Ist irgendwie ein komisches Gefühl, wenn man nach mehr als 4 Jahren, in denen man nahezu jeden Tag einen Blog verfasst hat, mal ein paar Tage nichts schreibt. Als „Entschuldigung“, obwohl ich mich unter Garantie nicht entschuldigen müsste, sei gesagt, dass meine Tochter für 3 Wochen in Deutschland ist und ein Vater dann ganz deutlich andere Dinge im Kopf haben sollte, als sich selbigen über den HSV zu zerbrechen. Außerdem ist in den letzten Tagen (glücklicherweise) nicht allzu viel passiert. Nun gut, der Verein hat den 30-jährigen albanischen Nationalspieler Mergim Mavraj vom 1. FC Köln verpflichtet, ein sinnvoller Kauf, wenn man einmal ausblendet, dass der Mann in einem halben Jahr ablösefrei zu haben gewesen wäre. In einem halben Jahr jedoch hätte es für die Hamburger zu spät sein können, deshalb der Kauf für vergleichsweise niedliche € 1,8 Mio. zu diesem Zeitpunkt.

mavraj

Nimmt man Mavraj als zukünftigen Ersatz für den 36-jährigem Emir Spahic, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, so wäre dem Verein sogar eine gewisse Verjüngung gelungen, so lange man die anstehenden Abgänge von Djourou (Vertrag läuft nach der Saison ebenfalls aus) und Clèber (soll nach Brasilien verkauft werden) nicht auch mit Spielern kompensiert, die älter als 25 sind. Nein, Mavraj sollte ein Einzelbeispiel bleiben und in Zukunft als Abwehrchef fungieren, der jüngere Spieler zu führen in der Lage ist. Aber ansonsten sollte und muss der HSV nach dieser Saison das tun, was dem FC eben mit einem Spieler wie Mavraj gelungen ist, denn der Albaner kam vor 2 Jahren ablösefrei aus Fürth.

Grundsätzlich muss sich die Transfer-Taktik des HSV ändern und hier könnte Heribert Bruchhagen tatsächlich der richtige Mann am Hebel sein. Bruchhagen ist bekannt dafür, nur Gelder auszugeben, die er auch zur Verfügung hat, aber hier beginnt das Problem bzw. hier beginnt das „Erbe des Dietmar B.“ zu greifen, was diejenigen, die zur Zeit behaupten, dass Bruchhagen nun die Früchte  der Arbeit des Verbrennungs-Künstlers würde ernten können, nicht mal im Ansatz begreifen: Beiersdorfer hat diesen HSV zu einem der größten Selbstbedienungsläden der Liga verkommen lassen. Teuer einkaufen, Marktwerte zerstören und anschließend für ein Butterbrot, ohne Transfererlöse oder sogar mit Abfindungen versehen wieder abstoßen, darin war Beiersdorfer Meister. Die Herausforderung an Bruchhagen wird also lauten, den Geschäftspartnern klar zu machen, dass man in Hamburg nichts geschenkt bekommt und die Herausforderung an Trainer Gisdol wird sein, die Marktwerte der Spieler zu steigern.

Kein leichtes Unterfangen, wenn man sich den aktuellen Kader ansieht. Stand heute würde ich behaupten, dass man höchstens für die Spieler Gregoritsch (22) Sakai (25) und Wood (24) nennenswerte Transfererlöse erzielen könnte, nur dann würde man unmittelbar die Qualität des Kaders weiter verschlechtern und man bräuchte umgehen adäquaten Ersatz, der mindestens das Gleiche kostet, was diese Spieler einbringen würden. Für einen Filip Kostic bekommt man nie wieder € 14 Mio., ein Lewis Holtby (€ 6,5 Mio.) und Albin Ekdal (€ 4,5 Mio.) sind nicht mehr das wert, was man einmal für sie auf den Tisch legte, das Gleiche gilt für Douglas Santos.  Von Spielern wie Diekmeier, Ostrzolek, Hunt, Lasogga, Adler etc. möchte ich gar nicht zu reden anfangen, zumal man sich in Hamburg von vielen dieser Spieler auch ohne Transfererlöse trennen würde, allein um die horrenden Gehälter, die ihnen von Beiersdorfer gezahlt wurden, sparen zu können. Nicolai Müller ist mit 29 zu alt für den Sprung zu einem Top-Verein.

Aber auch hier gilt: Gebe ich einen Ostrzolek ab, brauche ich Ersatz und der kostet. Denn auch beim Einkauf hat die Konkurrenz bemerkt, dass Beiersdorfer oft und gern über Marktwert bezahlt hat. Aus diesem Teufelkreis muss nun Bruchhagen bzw. der Sportchef, den Bruchhagen für den HSV holen wird, herausfinden. Gleichzeitig muss die Alterstruktur erhalten oder besser noch weiter verjüngt werden, viel Erfolg dabei. Und noch etwas, was das Unterfangen zu einem extrem schwierigen Ritt machen wird: Beiersdorfer hat (wie gesagt) Gehälter bezahlt, wie sie ansonsten nur in München, Dortmund, Schalke oder Wolfsburg bezahlt werden. Zum Vergleich: In Hamburg verdient ein Lewis Holtby mit € 4,1 Mio. pro Saison knapp das Doppelte, was Höchstverdiener Vedad Ibisevic in Berlin einstreicht (€ 2,2 Mio.).

Diese Katastrophe zieht sich wie ein roter Faden quer durch die Mannschaft, denn auch die Herren Adler, Santos, Spahic, Djourou, Ekdal, Hunt, Müller, Lasogga, Halilovic und Kostic streichen zum Teil deutlich mehr ein als der top-verdienende Bosnier in Berlin. Wie aber möchte ich einem guten jungen Kicker (und seinem Berater) klar machen, dass er in Hamburg „nur“ noch ein Grundgehalt von vielleicht € 500.000 verdienen kann, wenn ein Bankdrücker wie Lasogga mit knapp € 3,5 Mio. pro Jahr nach Hause fährt? Aber all das können wie Didi-Jünger nicht erklären, aber warum auch? Ist ja nicht ihre Kohle.