Ein sportlicher Absturz in die Zweite Liga würde für den HSV auch einen beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Experten rechnen nach einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ (kostenpflichtiger Inhalt) für das „Worst-Case-Szenario“ mit sofortigen Einbußen etwa bei Fernsehgeldern, Marketing und Spieltagseinnahmen von rund 40 Prozent. (Quelle: https://www.shz.de/sport/fussball/hsv/neues-vom-hsv-so-teuer-waere-der-abstieg-id16850321.html)

Mike Ahlert (35) vom Lokal „Picknick“ am Stadion: „Abstieg? An Spieltagen würden nur halb so viele Gäste kommen. Wir merken die miese Stimmung jetzt schon in der Kasse.“

Wolfgang Raike (Tourismusverband) befürchtet einen Image- Schaden der Stadt bei einem Abstieg

Stephan Schopf (24) ist Junior- Chef vom „Stadion-Eck“: „Wir wollen uns das gar nicht vorstellen. Wenn Vereine wie Dortmund oder Bayern fernbleiben, ist der Laden leer.“

Und? Fällt was auf? Mir schon, denn mir fällt auf, dass es den Meisten gar nicht um den Verein, sondern um sich selbst geht. Der Eine verkauft weniger Fritten, der Andere weniger Hotelbetten. Ach Herrjeh, der HSV darf niemals absteigen. Doch, hätte er und es wäre sogar gut gewesen. Immer vorausgesetzt natürlich, dass man dann nicht mehr diese Verwaltungsbeamten wie Bruchlandung oder Tod, Verbrennungs-Künstler wie Beiersdorfer, Intriganten wie Hilke oder Märchenonkel wie Wettstein an Bord gehabt hätte, sondern Funktionäre mit Verantwortungsbewußtsein, Visionen, Ideen und Mut. Zum Beispiel den Mut, einem Kühne auch mal zu sagen: „Lieber Herr Kühne, lieber Herr Struth, bis hierhin und nicht weiter“!

Das alles hat man in Hamburg natürlich nicht, aber man hätte es haben können. Und anstatt die dunkelsten Wolken des Niedergangs zu malen, hätte man einen Abstieg als Chance für einen Neuaufbau erkennen können, wie man es macht, machen die Schwaben aus Stuttgart nun vor.

Der 68-jährige frühere Sportmarketing-Unternehmer hat im Interview mit der „Sport Bild“ seinen ambitionierten Fünf-Jahres-Plan erläutert und über die reinigende Wirkung des Abstieges gesprochen.„Damit wurde auf jeden Fall ein grundsätzliches Umdenken in Gang gesetzt“, empfindet Dietrich den Gang in die Zweitklassigkeit, den er als Resultat eines längerfristigen Niederganges und nicht als Betriebsunfall charakterisiert. „Natürlich will keiner absteigen, aber so waren endlich alle bereit, wirklich etwas zu ändern. Ich kann nur bestätigen, auch wenn es finanziell ein Kraftakt ist, dass der Abstieg einiges bewirkt hat.“ Dieser „große Knall“ sei aber substantiell für einen erfolgreichen Neustart.

Man möchte schreien, wenn man dies liest, wenn man es nicht selbst die letzten 3 Jahre geschrieben hätte. Aber jedesmal wurden Leute wie ich nur wieder mit den abgedroschenen Phrasen des „ein Abstieg wäre noch teurer und würde den Niedergang bedeuten“ gekontert, immer von Menschen, die dabei mehr den eigenen Vorteil als die Wirkung „ihres“ Vereins im Auge hatten. Gastronomen, Budenbesitzer und Journalisten!

 In den kommenden fünf Jahren möchte der Stuttgarter Präsident den Klub aber wieder ins „obere Drittel der Tabelle“ führen. Sein Traum sei es sogar, dass „bestenfalls nur zwei Vereine größer sind als wir“. Einer davon, Borussia Dortmund, sei mit der Geschichte ab 2008, die mit der Verpflichtung von Trainer Jürgen Klopp begann, ein Vorbild. Wie der VfB das erreichen möchte? U.a. mit der Verbesserung der Jugendarbeit. In den vergangenen Jahren verlor der fünfmalige Meister immer wieder Top-Spieler aus der eigenen Jugend wie Joshua Kimmich (22), Timo Werner (21) oder Bernd Leno (25). Auch Sead Kolasinac (24) oder Serge Gnabry (21) spielten in der Akademie der Stuttgarter.

Aaaaarrrrgggghhhh. Das Schlimme daran ist eigentlich, dass der HSV dies alles in der eigenen Hand hatte, sogar ohne den Umweg über einen Abstieg in den 2. Liga in Kauf nehmen zu müssen, die Voraussetzungen waren also ungleich besser als in Süddeutschland. Nicht aber mit den Didis, den Gernandts, den Hilkes und den Kühnes, oh nein. Immer und immer wieder habe ich diesen Weg beschrieben….

Teil des Fünf-Jahres-Plans sei es deshalb auch, „wieder der Verein“ zu sein, „der im Nachwuchs-Leistungsbereich die Top-Adresse in Deutschland ist“. Finanziell sei der Klub für den Weg jedenfalls gewappnet: „Wir müssen zum ersten Mal keine Spieler verkaufen, um planen zu können. […] Als ich angetreten bin, mussten wir immer vier Pläne für eine Saison machen, für alle Eventualitäten. Nun haben wir für die nächsten vier Jahre einen Plan.“

Auch hier, der HSV 2014 sogar in einer besseren Position. Während die Schwaben nach der Ausgliederung gerade 11,75% der Anteile der neu-gegründeten AG für € 41,5 Mio. an Daimler verkauften, investierte der HSV in der ersten Saison nach der Ausgliederung € 35,8 und in der zweiten Saison 21,85 Mio. in Spieler wie Lasogga, Holtby, Behrami, Hunt, Hunt, Ekdal, Olic, Cleber etc.

Der beinhaltet nicht nur die Ausbildung von jungen Top-Spielern, sondern auch die Verpflichtung großer Talente. 19, 19, 20 und 22 Jahre sind Orel Mangala, Dzenis Burnic, Anastasios Donis undChadrac Akolo jung – auch wenn das Alter für Donis selbst keine Rolle spielt. „Es kommt nicht auf das Alter an, sondern das Talent“, sagte der Grieche am Dienstag im Trainingslager in Grassau. „Und wir haben sehr viele hochtalentierte Spieler.“ Trotzdem ist die Strategie auffällig: Schon vom Aufstiegskader sind zwölf Spieler maximal 23 Jahre alt, das Durchschnittsalter beträgt 23,9 Jahre – nur RB Leipzig ist mit 23,3 Jahren jünger. Für einen großen Schub an Erfahrung im ansonsten jungen Team sorgt nun immerhin Torwart-Neuzugang Ron-Robert Zieler (28). (Quelle: https://www.transfermarkt.de/vfb-chef-abstieg-hat-einiges-bewirkt–ambitionierter-5-jahres-plan/view/news/281242)

All das hätte man in Hamburg auch haben können. Junge, spannende Spieler mit Wertsteigerungs-Potenzial, mit Spaß an der Karriere. Was hat man dagegen bekommen? Die anhand der Spieler langweiligste Truppe der gesamten Liga, angefüllt mit komplett überbezahlten Altlasten, die niemand mehr geschenkt haben möchte. Ein beschissenes Image und einen Campus, in dem die Regionalliga-Spieler von Morgen ausgebildet werden.

Viel Glück, VfB.