Gerade, weil das Thema im Zusammenhang mit den Begehrlichkeiten um Bobby Wood gerade die beherrschende Nachricht in Hamburg ist – was genau bedeutet das eigentlich? (ich bin übrigens sehr stolz auf den Münchhausen-Bindestrich):

Ich identifiziere mich mit dem Verein?

Was will uns Trainer oder Spieler eigentlich damit sagen? Zu Erinnerung: Der US-Amerikaner hatte vor einigen Tagen verkündet, dass er vor einem jeden Heimspiel hoch zur „Dauer-Uhr“ blicken würde, dort, wo die Sekunden runterticken. Er würde die Verantwortung spüren, dabei mithelfen zu müssen, dass diese Uhr auch in den nächsten Jahren noch ticken könne. Er würde sich natürlich in Hamburg extrem wohlfühlen, der HSV hätte die besten Fans der Welt, das geilste Stadion in der besten Stadt überhaupt, bla bla bla und natürlich: „Ich identifiziere mich mit dem HSV“.

einstein

Ach ja? Womit denn genau? Womit genau identifiziert man sich als Amerikaner, Serbe, Grieche, Albaner oder Japaner denn beim HSV? Oder anders gefragt: Was genau soll es denn sein, womit man sich identifizieren kann? Mit den roten Hosen oder dem Volkspark? Wohl kaum. Mit den Bengalo-Idioten auf der Nordtribüne? Glaub ich eher weniger. Aber Bobby Wood ist ja nicht der Erste und er wird nicht der Letzte sein, der diesen Spruch raushaut, offenbar jedoch ohne sich überhaupt darüber Gedanken gemacht zu haben, was er eigentlich bedeuten soll. Normalerweise würde ich denken, man kann sich mit etwas identifizieren, wofür der Verein steht. Für irgendwelche Ideen oder Werte, die der Klub verkörpert bzw. die sich der Klub auf die Fahne geschrieben hat. Aber dann sind wir unmittelbar bei der nächsten Frage: Für welche Werte soll der HSV denn bitte stehen? Für extreme Schuldenmacherei, Trainerwechsel im Halbjahres-Takt oder Abhängigkeit von einem launischen Investoren?

Nochmal? Womit identifizieren sich Mr. Wood und seine Kollegen? Richtig, sie wissen es überhaupt nicht, weil es eben doch nichts weiter als ein vom Berater eingehusteter PR-Text ist, den man medienwirksam runterbetet. Wobei man so ehrlich sein  und erkennen muss, dass dieses Identifizieren für so gut wie alle anderen Vereine genauso gilt. Womit identifiziert sich denn ein Bosnier, der für den 1. FC Köln spielt oder ein Ghanaer in Mainz? Bestenfalls findet eine Identifikation mit dem eigenen Bankkonto statt, denn in 98% der Fälle spielen die Spieler, die sich eben noch identifiziert haben, wenige Wochen später für einen anderen Verein und identifizieren sich dann notgedrungen mit dem neuen Arbeitgeber. Warum? Das wissen sie selbst nicht, aber das wollen die dümmlichen unter den Fans (und das sind nicht wenige) auch gar nicht wissen.

Ihnen reicht es, wenn ihnen der 372. Spieler in den letzten 14 Jahren den gleichen PR-Dreck vorsetzt, automatisch haben die meisten der Volkspark-Taliban einen braunen Fleck in der Hose. „Bobby Wood, bester Mann. Er ist einer von uns, er hat die Raute. Sofort verlängern und nach Karriere-Ende im Trainerstab binden“. Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Käse in den letzten 30 Jahren gelesen oder gehört habe, aber das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Vielleicht ist es auch einfach so, dass die Leute beschissen werden wollen.

Um es ganz deutlich zu sagen: Den Spielern mache ich überhaupt keinen Vorwurf. Diese Sprüche gehören so lange zum Geschäft dazu, wie sie von den Fans für bare Münze genommen werden. Übrigens von den gleichen Fans, die exakt den gleichen Spieler, den sie eben noch mit einem lebenslangen Vertrag versehen wollten, als Judas beschimpfen und zum Teufel wünschen, wenn er als Berufsfußballer ein besseres Angebot annimmt. Und das ist dann die Kehrseite der Medaille…