Liebe Leser,

einige, vielleicht viele, fragen sich, warum ich in all den Jahren so kritisch mit diesem Verein umgegangen bin. Warum ich unnachgiebig auf jeden Fehler hingewiesen, auf jedes Fehlverhalten eingegangen bin. Vielleicht fragen sich einige sogar, warum ich mich eigentlich so intensiv mit etwas beschäftige, was ich doch offensichtlich ablehne. Die Antwort ist ganz einfach: Gerade deshalb. Möglicherweise bin ich altmodisch, aber ich glaube an Werte. Ich glaube an Dinge, Inhalte, Versprechungen, an die man sich halten sollte, an denen man sein Leben orientieren sollte, welche man weitergeben sollte. Der Hamburger Sportverein verstößt gegen alles, woran ich glaube.

Dieser Verein, oder sollte ich sagen, die Verantwortlichen dieses Vereins lügen, betrügen, bescheißen, stehlen und verraten alles, woran ich glaube. In diesem Verein herrscht seit vielen Jahren eine Misswirtschaft, die ich zum kotzen finde. Die Eitelkeit jedes Einzelnen steht grundsätzlich über dem Wohl des Vereins, es wird intrigiert und betrogen, dass einem das Kotzen kommt. Okay, als „normaler“ Nordtribünen-Fan weiß man das alles nicht oder es ist einem auch egal. Hauptsache, das Bier ist billig, der Verein kauft coole Spieler (von wessen Geld auch immer) und der HSV schlägt zweimal in der Saison die Bremer. Mir reicht das nicht, sorry.

Vielleicht habe ich den Fehler begangen, zu tief in die Materie eingestiegen zu sein. Es gibt einen halbwegs klugen Spruch, der lautet: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. [Friedrich Nietzsche].“ Ich habe zu lange in den Abgrund geschaut, ich habe den Spaß an der Sache verloren, weil es eigentlich keinen Spaß gibt. Spaß am HSV, vielleicht am Fußball grundsätzlich, hat man, wenn man nichts weiß oder nichts wissen will. Oder wenn man nicht intelligent genug ist, das zu verstehen, was passiert. Dummheit macht glücklich, davon bin ich überzeugt. Nehmen wir doch nur das Beispiel Football Leaks. Es sind nicht größtenteils, sondern ausschließlich Vorgänge dort beschrieben, die einem dem Teppich unter den Füßen wegziehen. Und? Interessiert es eigentlich tatsächlich?

Zig-Millionen von Datensätzen wurden ausgewertet, es kommen Dinge zu Tage, die im Grunde das gesamte Konstrukt Profi-Fußball zum Einstürzen bringen müssten und – nichts passiert. Einige Wenige kommentieren die Vorgänge, noch weniger sind geschockt. Die Meisten jedoch beschäftigen sich gar nicht erst mit diesen Sachen, sie wollen sie nicht wissen. Außerdem „bescheißt ja eigentlich jeder, also was ist denn so schlimm“? Die Leuten verstehen nicht, dass sie es sind, die beschissen werden. Von ihren Vereinen, ihren Präsidenten und Sportchefs, von den Spielern und Beratern. Es ist euer Geld, welches sie sich in die Taschen stopfen.

Aber zurück zum HSV. Vor vielen Monden war ich auch nicht anders, ich wollte den sportlichen Erfolg. Ich wollte Meisterschaften, ich wollte Champions League, ich wollte die Bremer aus dem Volkspark geschossen sehen und St. Pauli in der Elbe versenken. Dann aber bekam ich mehr und mehr Einblick in das, was hinter den Kulissen abläuft und ich verstand, dass ich all die Jahre einer Lüge zugejubelt und ihr mein Geld in den Rachen geworfen hatte. Ich sprach mit Trainern, Vorständen, Aufsichtsräten, Spielern, Berater und mit jedem Gespräch starb ein Stück der Illusion ein Stückchen mehr. Wenn ich heute mit jemand über den Verein spreche und dieser meint: „Ich weiß, was da abläuft“, kann ich immer nur wieder antworten: „Einen Dreck weißt du. Und weißt du was? Sei froh, dass du es nicht weißt“.

Es gibt übrigens auch diesmal wieder (wie jeden Tag), irgendwelche mentalen Müllmänner, die an dieser Stelle wieder einmal brüllen (und schreiben) werden: „Dieser Wichtigtuer, was will der denn wissen? Mit dem redet doch keiner.“ Genau, tut keiner. Und deshalb stimmen die Prognosen in diesem Blog ja auch zu 99% und deshalb kann man hier bereits lesen, was passiert, während man in Mopo, BILD oder Abendblatt erst dann die Wahrheiten bekommt, nachdem sie jeder erkennen konnte. Das alles ist so, weil niemand mit mir redet. Aber wo wir gerade bei den „Leitmedien“ sind, ich kenne reichlich „Kollegen“, die nach einem gewonnen Spiel im kleinen Kreis sagen: „Ach, wieder mehr Glück als Verstand, wieder nur ein Strohfeuer, was für ein Scheißspiel“, um dann in ihrer Zeitung die Wiederauferstehung des Vereins zu feiern.

Lustige kleine Geschichte. Vor einigen Tagen wurde ich bei Facebook auf die gefühlt 252. HSV-Jubel-Fanseite aufmerksam und ich fragte die Jungs dort, ob sie denn nichts besseres zu tun hätten. Als Antwort bekam ich natürlich wüste Beschimpfungen und den Hinweis, dass man auf dieser goldenen Seite ausschließlich die Informationen von echten Journalisten posten würde. Na dann, dachte ich mir, viel Erfolg dabei. (s.o.)

Eine oft gestellte Frage lautet übrigens: Warum tust du dir das eigentlich an? und ich bin ehrlich, eine echte Antwort darauf habe ich nicht. Vielleicht, weil ich diesen Sport, den ich selbst viele Jahre aktiv betrieben habe, immer noch liebe. Vielleicht, weil ich zu viel Zeit habe. Wahrscheinlich aber deshalb, weil ich die Wahrheit mittlerweile mehr liebe als den Sport. Das Problem ist nur: Wer die Wahrheit liebt, kann diesen Verein nicht mehr gut finden. Und wer die Wahrheit liebt, macht sich Feinde. Dabei wäre es doch so unglaublich einfach, siehe die genannten Facebook Fan-Jubel-Seiten. Einige dieser Seiten haben mehr als 25.000 Follower und sie machen nichts anderes, als die Meldungen anderer Medien zu kopieren. Keine eigene Leistung, keine eigene Recherche, keine Gespräche, nichts. Einfach copy/paste und man wird von mehr als 25.000 Schwachmaten täglich gefeiert. Das perlt.

Ich liebe Gerechtigkeit und der Umstand, dass dieser Verein mit dem finanziellen und personellen Aufwand eines Champions League-Teilnehmers immer noch in der Bundesliga spielt, ist ungerecht. Der Umstand, dass andere Vereine mit dem Bruchteil des Geldes das Gleiche erreichen müssen (und tun), ist ungerecht. Der HSV kommt mir immer mehr vor, wie das (angeblich) reiche Kind mit der Riesenfresse auf dem Schulhof. Beleidigt und bepöbelt jeden und wenn ihm jemand eine reindrücken will, kommt ein Schüler aus der Oberstufe, den das reiche Kind dafür bezahlt, damit er sich keine einfängt. Jeder auf dem Schulhof wünscht sich, dass die Göre endlich mal das bekommt, was es verdient hat.

Wie viele von euch wissen, existieren neben diesem noch einige andere Blogs rund um den HSV. Ich lese eigentlich kaum etwas davon, weil es meistens nicht lohnt. Ich lese auch den Blog von He luecht nicht, weil es mir keinen Erkenntnisgewinn bringt, aber neulich macht mich jemand auf den letzten Blogeintrag aufmerksam. Das Einverständnis des Autors vorausgesetzt, zitiere ich einige Passagen dieses Blogs, weil sie mein Empfinden zu 100% beschreiben.

Abstand ist das Zauberwort! Gut, im Gegensatz zu anderen habe ich nicht täglich einen Blog zum HSV verfasst, aber ich habe das Geschehen doch sehr intensiv, beinahe 24/7 verfolgt. Irgendwann stellt sich das Gefühl ein, man laufe in einer Art Hamsterrad. Alles ist irgendwie schon einmal gesagt. Man dreht sich im Kreis und das Fatale (beim HSV)… es ändert sich nichts.

Ich persönlich hielte es für sinnvoll, ein Team für die 2. Liga einzuspielen. Gebt den Poraths und Janjicics endlich eine Chance und löst euch von der Vorstellung, man könne sich in Hamburg einfach mal soeben Europa kaufen. Europa ist weit weg wie nie zuvor. Es wird Zeit kleinere Brötchen zu backen, vom hohen Ross herunterzukommen, den Dino und die Uhr einzumotten und endlich einmal zu überlegen, wofür der Hamburger SV denn steht, stehen kann. Erfolg war, ist und wird es nicht sein!

Mit ein wenig Abstand wird das klar und es wird auch erträglich. Mich jedenfalls schreckt der Abstieg nicht und selbst die Gefahr, dass der HSV in der Versenkung verschwinden sollte, kann nicht wirklich schrecken. Dann hat man es eben nicht anders verdient.

(Quelle: http://heluecht.stupid-and-slow.de/abstand/)

Exakt das, was „He luecht“ hier beschrieben hat, denke ich auch und man muss bedenken, dass es den Arena-Blog schon wesentlich länger gibt und ich im Gegensatz zu „He luecht“ tatsächlich größtenteils jeden Tag einen Blog verfasst habe.

Dieser HSV ist nicht mehr mein Verein, jedenfalls nicht so, wie er sich entwickelt hat und wie er jetzt ist. Das hat nichts mit Ausgliederung, AG oder Kühne zu tun, das hat damit zu tun, dass dieser Verein jegliche Glaubwürdigkeit eingebüßt hat. Es dauert keine 2 Monate und der neue Vorstandsvorsitzende, der bis dato für solides Handeln und vernünftiges Wirtschaften gestanden hatte, schmeißt alles über Bord und verfährt genau so, wie es der Versager Beiersdorfer getan hätte. Dieser Verein ist eine Anhäufung von Lügner, Betrügern, Profiteuren und Neurotikern und ich hätte lieber einen HSV in der 2. oder sogar in der 3. Liga, dem ich wieder glauben könnte. Bei dem ich den Worten der Verantwortlichen folgen könnte, bei dem ich Hoffnung hätte, dass sich dieser Verein eigenen Werten verschrieben und sie nicht nur aufgeschrieben hätte. Da dies allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit ein frommer Wunsch bleiben wird, ist es vielleicht Zeit für ein wenig Abstand.