Wer diesen Blog bereits mehr als ein paar Wochen verfolgt, dem wird aufgefallen sein, dass ich mich tatsächlich über einen Abstieg des HSV aus der Bundesliga gefreut hätte. Nicht etwa, um den Fans irgendwelchen Schmerz zu gönnen und schon gar nicht, weil ich es irgendwie spaßig gefunden hätte, dass Mitarbeiter der Geschäftsstelle ihre Jobs verloren hätten, sicher nicht. Nein, mein Wunsch nach dem gerechten Abstieg hatte nur eine Motivation: Der HSV wäre endlich gezwungen gewesen, sich neu aufzustellen. Gezwungen, nach den allgemein gültigen Regeln zu arbeiten und gezwungen, zumindest Teile der HSVPLUS-Inhalte umzusetzen, die im Mai 2014 knapp 87% der Mitglieder als richtig erachtet hatten. Seither werden diese Inhalte und Ideale mit Füßen getreten, die Mitglieder und Fans werden zum Narren gehalten, damit sich einige Herren die Taschen vollstopfen können.

Angesichts der Tatsache, dass ich irgendwann einmal akzeptiert habe, dass ein Teil der Fans die ganzen Zusammenhänge ohne den großen Knall nie kapieren würden (die Jubelarie nach dem Klassenerhalt bestätigt dies), war und bin ich der Meinung, nur die grobe Kelle könnte noch helfen. Denn eines war doch klar, die Vorzeichen für das, was jetzt passieren wird, waren überdeutlich.

Bruchhagen über..finanzielle Hilfe von HSV-Investor Klaus-Michael Kühne: „Herr Kühne leistet Großartiges für den Verein. Aber man muss ihn auch nicht in jeder Angelegenheit zum Anwalt des HSV machen, der alle Probleme löst.“ (Mopo am 27.01.2017)

Am 30.01.2017, also exakt drei Tage nach dieser Aussage, wechselte der brasilianische Olympiasieger Walace für € 9,2 Mio. von Gremio Porto Alegre zum HSV. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste man, was die Aussage des „Sparministers“ (Um)-Bruchhagen wert sind oder anders ausgedrückt: Welchen Handlungsspielraum der neue Vorstandsvorsitzende genießt, nämlich gar keinen. Wenn Kühne/Struth wollen, dass ein Spieler kommt, dann kommt er. Basta. Wenn Kühne/Struth (und Gisdol) wollen, dass Papadopoulos gehalten wird, dann wird er gehalten. Basta. Außerdem kann man doch Primaten-Floskeln wie „Papa macht das schon“ oder „Lass das mal den Papa machen“ so wunderbar auf Kaffeebecher kleben.

Der Umstand, dass das ehemalige „Mentalitätsmonster“ Papadopoulos in der Endphase der Saison zu einem relativ zahnlosen und durchschnittlichen Innenverteidiger mutierte, muss den Herren irgendwie entgangen sein. Ebenso vergessen sie natürlich die Verletzungshistorie, denn man kann doch auch mit einer anderen Legende weiterhin arbeiten. „Das Umfeld verlangt Stars“  bzw. „das Umfeld würde es uns nie verzeihen, wenn wir Papa nicht kaufen würden“. Was für ein Bullshit, denn dieses „Umfeld“ existiert überhaupt nicht. Dieses „Umfeld“ ist eine lächerliche Erfindung und muss als Erklärung für jede noch so schwachsinnige Entscheidung herhalten.

Wir konnten ja nicht anders, das Umfeld hat uns gezwungen“. Ach, leck mich doch am Arsch.

Nun denn, die Klasse wurde gehalten (leider) und nun gehts an Heriberts Sparplan. Dachte man. Dabei waren die ersten Vorzeichen noch positiv, denn als Top-Verdiener Adler und Under-Performer Ostrzolek ihre jeweiligen Abgänge verkündeten, keimte für ca. 4 Stunden sowas wie Hoffnung auf. Diese Hoffnung wurde natürlich im Keim erstickt, als bekannt wurde, dass der Vertrag mit 5-Tore-Hoffnung Bobby Wood verlängert wird  und die Bezüge verdoppelt werden. Knapp € 3 Mio. soll der Ami, der eine Bundesliga-Saison auf dem Buckel hat, ab dem 1. Juli beziehen, was für ein Wahnsinn. Halt nein, kein Wahnsinn, sondern kaltes Kalkül. Denn wer ist Berater des Herrn Wood? Richtig, Kühne-Einflüsterer Struth und auch dieser verdient wieder einmal reichlich an dem Deal. Hinzu kommt, dass die kurzfristigen „Spar-Erfolge“ durch die Abgänge von Adler und Ostrzolek durch die Gehaltserhöhung für Wood wieder dahin sind. Das ist aber noch nicht alles, denn heute titelt die bestens informierte (Stichwort: Rucksack) BILD:

Zwei Tage war beim HSV nach der Rettung ausspannen angesagt. Jetzt geht es um alles: Kühne-Kohle, neue Stars – und wie der Klub mit dem angedachten Spar-Modell umgeht.

Möglich, dass Bruchhagen mit dem Aufsichtsrat über eine Aussetzung des Sparplans diskutieren wird.

Hahahahahahhahahahaha. Welche „Aussetzung“ von welchem „Sparplan“ denn bitte? Einen Sparplan hat es beim HSV ebensowenig gegeben wie eine Aussetzung. Den Spaßminister Bruchhagen hat es beim HSV nie gegeben, weil Kühne und Co. gar keinen Sparminister Bruchhagen zulassen werden. Hinzu kommt:

Gut für mögliche Transfer-Aktivitäten: Auch Gisdol hat einen engen Draht zu Kühne, könnte so vielleicht neue Investitionen anschieben.

Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, wie wenig Bruchhagen überhaupt zu melden hat. Zuerst musste er, gegen seinen Willen, den Vertrag mit einem Trainer, von dem er längst nicht so viel hält wie Herr Kühne, verlängern und nun fungiert eben dieser Trainer als Verbindungs-Offizier zum Investor. Mit anderen Worten – Bruchhagen ist weder Vorsitzender noch Sparminister, er ist Befehlsempfänger und das Wort des Trainers hat bei dem Mann, der am Ende entscheidet, mehr Gewicht als seines.

Wenn Bruchhagen Eier hat, wenn Bruchhagen den letzten Rest seiner Reputation, die er sich in Frankfurt aufgebaut hat, retten möchte, dann tritt er diese Woche von seinem Amt zurück. Er könnte dies mit gutem Gewissen tun, denn er geht in die Geschichte des HSV als der Vorstandsvorsitzende ein, der den Verein nach der furchtbaren Ära Beiersdorfer gerettet und in der Klasse gehalten hat. Wenn er nun erklären würde, dass der zukünftige (und ehemalige) Weg des HSV nicht sein Weg ist, könnte er erhobenen Hauptes durch die Vordertür gehen. Wenn nicht, muss er sich damit abfinden, als Erfüllungsgehilfe Kühnes und Lakai Gisdols gesehen zu werden.

Und am Ende kommt es genau so, wie ich es geschrieben/befürchtet hatte – es ändert sich überhaupt nichts.