Wie alles in den letzten Jahren im Umfeld des Hamburger Sportvereins, so verkommt auch das nächste, öffentlich-ausgetragene Sportchef-Casting zur Posse, denn keinem Verein gelingt es derart nachhaltig, sich bis auf die Knochen zu blamieren. Die BILD veröffentlicht bereits den „großen Retter-Check“, wobei durchaus die Frage gestellt werden darf, wer dort eigentlich was retten so und vor alle, mit welchen Mitteln. Und während sich der Ex-Schalker Horst Heldt clever mit medialen Parolen zurückhält, plaudert Presse-Nico Hoogma eifrig jeden Tag in die Notizblöcke des Boulevards. Die Kollegen der BILD, nämlich die vom Hamburger Abendblatt, schrieben gestern folgendes dazu und sie haben zu 100% Recht:

„Hoogma hat sich aufgrund seiner öffentlichen Aussagen eigentlich schon im Vorfeld für einen Posten beim HSV disqualifiziert. Darüber hinaus soll Beiersdorfer Heldt favorisieren, Aufsichtsratschef und Kühne-Vertraute Karl Gernandt hingegen Hoogma. Holt der HSV den Niederländer, grübe diese Personalentscheidung die Autorität des ohnehin von Gernandt schön angezählten Beiersdorfers unter. Und genau darin liegt das Dilemma des HSV. Denn beide Top-Kandidaten sind schon im Vorfeld geschwächt.“

Sorry, aber so dämlich und naiv wie der Holländer hat sich seit Jahren kein Aspirant mehr verhalten. Natürlich sieht der Mann den Vertrag seines Lebens am Ende des Tunnels, denn wahrscheinlich könnte er sein Gehalt mit einem Wechsel von Almelo nach Hamburg nahezu verdreifachen, aber sein gerade zur Schau gestelltes Verhalten lässt für die Zukunft Böses erahnen. Warum es am Ende dann doch Hoogma werden wird, hat verkäuferische Gründe. Der Ex-HSV-Libero ist den aufbegehrenden Fans einfach besser zu verkaufen als der umstrittene Heldt, der im Gegensatz zum Holländer die Bundesliga kennt. „Einer von uns“ und natürlich „die Raute im Herzen“ wirken in Hamburg immer noch besser als jede Form von Kompetenz.

kaspertheater

Dabei sollte man sich trotz Retter-Checks und vergleichbarem Mumpitz doch nur über die Rolle des zukünftigen Sportchefs im Klaren sein oder anderes gesagt: Was genau hat der Mann eigentlich für Möglichkeiten? Richtig, er hat keine. Jedenfalls nicht ohne die Hilfe von Kühne, der aber wiederum nichts ohne die Expertise des Beraters Struth finanzieren wird. Mit anderen Worten: Der neue Manager, wie auch immer er auch heißen mag, ist nichts weiter als ein Mitarbeiter, der Herrn Kühne Spieler vorschlagen darf. Dieser fragt dann Struth und dann wird entschieden. Basta. Irgendwie keine abendfüllende Aufgabe für einen offenkundig zahnlosen Tiger ohne eigenen Etat, wobei wir zum nächsten Punkt kommen.

Alle Welt (jedenfalls die, die keinen Plan haben), reden davon, dass Beiersdorfer sich übernommen hätte und fachliche Unterstützung benötigt. Jetzt frage ich mich, wobei eigentlich übernommen? Bei Lustreisen zum olympischen Beachvolleyball-Turnier? Es wird immer so getan, als käme man weder als Vorstand noch als Sportchef vor Hunger in den Schlaf, aber das ist doch ausgewiesener Schwachsinn. Was genau tut Beiersdorfer denn eigentlich den ganzen Tag als Vorstand der Fußball AG? Was genau hat ein Sportchef zwischen den Transferperioden zu erledigen? Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen:

Dem Mann fehlt nicht die Zeit, ihm fehlt die Kompetenz! Und zwar fehlt sie ihm in beiden Funktionen, so dass die Installation eines Direktors Profifußball nichts anderes als ein teures Ablenkungsmanöver und das Erkaufen von Zeit darstellt!

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Aber schön, dann hat der HSV dann also demnächst wieder einen amtierenden Sportchef und man ist sich (wieder einmal) darüber einig, dass der von Beiersdorfer zusammengebastelte Kader Scheiße ist. Ergo: Man braucht Verstärkung, um den fast schon sicheren Abstieg doch noch zu verhindern. Ein Abwehrspieler und ein 6er sollen kommen (es ist ja nicht so, dass wir das bereits vor 8 Monaten geschrieben hatten) und Kühne soll wieder einmal bezahlen. Jetzt die Frage: Welcher wirklich gute Spieler wechselt in der Winterpause zum Abstiegskandidaten Nr. 1? Welcher völlig verblödete Klub lässt im Dezember einen seiner Leistungsträger ziehen?

Die Antwort ist ebenso klar wie einfach: Keiner. Es sei denn……man zwingt sie (den Verein bzw. den Spieler) mit Geld dazu und schon haben wir das nächste Problem. Entweder, man bekommt in winterlichen Transferfenster nur Ramschware, die irgendwelche Vereine von der Payroll bekommen wollen oder man muss extrem tief in die Tasche greifen. Nehmen wir mal das Beispiel Caio (aktueller Marktwert: € 9 Mio.). Angeblich wird der brasilianische Goldmedaillen-Gewinner mittlerweile bei PSG gehandelt, warum also sollte dieser Spieler zum Schlusslicht der Bundesliga wechseln? Genau, das geht nur dann, wenn der HSV einen reichen Verein wie den aus Paris gnadenlos überbietet und dem Spieler ein Mondgehalt zahlt, wobei wir beim nächsten (Lasogga)-Problem wären. Denn möchte man den Brasilianer irgendwann (eventuell im Falle des Abstiegs) wieder loswerden, so muss man einen Verein finden, der bereit ist, ein ähnlich hohes Gehalt zu investieren, denn verschlechtern möchte sich kein Spieler.

Anders ausgedrückt: Der HSV verlagert wieder einmal ein selbstverschuldet aufgetretenes Problem in die Zukunft, so wie er es mit seinen Umschuldungs-Versuchen bereits veranstaltet. Die handelnden Personen hoffen dann darauf, dass die Blase erst dann platzt, wenn sie ihre Verträge aus gesessen haben.

Gute Nacht, HSV.

Ach ja, lieber Herr Kühne, scheinbar haben sie ja wirklich einfach zu viel Geld. Wie wäre es, wenn ich ihnen meine Kontonummer zukommen lassen. Ich garantiere, es ist besser angelegt als in St. Ellingen.