Na bitte, da sind sie ja wieder. All die leicht unterbelichteten Facebook-, Blog- oder Foren-Bewohner, die zielsicher wie immer den/die wahren Schuldigen an der Dauerkrise des Hamburger Sportvereins aus gemacht haben. Es sind – selbstverständlich – die Meeeeeedien, die bekanntlich nichts als Unruhe schüren und gleichzeitig in den Verein bringen wollen, die auf der Suche nach der nächsten Schlagzeile den nächsten Maulwurf füttern und die bekanntlich im Wesentlichen von bad news leben. Das weiß jeder, der sich schon einmal mit diesem Verein beschäftigt hat, oder?

„Die Presse torpediert täglich die sportliche Stabilisierung des Vereins, indem ohne stichhaltigen Anlass die Führung infrage gestellt wird. Es gibt keine Nachricht, auf die alle warten. Es gibt keine Notwendigkeit für eine Klarstellung seitens des HSV. Es gibt nur die Geilheit der Medien auf rollende Köpfe.“

„Das ist wieder typisch! Die Presse fordert den Rausschmiss DB’s um ein paar schöne Schlagzeilen zu haben. Mopo, Bild und vor allem dem HA ist doch egal, wo der HSV steht, Hauptsache Auflage und Klicks! Und sollte der AR den Forderungen der Medien folgen, „würde es mal wieder zum HSV passen“. Zur Presse passt es. Lasst den HSV jetzt in Ruhe arbeiten und geilt euch an etwas anderem auf!“

„Unruhe im Verein wird durch eine Berichterstattung geschaffen, die Behauptungen als Fakten darstellen, obwohl diese weit weit von der Realität sind. Ein faire Berichterstattung findet schlichtweg nicht statt..“

Dies sind nur drei Äußerungen vom gestrigen Tag, die ich in innerhalb von 4 Minuten Recherche gefunden habe, aber natürlich wird von Menschen, die nicht in der Lage sind, ihren eigenen Namen fehlerfrei zu buchstabieren, geliken, geteilt und gefeiert, was das Zeug hält. Ist ja auch schön einfach, man findet einen Pauschal-Schuldigen und alle anderen sind fein raus. Wie unfassbar dämlich diese Sichtweise ist, bemerkt der Verfasser dabei natürlich nicht, denn er war einer derjenigen, die vor knapp 3 Jahren ausgerechnet diese Presse bei jeder Gelegenheit aufgefordert hatte, endlich mal die zahllosen Fehlleistungen zu benennen. Mit dem einen, feinen Unterschied: Damals hieß der Fehlerteufel nicht Düdü, damals hießen sie Jarchow, Ertel, Hunke und Co. Damals konnte die Presse gar nicht genug Dreck ausgraben, da ging es auch nicht um die Wahrheit, nach Beweisen hat damals keine Sau gefragt.

hsvfans

Sorry, liebe Freunde der Pressefreiheit, aber: Es kotzt mich an. Das Einzige, was man den Medien vorwerfen kann, ist die Tatsache, dass sie diese Katastrophe im Volkspark mehr als zwei Jahre lang gedeckt haben. Obwohl für jeden Menschen mit Realschul-Abschluss deutlich war, dass die Exzellenzen das Ding an die Wand fahren würden, haben sie geschwiegen und von „Top-Kader“ und „Super-Transfers“ geschrieben. Damals hat übrigens keiner der Krakeeler irgendwas von „Unruhe in den Verein bringen“ gelabert, damals waren sie alle beseelt von Didi’s Expertise. Wenn es nicht so paradox wäre, müsste man darüber lachen, denn ausgerechnet diejenigen, die heute darauf pochen wollen, dass die Medien die Klappe halten, waren die, die in den Vorjahren immer darauf bestehen wollten, dass doch endlich einmal „Ross und Reiter“ benannt werden. Heute, wo „Ross und Reiter“ endlich und zu spät benannt werden, bringen sie durch das Offenlegen Unruhe in den Verein?

By the way, die Medien sind ja bekanntlich allein verantwortlich dafür, dass es beim HSV nicht läuft, oder? Waren dann eigentlich die Medien in der Zeit zwischen 2002 und 2010, wo der HSV in der Liga und Europa eine anständige Rolle gespielt hat, auch mitverantwortlich für den Erfolg? Oder war das Didi  allein, der trotz Hoffmann den Verein ans Licht führen konnte? Irgendwie müsst ihr euch mal entscheiden. Ich möchte an dieser Stelle einmal den ehemaligen HSV-Spieler Marcell Jansen zitieren:

Jansen: Natürlich bekommt man es mit, wenn sich bestimmte Dinge im Hintergrund anbahnen und Unruhe im Verein herrscht. Ich persönlich habe immer versucht, mich davon nicht beeinflussen zu lassen. Entscheidend war, sich bestmöglich auf die Leistung auf dem Platz zu konzentrieren. Aber damit geht jeder Spieler anders um. In manchen Fällen war Unruhe sicher nicht leistungsfördernd. Kontinuität auf der Trainerposition wäre mir und vielen meiner damaligen Kollegen lieber gewesen.

Bitte mal genau lesen! Es ist die Unruhe im Verein, in der Führung, zwischen den einzelnen Verantwortungsträger, die leistungshemmend auf die Spieler wirken. Wenn man als Kicker merkt, dass es zwischen Sportchef und Trainer hakt, dann ist das schlecht. Wenn intern nicht mehr mit einer Stimme gesprochen wird, dann ist das schlecht. Mit den Medien, die eventuell darüber berichten, hat das weniger als nichts zu tun.

Im Zusammenhang mit dem HSV wird immer wieder von der schwierigen Medienstadt Hamburg und dem unruhigen Umfeld gesprochen. Ist es wirklich so viel schwieriger in Hamburg als in München oder Mönchengladbach, wo Sie ebenfalls gespielt haben?

Jansen: Nein, diese Auffassung teile ich überhaupt nicht. Ich finde die Medien in Hamburg sehr fair, zurückhaltend und dem Verein wohlgesinnt. Da geht es in einigen anderen Städten deutlich heftiger zu.

Macht es für einen Fußballer einen Unterschied, ob beim Training oder einer Presserunde eine, fünf oder zehn Kamerateams dabei sind?

Jansen: Normalerweise nicht. Sicher braucht man einige Tage, um sich daran zu gewöhnen. Ich habe das aber nie als Belastung gesehen. Viel wichtiger ist doch, was im Verein passiert, ob man sich nur auf Fußball konzentrieren kann oder andere Dinge für Ablenkung sorgen. Dass es großes mediales und öffentliches Interesse gibt, ist kein Alleinstellungsmerkmal des HSV.

So, ihr Brüllfrösche mit Vereinsbrille, wenn ihr schon mir oder anderen Schreibern nicht glaubt, vielleicht glaubt ihr dann unmittelbar Beteiligten? Nicht die Presse bringt Unruhe in den Verein, der Verein selbst bzw. seine Protagonisten sorgen mit Handlungen und Äußerungen für Unruhe. Aber da ja der „liebe Didi“ gerade am Ruder sitzt, sollen die Medien all die Schwachsinnigkeiten doch bitte ignorieren und ihn unterstützen? Nein, das ist nicht die Aufgabe der freien Presse, verdammt nochmal. Aber wir haben ja gelernt: Als Carl-Edgar „der Schweber“ Jarchow das Büro des Vorstandsvorsitzenden bewohnte, da konnte die Presse gar nicht hart genug zulangen, was für eine perverse Doppelmoral.

All die Presse-Hetzer sollten sich dringend eine bestimmte Frage stellen und zwar umgehend: Bin ich eigentlich Fan des HSV oder bin ich Fan von Dietmar Beiersdorfer? Wenn ich Fan des HSV bin, sollte ich froh über jedes aufgedeckte Desaster sein und sollte ich Fan von Dietmar Beiersdorfer sein, bin ich offenkundig schon lange kein Fan meines Vereins mehr. Denn am Ende des Tages ist es nicht die Presse, die den Verein über die Klippe steuert, es ist der Verbrenner im Vorstandsbüro, der Mann mit der Privat-Realität.

Kleiner Tipp: Wer heute im Volksparkstadion sein sollte, sollte ab 14.00 Uhr einmal beim Volksparkett (Umlauf zwischen A und B-Rang, hinter Block 28) vorbeischauen. Daniel Jovanov von goal.com ist da und das könnte durchaus interessant werden.