Der Mann lacht. Nein, er empfindet die „Ansage“ von Aufsichtsrats-Boss Karl Gernandt nicht als Angriff auf ihn. Warum auch? Und überhaupt. Er habe doch im Jahr 2014 ein Verein am Boden vorgefunden und seither einen guten Job gemacht. Also wirklich jetzt. Nun denn, es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, diese Aussagen Beiersdorfers zu interpretieren, wobei ich zur zweiten tendieren. 1. Er glaubt den Schwachsinn tatsächlich, dann gehört er in Behandlung. oder 2. Er versucht sein katastrophales Wirken der letzten 2 1/2 Jahren ins bestmögliche Licht zu stellen, um die größtmögliche Abfindung rauszuholen, damit hat er ja Erfahrung.

Die Realität indes spricht eine andere Sprache, denn dieser (sein) Verein befindet sich im freien Fall Richtung Liga 2 und wer das immer noch nicht verstanden hat respektive verstehen will, hat ein Problem. Aktuell bricht der HSV alle Rekorde, die niemand brechen will, man hat in der laufenden Saison mehr rote (bzw. gelb/rote) Karten als erzielte Tore, unfassbar. Hier beginnt aber bereits das nächste Problem, denn nach den verlorenen Spielen machen Trainer und Spieler wirklich alles und jeden verantwortlich, nur sich selbst nicht. Gestern nun war es eine nicht gegebene Karte für den Kölner Höger, die den HSV angeblich auf die Verliererstraße brachte, den verschossenen Elfmeter vergaß man dabei gern. Überhaupt: Man stelle sich einmal vor, die Gladbacher wären vor einigen Wochen nicht so dusselig gewesen und hätten gleich zwei Strafstöße verballert….

tabelleNein, eine wirkliche Einsicht der eigenen Leistungen und eine tatsächliche Erkenntnis der aktuellen Lage existiert in diesem Verein offenbar immer noch nicht. Während der Schalker Manager Heidel bereits nach dem 3. Spieltag erklärte, man befände sich im Abstiegskampf, so eiert Beiersdorfer immer noch um den heißen Brei herum, ganz zu schweigen von dem Geständnis, dass der von ihm zusammengestellte Kader einfach nicht Bundesliga-reif ist. Man stelle ich das einfach einmal vor: € 14 Mio. für Filip Kostic.

Zur erneuten Einordnung der Versäumnisse, hier nochmals die Daten: Vor dieser Saison kauften die Ingolstädter für € 7,45 Mio., der SV Werder Bremen für € 23,8 Mio., Darmstadt 96 für 3,5 Mio.,der FC Augsburg für € 21,7 Mio.und der HSV für € 32,95 Mio. neue Spieler ein. Bei den Bremern muss man dazu erwähnen, dass sie im Umkehrschluss Spieler im Wert von € 26,5 Mio. verkauften, die Augsburger gaben Spieler im Wert von € 15,05 Mio. ab. Der HSV dagegen erzielte Verkaufserlöse in Höhe von € 2,15 Mio. (€ 1,7 Mio. für Kerem Demirbay). Aber nein, Herr Beiersdorfer, sie machen einen großartigen Job.

Ich weiß nicht, wer von euch den Auftritt von Ex-Vorstand Bernd Hoffmann gestern bei SKY90 verfolgt hat, hier die wichtigsten Zitate:

„Ich kenne keine Konstruktion, in der heutzutage ein Mensch alleine so etwas schultern kann. Das muss im Team mit klaren Zuständigkeiten und verbindlichen Zielen geregelt werden. Aus meiner Sicht braucht man ein Tandem an der Spitze. Der HSV wird nicht umher kommen, sich da neu aufzustellen.“

Es passieren aber Dinge, die einem Gesellschafter, der elf und nicht 91 Prozent hat, nicht zustehen. Es ist völlig in Ordnung, wenn sich Herr Kühne einen sportlichen Berater an die Seite holt. Das Problem ist nur, wenn im Klub der Eindruck entsteht, die hätten was zu sagen. Der Vorstandsvorsitzende muss klarmachen, dass er das Heft des Handelns in der Hand hat. Herr Kühne hat eine wichtige Rolle im Klub, aber in der Öffentlichkeit muss diese klar limitiert werden. Es muss eine rote Linie geben, über die nichts geht“

„Es ist ja keine Entwicklung, die sich seit Wochen oder Monaten, sondern seit Jahren darstellt. Das eingesetzte Kapital rentiert sich eindeutig nicht in Toren und Punkten. Was sich rund um den Verein abspielt, all die Unruhen, machen vor der Kabine nicht Halt – und das Gesamtkunstwerk ist kaum zu beherrschen.“

Wer nun erwartet hatte, dass der Ex-Boss plakative Parolen wie „Beiersdorfer muss gehen“ oder ähnlich raushauen würde, der sah sich sicher enttäuscht, aber damit war auch nicht zu rechnen. Wer jedoch in der Lage ist, zwischen den Zeilen zu lesen, dem wird auffallen, was Hoffmann meint. Der Hinweis auf die Konzentration auf nur eine mächtige Person ist eine klare Breitseite gegen Beiersdorfer, denn er allein war es, der Knäbel feuerte, sich selbst zum Sportchef ernannte und keinen Ersatz suchte. Knäbel war Direktor, also kein Vorstandsmitglied (wie früher Beiersdorfer selbst und auch Arnesen), die Ernennung eines neuen Sportchefs obliegt einzig und allein dem Vorstandsvorsitzenden, der Aufsichtsrat hat damit nichts zu tun.

Ebenfalls eine ganz deutliche Kritik an Beiersdorfer lässt sich am zweiten Zitat ausmachen, denn es war der Vorstandsvorsitzende, der mit seiner Einkaufspolitik die Tür für Kühne (und Struth) öffnete und nun die Geister, die er rief, nicht mehr loswird. Hoffmann sprach in vorsichtigen Worten das aus, was jeder erkennt, der nicht von einer rosa Didi-Brille geblendet wird: Der HSV bzw. der Vorstand des HSV hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand, sondern ist nur noch Spielball von Milliardär und Berater.

Zum Auftritt von Thomas Doll möchte ich lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten, das ist ja an debilen Plattitüden nicht mehr zu toppen („Didi war ein Weltklasse-Sportchef“)

Zum Spiel selbst fällt mir kaum noch etwas ein, eben weil es sich jedes Wochenende wiederholt. Einen Trainereffekt hat es keinen halben Tag gegeben, werden die Spiele gegen Dortmund (H) und Hoffenheim (A) ebenfalls verloren, kann man im Grunde den nächsten Trainer feuern. Denn jetzt kommt noch erschwerend hinzu, dass der HSV (wie zahlreiche andere Vereine zuvor) von Verletzungen heimgesucht wird, die Platzverweise tun ihr Übriges.

Stand heute ist dieser Verein nur noch durch einen echten Knall zu retten, ein neuer Trainer oder ein neuer Sportchef (mitten in der Saison ohnehin Schwachsinn) helfen nicht mehr.

P.S. Ich möchte an dieser Stelle auf einen bemerkenswerten Beitrag von Holger hinweisen, der das sportliche Dilemma bestens beschreibt:

Trauriges Fazit der 90 Minuten von Köln: Nicht Bundesligareif!

Wenn wir das Spiel (ich hab´s mir jetzt fast komplett 2 mal angesehen) nüchtern analysieren, war weder die rote karte von Wood, noch die nicht gegebene Rot/ Gelbe ausschlaggebend. Herr Gisdol redet an dieser Stelle Unsinn! (Ich hoffe, dass er es besser weiß!)

Fakt ist, es hätte schon in der 3. Minute Elfmeter für Köln geben müssen. Die Niederlage wäre dann vermutlich noch höher ausgefallen.

Fakt ist, dass es zur Halbzeit mindestens 1, wenn nicht 2:0 stehen muss (Verschossener Elfmeter).

Da jegliche spielerische Grundlage fehlt müssen die HSV- Spieler ständig in höchstem Tempo dem Gegner hinterherrennen. Das erklärt, warum es zu so vielen „leichten“ Fehlern kommt.

Ein Spieler (jeder der schon mal Fußball gespielt hat weiß was ich meine), der nur am „Pumpen“ ist, weil er sich in Sprints und „Rettungsaktionen“ ständig verausgaben muss, macht Fehler.

Siehe:

– Ballannahme (spätestens nach einer halben Stunde versprangen den Spielern gehäuft die Bälle)
– Passspiel (zu kurz, zu lang, Mitspieler übersehen). Typisch bei völliger Erschöpfung durch zu viel laufen in hohem Tempo.
– Beispielhaft, dass Kostic bei der guten Chance für Hamburg es nicht schafft einen Ball über 4 Meter zum Mitspieler zu bringen.

Auch die dämliche Aktion von Wood kommt nicht von ungefähr. Ebenso die vielen Fehler von Holtby. Die Spieler haben kaum „Pausen“, in denen der Ball einfach mal durch die eigenen Reihen läuft, sondern „hetzen“ ständig hinter dem Gegner her. Das kostet viel mehr „Körner“, als Ballbesitz.

Optisch wirkte der HSV in den ersten 30 Minuten sogar besser als Köln. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Diese „Überlegenheit“ wird nicht durch Sicherheit und Ballbesitz, sondern durch ein irres (und tödliches) Laufpensum erkauft. Das ist Selbstmord! Nicht durch Zufall fallen die Gegentore von Hamburg immer in der 2ten Halbzeit.

Fazit:

Die HSV Spieler „arbeiten“ nicht zu wenig, sondern viel zu viel auf dem Platz. Das ganze Spiel ist überhaupt nicht „austariert“.

Und hier zeigt sich das „Unglück“ in der Verpflichtung Gisdols. Ein Trainer, dessen Spielphilosophie ein solches Verhalten sogar noch fördert und verstärkt. Und es offenbart die Analyseunfähigkeit von Beiersdorfer und dem Führungspersonal in Hamburg. Wo ein Trainer gebraucht würde, der mit „ruhiger Hand“ erst mal Struktur in das Spiel der Mannschaft bringt, wird ein Mann verpflichtet, der einer überdrehten, unausgeglichenen Truppe noch mal Aufputschmittel nachschenkt.

Gebraucht würde ein Favre oder ein Stevens, um erst mal „runterzukommen“, Ordnung und Ruhe ins die Truppe zu bringen.

Danke für Nichts! Diddi, du Sportdirektorleihendarsteller