Normalerweise verspürt man eine Art Aufbruchstimmung, eine Hoffnung für einen Neuanfang, wenn ein neuer Trainer beim Hamburger Sportverein sein Werk beginnt, jedenfalls war es bisher so. Ob man nun den Motivator Fink, den Konzepttrainer Slomka, den unverbrauchten Zinnbauer, den international-erfolgreichen van Marwijk oder den integrativen Labbadia holte, immer war mit der Inthronisierung eines neuen Übungsleiters das verzweifelte Hoffen darauf verbunden, dass es doch bitte endlich stimmen sollte. Diesmal ist das anders und ich kann bisher noch nicht sagen, ob die „neue Hamburger Gleichgütigkeit“ mit der Person Markus Gisdol verbunden ist oder ob einfach nur die Luft endgültig raus ist.

Während der Länderspielpause verfiel die Mannschaft in eine Art vorgezogenen Winterschlaf. Eine Einheit am Tag, zwei Tage frei, dann ein lockeres Jogging durch den Volkspark – auf die Art möchte also der neue Trainer seinem Team sein neues Konzept eintrichtern? Keine Frage, Konditionsgebolze während der laufenden Saison wäre Mumpitz, aber ein wenig Taktik-Training hätte es doch schon sein dürfen, oder?

Allgemeine Reaktion: Na und? Ist doch egal.

Kapitän Djourou fällt mit Muskelfaserriss wochenlang aus. Allgemeine Reaktion: Na und? Ist doch egal.

Keine Frage, der HSV ist von einem Virus befallen, für den es kaum Heilung gibt und dieser Virus heißt Gleichgültigkeit. Natürlich gibt es noch die Fanboys und die Hüpfer in den rosa Mädchen-Nachthemden, aber denen ist ein Ergebnis, eine Klassenzugehörigkeit oder eventuell sogar Erfolg ohnehin völlig egal. Die kreischen „Dickie“ sogar dann, wenn irgendein HSV-Spieler unfallfrei den Parkplatz an der Arena verlässt, für die gibt es kein Leben ohne diesen Blödsinn, aber die kann man ohnehin nicht ernst nehmen. Die breite Masse aber hat die Hoffnung auf Besserung aufgegeben und selbst auf der HSV-Facebook-Page wird der Verein aufgrund der nicht vorhandenen Leistung, der Perspektivlosigkeit und der ungeschickten Außendarstellung („Hey Filip, wann ist denn endlich wieder Bundesliga?“ „Nur noch 2 Tage, Michi – nur noch 2!“) mehrheitlich lächerlich gemacht.

Apropos lächerlich. Nicht nur, dass sich mittlerweile jeder Kritiker auf den HSV  bzw. auf Beiersdorfer eingeschossen hat, das kann durchaus passieren. Viel bedenklicher ist jedoch, dass dieser Verein inzwischen Mitleid hervorruft, dass man sich über die Performance des Vorstandsvorsitzenden-/Sportchef-Simulanten medial offen lustig macht. Eigentlich undenkbar, denn immerhin sitzt man doch in einem Boot und läuft sich immer mal wieder über den Weg. Interessiert aber heute keinen mehr und auch dies ist ein Beweis dafür, dass Beiersdorfer bei den Meisten schlichtweg durch und verbrannt ist.

Betrachtet man die Pressekonferenz vor dem Gladbachspiel, so kommen zumindest mir einige Aussage von Neu-Coach Gisdol schon einigermaßen sarkastisch daher. Auffällig auch, dass MG von Pressesprecher Wolf mit „Trainer“ angesprochen wird und nicht wie eigentlich üblich mit dem Vornamen. Ebenfalls ein Indiz dafür, dass man nicht damit rechnet, dass der Mann länger verweilt? Und selbst wenn? Na und? Kommt halt der Nächste.

Damit, liebe Freunde, wird es aber nicht getan sein, denn noch einen Trainer kann und darf der Verbrenner nicht mehr verbrennen, eigentlich war Gisdol schon einer zuviel. Die Bilanz Beiersdorfers ist an dieser Stelle schon mehrfach und im Detail erläutert worden, sie ist nicht übel, sie ist vernichtend und desaströs. Kein anderer Vereinsboss in der Geschichte des Vereins verdiente je mehr als er, kein anderer Vereinsboss hat ausschließlich Pleiten, Eigentore und Nieten auf der Habenseite. Dieser Mann hat in 2 1/2 Jahren nichts richtig gemacht, unfassbar.

Ergo muss Gisdol etwas schaffen, was nicht geschafft werden kann. Er soll attraktives Spektakel liefern, er soll Punkte liefern, er soll nicht nur Beiersdorfer, sondern den ganzen Verein retten. Dies aber mit einer Mannschaft, die das nicht kann. Wie wird das Innenleben einer überbezahlten Wohlfühl-Truppe wohl aussehen, wenn man nach 10 Spieltagen 2 Punkte auf dem Konto hat und abgeschlagen Tabellenletzter ist? Wird man dann noch Vertrauen in einen Trainer haben, dessen Vertrag eine Restlaufzeit von 8 Monaten hat? Wird Kühne dem Transferversager Beiersdorfer erneut zig-Millionen für personelle Nachbesserung in die Hand drücken, um dann zu sehen, wie auch diese Spieler den Bach runtergehen (Der Marktwert von Alen Halilovic wurde aktuell von € 10 Mio. auf € 5 Mio. runtergestuft)?

Ich habe das Gefühl, dass Markus Gisdol genau weiß, dass das, was von ihm erwartet wird, nicht zu schaffen ist. Aber vielleicht gelingt ihm ja die nächste überstandene Relegation und dann wird sein, von Beiersdorfer in Eigenregie erstelltes, Standbild neben dem von Bruno Labbadia stehen.

Und wenn nicht? Auch egal.