Kommen wir zurück zum Sportlichen, wenn es andere schon nicht machen. Natürlich, wir schreiben den 15. Juli und der Transfermarkt in Deutschland ist noch bis zum 31.08. (18.00 Uhr geöffnet), aber dennoch… Erlauben wir uns zu diesem Zeitpunkt einen Blick auf den Kader des Hamburger Sportvereins, der laut Aussagen der Verantwortlichen zu mehr als 3/4 „des Weges“ steht. Wie das letzte 1/4 des Weges aussehen wird, kann man sich mit ein wenig Phantasie ausmalen, denn eines steht bereits Mitte Juli fest: Der Kader ist aktuell viel zu groß. Ein Verein, der nicht im Ansatz international spielt, braucht keine 32 Spieler und die hat man zur Zeit unter Vertrag. Nun wird versucht, zuvor ausgeliehene Akteure wie Gouaida und Altintas erneut zu verleihen (was keinen Cent in den Kassen spülen wird, im Gegenteil) und man versucht verzweifelt, Spieler wie Bahoui, Lasogga, Hunt, Holtby etc. zu verkaufen, was mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gelingen wird (warum ein Dennis Diekmeier auf keiner dieser Listen auftaucht, wird mir immer ein Rätsel bleiben).

Am Ende wird es darauf hinauslaufen, dass man Gouaida und Altintas (vielleicht auch Bahoui) verleihen wird (und dabei Teile der Gehälter bezahlen muss) und dass man auf Großverdienern wie Lasogga und Holtby sitzenbleibt. Eventuell bekommt man Aaron Hunt von der Payroll, aber einen Transfererlös kann man sich abschminken. Betrachtet man die bisherige Ausbeute (Verkauf von Gregoritsch für lächerliche € 5 Mio.), ist auch die bisherige Transferphase ein einziges, gewohntes Desaster oder anders ausgedrückt: Man hat knapp € 20 Mio. ausgegeben, ohne sich signifikant zu verstärken. Im Detail:

Tor:

Mit Christian Mathenia hat man sich den designierten Nachfolger von Rene Adler bereits im letzten Jahr geleistet, der Kauf von U21-Europameister Pollersbeck für € 4 Mio. (die man nicht hatte und sich entsprechend leihen musste), wird als Investition in die Zukunft verkauft. Richtig so, aber dann müsste der 22-jährige Pollersbeck (wird im August 23) auch spielen und das wird er laut der dämlichen Aussagen des Sportchefs offenbar vorerst nicht. („Es ist ein offenes Duell. Pollersbeck hat eine tolle Saison gespielt, aber Mathenia war unser Rückhalt und hat einen leichten Vorsprung. Er hat von uns die Nummer eins erhalten, weil er allein durch seine Bundesliga-Erfahrung einen Schritt voraus ist“). Natürlich kann man sich dir Frage stellen, was dieses dumme Gelaber soll, aber wir reden über den HSV. Betrachtet man also den Status Quo, so spielt Mathenia (25), während der Millionen-Einkauf Pollersbeck auf der Bank sitzt, Erfahrungen sammelt und seinen Marktwert senkt. Vorausgesetzt, Mathenia baut keinen all zu großen Mist, wird es auch dabei bleiben.

Fazit: Mathenia spielt, Pollersbeck guckt zu, Adler ist weg. Keine Verbesserung des Kaders.

Abwehr:

Mit Johan Djourou und Matthias Ostrzolek verliert der HSV, natürlich ablösefrei, zwei Bundesliga-erfahrene Akteure, mit Ashton Götz einen Back up für die rechte Seite. Gekommen ist Bjarne Thoelke vom Zweitliga-Absteiger aus Karlsruhe, Papadopoulos war bereit in der letzten Saison Teil der zweitschlechtesten Abwehr der Liga (61 Gegentore, nur Absteiger Darmstadt war mit 63 Gegentreffern schlechter). Bedenkt man die Verletzungsanfälligkeit des Griechen, bedenkt man, dass man auf der linken Seiten (bisher) keinen Back up für Douglas Santos hat, muss einem Angst und Bange werden. Eine Abwehr mit Diekmeier, Thoelke, Mavraj und Sakai – um Gottes Willen.

Fazit: Stand gegenüber der Vorsaison wurde deutlich verschlechtert, weil man (bisher) keine personellen Alternativen hat. Fällt Papadopoulos aus, und dazu wird es kommen, wenn man die Saison-Vorbereitung sieht, bricht fast alles zusammen.

Mittelfeld:

Betrachtet man Gregoritsch (Abgang) und Hahn (Zugang) als Stürmer, so hat sich in diesem Mannschaftsteil bisher überhaupt nichts getan. Warum auch, das Mittelfeld beim HSV spielt unter Gisdol doch eh keine Rolle, nimmt man einmal die Fähigkeit zum Gegenpressing aus. Im offensiven Spiel wird das Hamburger Mittelfeld grundsätzlich von den Innenverteidigern oder einem 6er gnadenlos überspielt (langer Ball ins letzte Feld-Drittel), Kreativität wie beispielsweise von einem Halilovic ist in diesem System vollkommen überflüssig. Insofern wird vorn (hinter den Spitzen) Lewis Harry Holtby weiter propellern und hinten versuchen Walace, Jung, Ekdal oder Janjicic abzuräumen, bevor zuviel auf die brüchige Abwehr zurollt.

Fazit: Keine Verbesserung, aber auch keine Verschlechterung gegenüber der Vorsaison, Folterfußball ist garantiert.

Sturm:

Gegangen wurde mit Michael Gregoritsch eine Waffe (Kopfball und Standards), geholt wurde für € 6 Mio. ein Schipplock 2.0. Andre Hahn ist ein toller Anläufer, er ist schnell und er hat Mentalität. Punkt. Er ist weder ein guter Kopfballspieler, noch ein guter Vorbereiter, er hatte bisher eine richtig gute Saison (2013/14 in Augsburg mit 12 Toren und 8 Vorbereitungen), seither stagniert er. Gregoritsch ist im April 23 geworden, war in der letzten Saison mit 5 Toren und 3 Vorbereitungen besser als Bobby Wood, obwohl er deutlich weniger gespielt hat. Er war übrigens auch besser als Andre Hahn (im August 27) der in 1.599 Minuten auf dem Feld auf 3 Tore und eine Vorlage kam. Gregoritsch spielte nur 1.302 Minuten.

Fazit: Man spielt im Grunde mit der gleichen Truppe (Kostic, Wood, Müller), hat aber statt Gregoritsch als Kopfball-Waffe zwei nahezu deckungsgleiche Anlauf-Back up’s (Schipplock, Hahn) im Kader. Ändert Gisdol die Taktik und spielt mit Doppelspitze (Wood, Hahn), müsste er zwangsläufig einen 6er opfern, was bei der Qualität der Abwehr einem Selbstmord gleichkäme. Hinzu kommt: Man hat nach dem Abgang von Gregoritsch keinen kopfballstarken Stürmer mehr im Team (Hahn/185 cm, Wood/180 cm, Kostic/184 cm, Müller/173 cm) und sollte sich auch noch Aaron Hunt verabschieden, hätte man auch keinen passablen Standardschützen mehr zur Verfügung.

Gesamt-Fazit:

Der HSV schafft etwas, was man eigentlich nicht schaffen kann, denn er leiht sich Geld, kauft für knapp € 17 Mio. neue Spieler (die Vertragsverlängerung von Wood nicht eingerechnet), verkauft einen jungen Spieler mit Potenzial und kauft einen 4 Jahre älteren Spieler, der sich auf dem Weg nach unten befindet. Dann kauft man den wohl verletzungsanfälligsten Spieler der Liga, den seine beiden letzten Vereine (Leverkusen und Leipzig) nicht haben wollten, obwohl zumindest Bayer noch Innenverteidiger braucht. Hinzu kommt, dass man es trotz der Abgänge von Adler, Djourou und Ostrzolek  nicht geschafft hat, den komplett überzogenen Gehaltsetat zu senken, was im Anschluss an die kommende Saison zur nächsten Lizenz-Katastrophe führen wird. Weiterer Aspekt: Die Mannschaften, die sich in der letzten Saison von der eigentümlichen „Taktik“ des HSV verwirren ließen, werden aus ihren Fehlern gelernt haben und nicht erneut ins offene Messer laufen. 

Stand heute (15.07.2017) muss man leider sagen: Die Vereins- wie die sportliche Führung hat komplett versagt und bedenkt man, dass die Aufsteiger Stuttgart und Hannover stärker sein werden als die Absteiger Darmstadt und Ingolstadt, ist der HSV Stand heute Kandidat Nr. 1 auf den Abstieg.

Mal zum Vergleich, was so anderen Vereinen bisher eingefallen ist

Hannover 96:

Julian Korb (25)

Stuttgart:

Chadrac Akolo (22)

Anastasios Donis (20)

Orel Mangala (19)

Dzenis Burnic (19)/Leihe

FC Augsburg:

Michael Gregoritsch (23)

Rani Khedira (23)

Sergio Cordova (19)

SC Freiburg:

Pascal Stenzel (21)

Florian Niederlechner (26)

Philipp Lienhart (21)/Leihe

Bartocz Kapustka (21)/Leihe

Ich wünsche frohes Hüpfen!