Ein Gastblog von Kerberos

„Mögen die Spiele beginnen“

Und die Spiele begannen am 25. Mai 2014 tatsächlich mit Szenen ähnlich denen im „circus maximus“. Einer körperlich förmlich fühlbaren Anspannung der fast 10.000 HSV-Mitglieder zu Beginn der Mitgliederversammlung folgte mit der Bekanntgabe des Abstimmungs-Ergebnis zur Ausgliederung eine ihres Gleichen suchende Eruption der Emotionen. Gleichsam wie besoffen vor Freude tanzten und sangen „erwachsene Menschen“ im Volksparkstadion. Wildfremde lagen sich weinend in den Armen, wie nach einer gewonnenen Meisterschaft des HSV. Man sah Szenen, bei denen man sich in das Affenhaus von Hagenbeck nach der Verteilung einer Sonderportion Bananen versetzt glaubte.

Und dabei feierten diese HSV-Mitglieder mit offenbar doch schlichterem Gemüt lediglich eine Ausgliederung nach einem Konzept „HSV Plus“, das mehr einer Zangengeburt gleichkam und hinlänglich Grund zur Sorge bot. Die systemimmanenten Probleme des Konzepts „HSV Plus“ waren bereits im Vorfeld der Abstimmung bekannt geworden und die Antworten der Initiatoren auf die drängenden Fragen nach Lösungen erschöpften sich nahezu ausnahmslos auf die ach so griffige Floskel: wir werden es exzellent machen – man muss da auch einmal vertrauen können.

Selbstverständlich blieb die Ausgliederung nach dem Konzept „HSV Plus“, selbst mit allen Geburtsfehlern, dennoch eine Chance für den HSV und war keineswegs eine Todgeburt von Beginn an. Aber das „Baby“, diese HSV Fußball AG, war bei der Geburt eben nicht ohne fremde Hilfe lebensfähig und musste in den Brutkasten, weil ihr schlicht als Grundlage das Kapital von strategischen Partnern fehlte (im Gegensatz aktuell zum VfB Stuttgart, der mit geordneten Finanzen und den Daimler-Moneten sofort durchstarten kann). Musste aber dieser Umstand für die euphorisierte HSV-Gemeinde denn nicht ein Grund zur Sorge um ihren geliebten HSV sein?

Auf den ersten Blick vielleicht nicht unmittelbar. Denn stets hatten doch die Initiatoren von „HSV Plus“ versichert, der Wert des HSV sei mit € 300 Mio bis € 400 Mio zu veranschlagen und auf dieser Basis stünden auch potentielle strategische Partner bereits mit ihren Geldkoffern Schlange beim HSV. Und nicht zuletzt hatte ja auch der „Edel-Fan“ K-M Kühne mehrfach erklärt, dass er hinter seinem HSV stünde und die Initiative „HSV Plus“ unterstütze. Was konnte dem HSV da eigentlich schon passieren?

Tatsächlich wohl nichts – hätten die Initiatoren von „HSV Plus“ nicht gelogen, dass sich die Balken bogen. Denn jene, dem gutgläubigen HSV-Fan stets suggerierte, Annahme, dass mit dem Verkauf von 24,9% der Anteile an der HSV Fußball AG „ganz locker“ um die € 100 Mio. Eigenkapital eingeworben werden könnten, entbehrte leider jedweder Grundlage. Dies hätte man als HSV-Mitglied aber eigentlich auch selber erkennen können (ja, vielleicht sogar erkennen müssen), denn noch vor der Abstimmung zur Ausgliederung erwarb der Investor KKR einen 10%-Anteil an Hertha BSC für gerade einmal € 20 Mio. Hertha BSC, zu dieser Zeit noch durchaus vergleichbar mit dem HSV, war seinem Investor als Unternehmen also gerade einmal € 200 Mio. wert, wobei nicht Wenige hier sogar noch von einer sehr „sportlich positiven“ Bewertung ausgingen.

Ein weiterer Indikator für die Unglaubwürdigkeit der Gauklertruppe um „HSV Plus“ hätte aber mit Sicherheit der BVB Borussia Dortmund sein müssen. Die Börsenkapitalisierung (der Wert aller Anteile zum aktuellen Aktienkurs) des BVB betrug zum Ausgliederungszeitpunkt des HSV gerade einmal € 230 Mio. Dies war also der realistische Wert, den Investoren und BVB-Fans (als Kleinanleger) einem Bundesliga-Club als designierten deutschen Vizemeister beimaßen, der zudem nur sehr unglücklich im Viertelfinale der Champions-League an Real Madrid gescheitert war. Einem Fußball-Unternehmen mit ca. € 200 Mio Umsatz, einem Stadion im Wert von € 150 Mio (bereits um die Stadion-Finanzierung bereinigt) und einem Spieler-Kader von taxierten € 250 Mio. So sah H-J Watzke den BVB denn auch an der Börse als „absolut unterbewertet“ – nach seiner Auffassung sei der BVB konservativ geschätzt „schon so“ € 400 Mio wert.

Und nun einmal Hand aufs Herz, ihr unverbesserlichen rosaroten Hüpfer: welche Pillen musste man am 25. Mai 2014 in Hamburg genommen haben, um wirklich ernsthaft glauben zu können, dieser HSV sei wirtschaftlich besser als Borussia Dortmund aufgestellt und tatsächlich bis zu € 400 Mio wert gewesen? Dieser HSV, dem nur wenige Tage zuvor noch K-M Kühne mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft über € 10 Mio wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit die Bundesliga-Lizenz in letzter Minute „retten“ musste!

Nur der Vollständigkeit halber sei schlussendlich noch erwähnt, dass erwartungsgemäß bis heute kein einziger Geldkoffer der einst gepriesenen strategischen Partner jemals auch nur in die Nähe der „Sylvester Allee“ kam. Stattdessen hielten die Exzellenzen aus dem Rheinland und dem Frankenland hier Einzug und begannen mit einem närrischen Treiben, das wahrlich seines Gleichen noch bis heute sucht. Zwar ohne Papp-Nasen und Papier-Hütchen wie vielleicht die sinngebende Adresse und die Herkunft der Protagonisten vermuten hätte lassen können, dafür aber mit der ausgewiesenen Expertise herausragender Inkompetenz und dem unwiderstehlichen Drang zu Pleiten, Pech und Pannen.

Doch „Halt“! Hier soll es sich nicht zum wiederholten Male um das unsägliche Versagen der Exzellenzen drehen. Es geht um den „große Gönner“ aus Schindellegi. Den Fiskal-Emigranten, der nur zu gerne und leider auch viel zu oft auf seine hamburgische Herkunft hinweist – den Milliardär K-M Kühne.

„Die dunkle Macht aus Schindellegi“

Und dieser K-M Kühne wurde im Jahr 2010 vom damaligen Vorstands-Vorsitzenden B. Hoffmann für das Investorenmodell „Anstoß³“ zum HSV gekobert. Im Rahmen dieses Investorenmodells beteiligte sich K-M Kühne 2010 erstmalig mit € 12,5 Mio an Spieler-Transfers und erhielt im Gegenzug jeweils 33% der Transferrechte; bei Veräußerung der Spieler eben auch 33% der jeweiligen Transfer-Erlöse.

Dabei hätte das Investorenmodell „Anstoß³“ in dieser Konstellation, nur mit K-M Kühne als Investor, niemals an den Start gehen dürfen. Das Investorenmodell von B. Hoffmann setzte die Teilnahme von 3 Investoren voraus, die Jeder jeweils 33% der Transfer-Aufwendungen finanzieren sollten, so dass der HSV durch die Transfers selbst gar nicht belastet worden wäre. Außer K-M Kühne konnte jedoch kein weiterer Investor für „Anstoß³“ gewonnen werden, so dass mit dem Start des Investorenmodells der HSV nun selbst 66% des jeweiligen Transfer-Aufwands übernehmen musste. Dies war bereits damals grob verantwortungslos, denn eine solche finanzielle Belastung konnte der HSV zu keiner Zeit tragen und das finanzielle Desaster für den HSV war sehr leicht vorhersehbar.

Leider sorgte zudem bereits diese erste finanzielle Verbindung des HSV mit K-M Kühne für reichlich Verdruss mit anschließendem „großen Sommertheater“ und erforderte sogar einige gemeinsame Krisensitzungen zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten. Was war geschehen? Nun, K-M Kühne, der von einigen Transfers nicht überzeugt war, übte in der ihm eigenen Art seine Kritik an den Transfers (er sei skeptisch und die Transfers seien nicht überzeugend gewesen) bereits nach nur einem Punkt-Spiel nicht intern, sondern gleich mit großem Getöse öffentlich im Hamburger Abendblatt. Und dies war natürlich ein gefundenes Fressen sowohl für die Skeptiker des Investorenmodells von B. Hoffmann als auch für die Kritiker der Person K-M Kühne.

Wer nun jedoch glaubte, dass K-M Kühne und der HSV das Investorenmodell nicht weiter gemeinsam fortsetzen würden, sah sich vollends getäuscht. Beide, B. Hoffmann und K-M Kühne, konnten nicht voneinander lassen. Der HSV konnte dem Lockruf des Geldes nicht widerstehen und in K-M Kühne war der „Kämpfer“ und der „Sport-Manager“ von selbsternannten Gnaden erwacht. Geradezu bezeichnend für K-M Kühne ist, wie er selbst die Situation und seine eigene Position im August 2010 nach dem Friedensgipfel in einem Spiegel-Interview charakterisierte: er, K-M Kühne, sei hart im Nehmen und stünde daher für weitere Spielerverpflichtungen „Gewehr bei Fuß“. Und so wurde in den folgenden Jahren noch so einige Male zum „Anstoß³“ gepfiffen – sportlich und wirtschaftlich leider mit äußerst bescheidenen kurzfristigen Erfolgen, dafür aber mit einer desaströser Perspektive für den HSV. Tatsächlich bedeutete „Anstoß³“ für den HSV bereits den Abpfiff.

Wurde K-M Kühne seiner Zeit nach seinen Motiven für sein Engagement und zum Investorenmodell „Anstoß³“ gefragt, so reklamierte K-M Kühne für sich stets, dass er „nur helfen wollte und da unverschuldet in etwas hineingeraten sei“. Diese Aussage ist auch tatsächlich nicht gänzlich von der Hand zu weisen, denn es war zweifelsfrei B. Hoffmann, der nach Mallorca reiste und K-M Kühne für ein Mitwirken am Investorenmodell des HSV zu gewinnen suchte. Was K-M Kühne jedoch unerwähnt lässt ist der Umstand, dass er selbst seine „Rolle“ im Rahmen seines Engagements über die Jahre sukzessive umdefinierte.

Beteiligte K-M Kühne sich anfänglich lediglich passiv finanziell an den vom HSV vorgeschlagenen Transfers und beschränkte sich dabei auf (öffentliche) Kritik der Transfers im Nachgang, so begann er alsbald seine Meinung bereits zu den lediglich angedachten Transfers aus seiner sportlicher Sicht über öffentliche Medien zu kommentieren und suchte so die Transfer-Entscheidungen des HSV zu beeinflussen. Schlussendlich glaubte er gar öffentlich feststellen zu müssen, dass dem HSV ein Mittelfeld-Regisseur von internationaler Klasse wie ein van der Vaart fehlte. Und da der „kleine Engel“ auch seiner Frau so ausgesucht gut gefiel, setzte er dessen Transfer zum HSV mittels einer inszenierten öffentlichen Kampagne selbst gegen den energischen Widerstand des verantwortlichen Sport-Direktors F. Arnesen durch. Beim HSV hatten nun endgültig burleske Zustände wie in Hollywood ihren Einzug gehalten.

Natürlich kann man einwenden, dass K-M Kühne als „echter“ HSV-Fan durch den Verzicht auf die Rückzahlung fälliger Darlehen sowie durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft über € 10 Mio dem HSV die Lizenz für die Saison 2014/15 erst ermöglichte. Das ist soweit auch richtig. Aber der Umstand, dass der HSV überhaupt einen „Lizenz-Retter“ benötigte, lässt sich zweifelsfrei auf die unsägliche Transfer-Periode 2012/13 mit Investitionen von über € 27 Mio (dem gegenüber standen lediglich € 6,6 Mio Transfer-Erlöse) zurückführen. Und hier war es eben gerade der „van der Vaart-Transfer“ mit € 13 Mio (ohne Nebenkosten) und einem utopischen Gehalt von knapp € 4 Mio pro Saison, der den Finanz-Rahmen des HSV endgültig sprengte und fortan einfach dauerhaft überspannte. Der „Königstransfer“ des K-M Kühne eben, den dieser nicht nur selbst initiierte, sondern auf dessen Durchführung er auch gegen alle Widerstände im HSV bestand. Ohne diesen „van der Vaart-Transfer“ hätte es überhaupt keines „Lizenz-Retters“ K-M Kühne bedurft und weniger als schlussendlich das Erreichen der Relegation mit gerade einmal 27 Punkte wäre es mit Sicherheit auch ohne den „kleinen Engel“ nicht geworden.

Mit der Ausgliederung am 25.05.2014 hätte man seitens des HSV das Kapitel K-M Kühne auf Grund der schlechten Erfahrungen im Miteinander unbedingt schließen müssen. Die Möglichkeit dazu bestand, denn K-M Kühne und der HSV hatten ihre finanziellen Verflechtungen für den Start der HSV Fußball AG „übersichtlich“ umgestaltet. Alle bis dahin bestehenden Verbindlichkeiten (und sonstigen „Vereinbarungen“) hatte man in ein Darlehen über € 8 Mio zusammengefasst. Als Laufzeit für dieses Darlehen wurden 2 Jahre vereinbart, wobei K-M Kühne das Recht eingeräumt wurde, dieses Darlehen in Anteile der HSV Fußball AG umzuwandeln. Ein sauberer Schnitt war also bereits gezogen worden.


Im Anschluss an diesen Blog aus aktuellem Anlass noch eine Bemerkung von mir (G). Sollte sich bewahrheiten, was gestern via NDR 90.3 vermeldet wurde, bin ich endgültig durch mit dem Thema. Dann werde ich, in Anlehnung an einen US-Präsidenten, der morgens A sagt und abends B twittert, Herrn Bruchhagen nur noch Mr. President oder wahlweise Beiersdorfer 2.0 nennen. Eine einzige große Enttäuschung. Vielleicht erinnert sich der Eine oder Andere noch an die Geschichte mit dem älteren (und langsamen) van der Vaart, Kerberos hat es ausführlich dargestellt. Damals bezahlte Kühne nicht den Spieler, sondern er beteiligte sich am Transfer. Das Gehalt musste der Verein allein stemmen und damit begann der Niedergang. Holt man jetzt mit dem erneut geliehen Geld einen maladen Papadopoulos (weil Kühne es eben will), macht man exakt den Fehler erneut. Niemals wieder wird man für den Griechen € 10 Mio. oder mehr als Ablöse generieren können, das Geld ist weg. Genauso, wie es für Hunt, Olic, Ekdal, Müller, Lasogga, Holtby, Kostic, Mavraj, Walace, Santos, Schipplock, Behrami, Djourou, Ostrzolek etc. weg war und ist.

Und das ist eben nicht Kühnes Geld, welches weg ist, es ist das Geld des Vereins bzw. der AG.  

Es ist für mich so dermaßen frustrierend, dass sich Geldgier, Macht-Erhalt, Lüge, Betrug, Intrige, Lust an der Zerstörung und Job-Kleberei in diesem Verein immer wieder durchsetzen und dass es so viele Schwachköpfe gibt, die es einfach nicht sehen wollen, weil sie schlicht und ergreifend zu dämlich sind.