren Einfluss überschätzen, sie würden eine erneute „Unterstützung von anderer Seite“ anregen (Stichwort Fan-Anleihe), außerdem könnten sie nicht immer der Einzige sein, der gibt. Stimmt, könnten sie eigentlich nicht, sind sie aber. Auch oder vielleicht gerade weil eben sie mittlerweile so viel Einfluss haben, sind andere potenzielle Geldgeber abgeschreckt und haben kein Interesse, die „zweite Geige“ hinter Kühne spielen zu wollen.

klaumi

Ich hatte ihnen im Verlauf unserer Kommunikation jede Einzelheit dieses Vereins erläutert und im Detail analysiert, vielleicht erinnern sie sich. Ich habe die Dokumente noch vorliegen und sie und ich wissen, dass ich in jedem Punkt Recht hatte. In Bezug auf die handelnden Personen und ihre Absichten, in Bezug auf die Transfers und ihre Sinnhaftigkeit, in Bezug auf den Weg, den der HSV gehen wird, wenn sie nicht regulierend eingreifen würden. All das ist dokumentiert und liegt vor. Sie wollten damals (im Mai 2016) nicht auf mich hören, obwohl ich ihnen sogar Personen vorgeschlagen hatte, die sie besser (weil unabhängiger) beraten würden als ihre aktuellen sogenannten Berater, die zum wiederholten Male den Weg in die Öffentlichkeit suchen (ich weiß, dass ihnen das missfällt) oder die aus einer Berater-Rolle Profit schlagen.

Wie auch immer, heute am 12.10.2016 stelle ich ihnen die Frage aus dem Mai erneut: Was genau wollen sie eigentlich? Was haben sie vor oder wissen sie das vielleicht selbst nicht so genau, wie ich befürchte? 

Sehen sie, lieber Herr Kühne, das Problem mit dem Verständnis ihrer Absichten habe ja nicht nur ich. Wie ich fragen sich viele Mitglieder, Anhänger und Fans des Hamburger SV, was das eigentlich alles soll. Ist dieser Verein für sie lediglich eine Art Spielzeug, welches sie sich für viel Geld (für sie ist es natürlich nicht so viel Geld) leisten können, um ein wenig im bunten Profifußball-Business mitmachen zu können? Wo sie ab und zu in den Medien Erwähnung finden, wo sie sich aufgrund des Kaufs des Stadionnamens kurzfristig zum Helden für wenige Tage machen konnten? Wo sie Vereins-Funktionäre und Spieler bei sich auf Mallorca antanzen lassen können, weil die es müssen? Herr Kühne, bisher habe ich mich geweigert zu glauben, dass ein Mann von ihrer Intelligenz aus sowas Vergnügen oder Befriedigung bezieht, aber vielleicht irre ich mich ja auch.

Vielleicht verfolgen sie, lieber Herr Kühne, ja auch eine ganz andere Absicht. Vielleicht existiert hinter all ihren Aktienkäufen, Spielerbeteiligungen etc. ja auch eine Art Plan, aber wenn es einen geben sollte, verstehe ich ihn nicht. Herr Kühne, sie werden am 02.06.2017 80 Jahre alt und ich glaube, ich trete ihnen nicht zu nahe, wenn ich langfristig angelegt Pläne in ihrem Alter bezweifle. Hinzu kommt – sie haben keine leiblichen Nachfahren, sie können sich also noch nicht einmal diesen Verein für ihre Kinder zurechtlegen. Was mit ihren Anteilen nach ihrem Ableben passieren wird, weiß ohnehin niemand, das nächste Damokles-Schwert, welches über dem Verein schwebt.

Nein, lieber Herr Kühne, das alles passt für mich nicht zusammen, zumal ich ihnen abnehme, dass sie an diesem Verein hängen und nur das Beste für ihn wollen. Trotzdem passt es nicht, denn wenn sie tatsächlich eine signifikante Veränderung herbeiführen wollen würden, müssten sie es anders machen, ganz anders. Ein Mann, der sich im Geschäftsleben ausschließlich mit Profis umgibt, stellt erkennbaren Amateuren mehr als € 100 Millionen über die Jahre zur Verfügung und beobachtet dann, wie das Geld durch den Schornstein geblasen wird? Das kann ich nicht glauben. Wenn sie als 79 Jahre alter Mann tatsächlich sowas wie Erfolg sehen wollten, müssten sie nicht € 30 Mio. in einer Saison zur Verfügung stellen, sondern mindestens € 150 Mio. und sie könnten es sich leisten. Wozu nun diese häppchenweise Zuteilung, es führt doch erkennbar zu nichts.

Sie haben vor dieser Saison Gelder für die Spieler Kostic, Halilovic, Douglas Santos, Ferati und Waldschmidt bereitgestellt und sie bezahlen auch die Gehälter dieser Spieler über die gesamte Laufzeit. Mit diesen Spielern, Herr Kühne, wird der HSV mit viel Glück den Abstieg verhindern, nicht mehr und nicht weniger. Ist es das, was sie wollen? Mehr als € 100 Mio. zu geben und dann zu sehen, wie ihr Verein gegen den Abstieg spielt? Zu mehr wird es auch in den nächsten Jahren nicht reichen und sie werden nicht jünger. Herr Kühne, ich glaube, sie erkennen, was ich zum Ausdruck bringen möchte. Wenn sie so weitermachen wie bisher, dann werden in ihrem Umfeld einige Herrn zwar reich, aber der HSV wird nicht erfolgreicher.

Vielleicht gehört ihnen dieser Verein irgendwann. Und dann? Erfreuen sie sich als dann vielleicht 84-Jähriger an einer maroden Ruine mit doppelt soviel Verbindlichkeiten wie Zuschauer? Wollen sie dann nochmal Million auf Million investieren, um dort anzukommen, wo der HSV heute bereits steht? Oder ist es vielleicht doch nur ein Spiel(zeug), das sie sich leisten, weil sie es sich leisten können? Auch dann verstehe ich sie nicht, denn ein Spielzeug soll doch Spaß machen und der HSV macht alles, aber keinen Spaß. Für das Geld, welches sie in diesen Verein gepumpt haben, könnten sie woanders deutlich mehr Spaß haben, das garantiere ich ihnen.

Ne (wie man in Hamburg sagt) Herr Kühne, so wird das nichts. Nicht in ihrem Leben und nicht in meinem. Entweder, sie machen es richtig, wie sie es in ihrem Geschäftsleben immer getan haben oder sie lassen es bleiben. Wie kann jemand, der als Geschäftsmann so zielgerichtet agiert hat, auf diesem Feld so unentschlossen und zögerlich sein? Wie kann jemand, für den es immer nur Vollgas gab, hier mit dem Rückwärtsgang zufrieden sein, wenn ihm die Mittel zur Verfügung stehen, es anders zu machen?

Als kleine Orientierungshilfe habe ich ihnen einen Auszug aus einem Abendblatt-Artikel beigelegt, dieser  zeigt auf, auf welchem Weg diese Mannschaft und dieser Verein ist. Glauben sie, Herr Kühne, dass man für diese havarierte Ruine nur einen neuen Trainer verpflichten muss und dann läuft der Kahn wieder? Wenn ihnen dies von ihren „Beratern“ verkündet wird, dann gute Nacht.

Nicht nur in der Tabelle, auch in der allgemeinen Bewertung der Spieler hinkt der HSV der Bundesliga-Konkurrenz hinterher. Nach sechs Spieltagen beträgt etwa die vom Fußball-Fachmagazin „kicker“ vergebene Durchschnittsnote der HSV-Profis 4,28. So schlecht fiel die Bewertung einer Mannschaft in 54 Jahren Bundesliga noch nie aus.

http://www.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article208391283/Benotung-der-HSV-Spieler-erreicht-historischen-Tiefstwert.html

Dies, lieber Herr Kühne, sind die Werte eines Absteigers. Und wenn auch einige komplett Verstrahlte der Meinung sind, es wäre doch erst der 7. Spieltag und die Saison würde in Gladbach erst beginnen – sie wissen, dass es nicht so ist. Was ist das für ein Gefühl, wenn man in eine Sache mehr Geld investiert hat, als 2.000 normale Menschen in einem Jahr verdienen können und dann sieht man mit an, wie es einfach nur verbrannt wird? Wäre es mein Geld, ich wäre unfassbar sauer und ich würde drastische Konsequenzen ziehen.

Es wird Zeit, Herr Kühne. Ganz egal, was sie eigentlich mit dem Verein einmal vor hatten.