Ein Gastblog von Kerberos

Die Ausgangslage:

Der „Gesund eV“ hat 10 Mio. in der Kasse (sonst ist alles auf Null) – davon sind 5 Mio. Einlagen von Mitgliedern und 5 Mio. aus einem Kredit. Der Verein hat also ein Netto-Vermögen von 5 Mio. und eine Eigenkapitalquote von 50%.

Die „Krank AG“ hat 10 Mio. in der Kasse (sonst ist alles auf Null) – die Einlagen der Gesellschafter wurden bereits verbraucht und 10 Mio. sind aus einem Darlehen von einem Gönner. Das Unternehmen hat also kein Netto-Vermögen und eine Eigenkapitalquote von 0%.

Der Spielerkauf:

Die AG und der eV kaufen jeder einen identischen Spieler und zahlen aus Kasse eine Transfersumme von 10 Mio.; der Spieler erhält dabei ein Jahresgehalt von 1 Mio. Dann stellt sich die Situation für beide unmittelbar nach dem Kauf wie folgt dar:

Der „Gesund eV“ hat kein Geld mehr in der Kasse, aber nun einen Spieler als immaterielles Sachvermögen im Wert von 10 Mio. Dabei hat der Verein noch immer 5 Mio. Kreditverpflichtung. Der Verein hat also nach dem Spielerkauf immer noch ein Netto-Vermögen von 5 Mio. (bei 10 Mio. Brutto-Vermögen) und eine Eigenkapitalquote von 50%.

Die „Krank AG“ hat auch kein Geld mehr in der Kasse, aber nun ebenfalls einen Spieler als immaterielles Sachvermögen im Wert von 10 Mio. Dabei hat das Unternehmen immer noch 10 Mio. Darlehensverpflichtungen gegenüber seinem Gönner. Das Unternehmen hat also weiterhin kein Netto-Vermögen (bei 10 Mio. Brutto-Vermögen) und eine Eigenkapitalquote von 0%.

Die Investition einer Spielerverpflichtung als solche ist also sowohl für den Gesund eV wie auch die Krank AG unproblematisch. Denn hier erfolgt lediglich eine Vermögensverschiebung – ein gleichwertiger Austausch von Geldvermögen gegen immaterielles Sachvermögen.

Der Spielerverkauf:

AG und eV verkaufen den Spieler nach einem Jahr wieder und erhalten einen Transfererlös von lediglich 8 Mio.; daneben haben beide 1 Mio. Gehalt an den Spieler gezahlt. Dann stellt sich die Situation nach dem Verkauf wie folgt dar:

Der „Gesund eV“ hat nun nur noch 7 Mio. in der Kasse (8 Mio. Verkauf abzüglich 1 Mio. Gehalt). Der Verein hat immer noch 5 Mio. Kreditverpflichtung und somit nur noch 2 Mio. „eigenes“ Geld. Der Verein hat also nur noch ein Netto-Vermögen von 2 Mio. (bei  7 Mio. Brutto-Vermögen) und eine Eigenkapitalquote von 28,6%.

Der „Krank AG“ hat nun 7 Mio. in der Kasse (8 Mio. Verkauf abzüglich 1 Mio. Gehalt). Das Unternehmen hat immer noch 10 Mio. Darlehensverpflichtungen und somit einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 3 Mio. (umgangssprachlich auch oftmals als negatives Eigenkapital bezeichnet). Eine Eigenkapitalquote kann nicht mehr ausgewiesen werden, da das Unternehmen überschuldet ist (obgleich die AG noch ein Brutto-Vermögen von 7 Mio. ausweist).

Anmerkung zu Abschreibungen:

War der Spieler mit einem 5-Jahresvertrag verpflichtet worden, so verliert dieser Spieler jährlich 20% an Wert. Dieser Wertverlust wird durch die Abschreibung wiedergegeben. Die Auswirkungen und Konsequenzen aus der Abschreibung für diesen Spieler entsprechen hier dem Beispiel des Spieler-Verkaufs; daher kann die Beispielrechnung auch für Spieler Anwendung finden, die nicht verkauft werden.

Die Konsequenz:

Der „Gesund eV“ hat hier mit einem Transfer-Minus von 2 Mio. (zuzüglich eines Jahresgehalts von 1 Mio. als Folgekosten der Investition) ein schlechtes Geschäft gemacht. Das mag ärgerlich sein. Wirtschaftlich ist der Verein mit einer Eigenkapitalquote von 28,6% aber gerade noch „gesund“ (die durchschnittliche Eigenkapitalquote aller Bundesligisten liegt aktuell bei knapp 35%).

Die „Krank AG“ ist durch das Transfer-Minus von 2 Mio. (zuzüglich eines Jahresgehalts von 1 Mio. als Folgekosten der Investition) nun überschuldet. Die AG ist „pleite“ und muss eine Kapitalerhöhung durchführen. Dabei muss die „Krank AG“ hier junge Aktien im Wert von mindestens 3 Mio. veräußern, um den nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag auszugleichen (also die Überschuldung von 3 Mio. zu beseitigen). Jedoch hat die AG auch nach dieser Kapitalerhöhung von 3 Mio. immer noch kein Netto-Vermögen und eine Eigenkapitalquote von 0% – die AG ist nur „gerade eben“ nicht mehr überschuldet.

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Der HSV-Bezug:

Unschwer ist zu erkennen, dass die Situation des HSV der Situation der „Krank AG“ im vorstehenden Beispiel sehr nahe kommt.

Der HSV kann aktuell noch eine bereits genehmigte Kapitalerhöhung mit ca. 270.000 jungen Aktien durchführen. Werden hier Käufer auch zukünftig bereit sein, € 65,- je Aktie zu zahlen, so ergibt sich noch ein Gesamtvolumen von ca. € 17.5 Mio. Dann ist nach der aktuellen Beschlusslage das Ende der Fahnenstange für die AG mit 24,9% veräußerter Anteile erreicht.

Dies jedoch (leider) auch nur unter der Annahme, dass sich auch ein Käufer für € 65 je Aktie finden lässt und der Käufer sich überdies mit dem Rest der Aktien aus der bereits genehmigten Kapitalerhöhung begnügt. Findet sich hingegen lediglich noch ein Käufer bei € 20,- je Aktie, so erzwingt bereits ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 5,5 Mio. einen weiteren Anteilsverkauf der AG über die 24,9% hinaus. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn der Käufer auf den Erwerb einer Mindestanzahl von Aktien über 270.000 Stück besteht. Eine prekäre Lage, in der sich die HSV AG befindet.

Der HSV wird dann zwangsläufig eine Mitgliederversammlung einberufen müssen, die einem Anteilsverkauf der AG auch über 24,9% zustimmen muss. Eine Versagung der Zustimmung wäre gleichbedeutend mit einer Insolvenz der HSV AG wegen Überschuldung.

Besonders unangenehm ist dabei der Umstand, dass also künftig der Käufer auch den Preis der jungen Aktien sowie alle sonstigen Bedingungen nach seinem „Gutdünken“ wird bestimmen können. Denn es ist doch realistisch nicht davon auszugehen, dass sich mehrere Interessenten beim Erwerb von jungen Aktien der HSV AG gegenseitig hoch- oder überbieten werden. Den Zuschlag wird also ein Investor erhalten, der überhaupt noch zu einem Aktienerwerb, ganz gleich zu welchem Preis je Aktie und zu welchen sonstigen Bedingungen, bereit sein wird.

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Gezielte Investitionen führen zu höheren Einnahmen? Eine plakative Phrase die einfach an Dümmlichkeit so kaum zu überbieten ist. Zum einen sind Einnahmen keineswegs Erlöse/Erträge und zum anderen verursachen Investitionen in der Regel auch einen Aufwand. Die Frage ist bei einer Investition grundsätzlich also, ob die durch sie generierten Erträge größer sein werden, als der durch die Investition verursachte Aufwand („Folgekosten“).

Die nächste wichtige Frage ist das „Wann“. Entscheidend ist bei einer Investition der Zeitpunkt, ab welchem die Erträge größer werden als der zu tätigenden Aufwand – denn bis zu diesem Zeitpunkt muss das Unternehmen in der Lage sein, die sich aus der Differenz von Aufwand und Ertrag ergebende Unterdeckung zu finanzieren.

Selbst also unter der fiktiven Annahme, dass die künftigen Transfers des HSV ausnahmslos „Volltreffer“ sein werden und in 3 Jahren die Investitionen von heute zu deutlich höheren Erlösen aus europäischen Wettbewerben führen würden, so fehlen dem HSV heute und morgen schlicht die finanziellen Mittel, die nächsten Jahre mit den hohen laufenden Folgekosten und Abschreibungen der Investitionen zu überleben.

Fazit zum HSV:

Kühnes Darlehen sind für die HSV Fußball AG lediglich „aktive Sterbehilfe“, wobei er sich wieder und wieder kurz vor dem Exitus als der „rettende Gönner“ inszeniert. Kühnes verhalten erinnert tatsächlich stark an das „Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom“. Warum lässt die HSV AG es nicht darauf ankommen, beendet dieses nicht enden wollende Siechtum und bietet diesem unerträglichen Despoten, dem die Sprache der Vernunft und des kaufmännischen Anstands fremd zu sein scheint, nicht endlich die Stirn?

Warum lässt sich der HSV immer wieder von dem „alten Mann“ ein paar Brotkrumen hinwerfen und von den Forderungen des „Fiskal-Emigranten“ medial unter Zugzwang setzen? Der HSV muss endlich ein Sanierungskonzept zur Wiedererlangung seiner wirtschaftlichen Souveränität erarbeiten, dieses öffentlich verständlich kommunizieren und dem „Eidgenossen“ zur Entscheidung vorlegen. Und hier darf vom HSV nur noch ein eindeutiges „Ja oder Nein“ von K-M Kühne akzeptiert werden. Bei einem „Ja“ wird kompromisslos und stringent nach dem HSV-Sanierungskonzept mit K-M Kühne saniert und bei einem „Nein“ wird ohne K-M Kühne mit dem Insolvenzverwalter saniert. Fertig. Irgendwann muss man doch mal beim HSV einen Arsch in der Hose haben und sich gerademachen!